Frühlingsgefühle X3 (Mit Senta durch die Jahreszeiten)
wirklich nur selten, hatte er schmunzelnd betont, wurde da mehr verlangt.
Zwischenzeitlich hatte sich Gabriel mit seinem Vater ausgesöhnt. Er führte jetzt die Firmenfiliale in Wiesbaden, war aber noch nicht dazu gekommen, sich eine eigene Wohnung zu suchen. Deshalb die Geheimniskrämerei mit seiner Adresse. Senta glaubte ihm. Was hätte er schließlich davon, sie anzulügen? Bei ihr war nichts zu holen, das war ihm sicher bewusst.
Dass er siebenunddreißig Jahre alt war, wollte sie ihm zuerst nicht glauben. Er sah so viel jünger aus mit seinem etwas zerzausten Lockenkopf und den blauen Augen, die ihm das Aussehen eines Lausbuben gaben.
Im Wagen war es warm, und leise Musik rieselte aus den Lautsprechern. Senta kuschelte sich tiefer in den Sitz, achtete aber darauf, Gabriels Hand nicht loszulassen. Sie wollte jetzt einfach nicht darüber nachdenken, wie das mit ihnen weiterging, sie wollte einfach den Moment genießen. Die Probleme kamen sicher noch früh genug.
Draußen hatte sich ein regelrechtes Schneetreiben entwickelt, man konnte kaum die Lichter des Schneepflugs ausmachen, der im Schneckentempo vor ihnen herfuhr. Allmählich fragte sich Senta, wie in aller Welt Gabriel bei diesem Wetter zurück nach Frankfurt kommen sollte.
Es dauerte fast eine halbe Stunde, bis sie den Ortseingang erreichten. Normalerweise fuhr man die Strecke in nicht mal zehn Minuten.
An der Einfahrt zu Sentas Nebenstraße wurde schnell klar, dass sie es gar nicht erst zu versuchen brauchten. Der Schnee lag einfach zu hoch, hier kam kein PKW durch, ohne stecken zu bleiben. Betreten sahen sie sich an. Was nun?
Gabriel hielt unter einer Straßenlaterne. Er machte ein ratloses Gesicht. So wie es aussah, fragte er sich bereits ernsthaft, wie er dieses Disaster heil überstehen sollte.
»Es tut mir leid. So wie ich das sehe, muss ich dich die letzten paar Meter zu Fuß begleiten.« Er lachte freudlos.
»Halt!« Senta hielt ihn am Arm fest, als er sich anschickte, aus dem Wagen zu steigen. »Ich werde auf keinen Fall zulassen, dass du bei diesem Scheißwetter dein Leben aufs Spiel setzt. Du kommst jetzt mit!«, erklärte sie resolut dem staunenden Gabriel.
»Es wird sich schon ein Plätzchen finden, wo wir dich unterbringen können. Du weißt doch, wo ein Weihnachtsbaum Platz hat, kann sicher auch ein Mann liegen!«
Sie zwinkerte ihm zu. Bestimmt konnte er sich noch an diese bedeutsame Begebenheit erinnern.
Gabriel überlegte nicht lange. Ihm war klar, dass der Vorschlag nur vernünftig war. Ganz am Rande freute er sich über die Chance, die ihm das Schicksal hier bot. So konnte er noch etwas Zeit mit der Frau verbringen, die, ohne es zu wissen, sein Leben in wenigen Stunden umgekrempelt hatte.
Drei sind einer zu viel!
D
er Weg zu ihrem Haus stellte Senta vor ungeahnte Probleme. Auf ihren dünnen Ledersohlen schlitterte sie ungebremst von einer Schneewehe in die nächste. Schließlich konnte sich Gabriel das Trauerspiel nicht länger mit ansehen. Obwohl sie beteuerte, es alleine zu schaffen, legte er ihr den Arm um die Taille und lotste sie so einigermaßen sicher bis zur Haustür.
Mit klammen Fingern suchte Senta den Schlüssel, steckte ihn ins Schloss und sah sich im nächsten Augenblick Lilly gegenüber.
»Endlich Mami. Ich habe mir schon Sorgen gemacht!« Lilly stürmte auf sie zu und hing bald darauf an ihrem Hals. »Als ich das letzte Mal mit Tico draußen war, habe ich mich gefragt, wie du es bei diesem Scheißwetter schaffen willst, nach Hause zu kommen. Das hört ja gar nicht mehr auf, zu schneien!«
Lilly stockte. Jetzt erst bemerkte sie, dass ihre Mutter nicht alleine war.
»Ach so!« Senta trat zur Seite und gab die Sicht auf ihren Begleiter frei.
»Du kennst ja Herrn Scharf. Aus genau den Gründen, die du eben angeführt hast, wird er heute Nacht unser Gast sein.«
Mit einem zaghaften »Hallo«, reichte Lilly Gabriel die Hand.
»Begeisterung sieht irgendwie anders aus«, konstatierte Gabriel belustigt.
Sentas Blick wanderte unwillkürlich Richtung Gästezimmer. Hoffentlich ließ Ina ihr Zeit bis zum Frühstück, bis sie sich ins Geschehen einklinkte. Wenn das nur gut ging! Lilly war der besorgte Blick ihrer Mutter nicht verborgen geblieben. »Tante Ina ist nicht mehr da. Kurz, nachdem du weg warst, bekam sie einen Anruf und Schwupps war sie verschwunden.«
»Hat sie denn gar nichts gesagt?«
Lilly schüttelte den Kopf. »Nö!«
Das sah Ina wieder einmal ähnlich, erst machte sie einen Riesenaufstand und dann
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