Frühstück im Bett
»Worum geht’s?«
»Zum Beispiel um Sue Covner«, erklärte Leeann und schüttete die Windbeutel in die Schüssel, die Heidi ihr hinhielt. Sue, mit dem Besitzer der chemischen Reinigung gegenüber vom Yesterday’s Treasures verheiratet, war eine berüchtigte Klatschbase.
»Sagt nichts, bis ich die Drinks gemixt habe!«, befahl Merylinn und flitzte in die Küche.
Die Gorgonien waren es gewöhnt, Hand in Hand zu arbeiten. Und so dauerte es nicht lange, bis sie alle mit Gläsern in den Händen dasaßen und den französischen Couchtisch näher rückten, auf dem die Schüssel mit den Windbeuteln stand – von Bonbons ergänzt, die Heidi aus ihrer Handtasche genommen hatte.
»Macht euch über mich lustig, wenn ihr’s wollt«, begann Amy. »Aber das ist ein ernstes Problem, und deshalb fangen wir mit einem Gebet an.« Sie ergriff Winnies und Leeanns Hände. »Lieber Gott, hier sind wir im Geist der Freundschaft vereint, um Winnie und Ryan in dieser schweren Zeit zu helfen. Wir bitten dich, ihre Herzen mit dem Willen zur Versöhnung zu erfüllen, so dass sie ihre Probleme lösen können, was immer sie auch bedrücken mag. Erinnere sie an die Liebe, die sie verbindet. Was du vereint hast, Allmächtiger, darf niemand trennen – niemand . Gelobt seist du, Jesus Christus. Amen.«
»Amen«, wiederholten sie einstimmig.
Winnie nahm einen Schluck Preiselbeersaft mit Wodka – viel Wodka, wenig Preiselbeersaft – und beobachtete Merylinn, die sich vorbeugte.
»Okay, kommen wir zur Sache.« Die Stirn in tiefe Sorgenfalten gelegt, tätschelte sie Winnies Knie. »Heute Nachmittag hat mich Sue Covner angerufen, Schätzchen. Sie erzählte mir, an den letzten beiden Abenden hätte Licht in diesem Apartment gebrannt. Deshalb glaubt sie, du würdest hier wohnen.« Nach einem kurzen Blick auf Winnies Pyjamahose fügte sie hinzu: »Ich sagte ihr, sie würde sich irren. Aber offensichtlich hat sie Recht.«
»Warum kümmert sie sich nicht um ihre eigenen Angelegenheiten ?«, murmelte Winnie.
»Weil sie viel zu beschäftigt ist – mit den Schwierigkeiten anderer Leute.« Leeann biss in einen Windbeutel und platzierte ihre Füße aufs Sofa.
»Heute hat Deke deinen Mann im Büro angerufen, Winnie«, fuhr Merylinn fort. »Und er sagte, Ryans Stimme hätte schrecklich geklungen.«
»Sehr gut.« Mit dieser Bemerkung überraschte Winnie sich selbst ebenso wie die anderen.
Heidi umklammerte ihr Glas und blickte in die Runde. »Wie intuitiv ich bin, wisst ihr alle. Und so sagte ich – vielleicht haben die beiden Probleme.«
Im Lauf der Jahre war Heidis Intuition so unzuverlässig gewesen wie die Wetterprognose, und Winnie wünschte, die Freundin hätte eine andere Gelegenheit gewählt, um das Gegenteil zu beweisen. »Okay, wir haben eine kleine Krise«, gab sie vorsichtig zu. »Nichts Ernstes. Darüber will ich nicht reden, sonst würden wir den guten Wodka verschwenden.«
Merylinn schaute die anderen an. Voller Unbehagen registrierte Winnie eine stillschweigende Verständigung. Amy nahm einen Schluck aus Leeanns Glas, und Leeann wandte sich zu Winnie. »Sicher ist’s keine kleine Krise, Schätzchen. Deshalb sind wir hier.«
»Wieso glaubt ihr das?«, fragte Winnie zögernd.
»Nun hat Sue schon zwei Mal mit mir telefoniert – das zweite Mal vor einer knappen Stunde.« Hilflos zuckte Merylinn die Achseln. »O Scheiße, ich fange zu heulen an.«
Beruhigend strich Amy über Merylinns Arm, aber sie ließ Winnie nicht aus den Augen. »Sues Tochter hat aus dem Lakehouse angerufen.« Seufzend betastete sie ihr goldenes Kreuz und sah aus wie die Mutter aller Sorgen. »Da war Ryan.« Nach einem tiefen Atemzug sprach sie weiter: »Er hat mit Sugar Beth zu Abend gegessen.«
Da begannen alle gleichzeitig zu reden. »Oh, ich bin so wütend auf ihn … Ich könnte ihn umbringen …«
»Natürlich mussten wir zuerst zu dir kommen und dich warnen …«
»Niemals würde Ryan eine andere Frau anschauen. Wär’s nicht Sugar Beth, würde sich niemand Gedanken machen.«
»Wie ich sie hasse! Dagegen kann ich einfach nichts tun. Aber das lassen wir ihr nicht durchgehen.«
Aus einem ersten Impuls heraus gab Winnie sich selbst die Schuld. Hätte sie ihr Zuhause nicht verlassen, wäre es nicht geschehen. Hätte sie Ryan am vergangenen Abend nicht weggeschickt … Wäre sie am Telefon zugänglicher gewesen … In ihrem Magen brannte ätzende Säure. Wenigstens herrschten jetzt klare Verhältnisse. »Ryan ist ein großer Junge«,
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