Frühstück im Bett
Natürlich war ich Freiwild. Und du hättest viel schlimmere Dinge über mich schreiben können. Ich verstehe sogar, warum du’s mir nicht früher erzählt hast. Was hätte es genützt? Jetzt bin ich wenigstens vorbereitet.«
»Nicht, Liebes«, bat er leise. »Versuch nicht zu rechtfertigen, was dir so wehtut.« Mit beiden Händen umfasste er ihr Gesicht, sein Mund glitt über ihre Wange. »Könnte ich den Roman noch einmal schreiben, würde ich andere Worte wählen.«
»Tatsachen ändern sich nicht.«
»Aber es ändert sich, wie wir sie betrachten.«
Für ewig wollte er mit ihr im Dunkel knien. Doch sie wich zurück und setzte sich ins feuchte Gras. »Heute Abend – habe ich das Gemälde gefunden«, sagte sie zögernd.
Noch ein Schwertstich in sein Herz. »So?«
»Im Studio. Der Teppich ist das Bild.«
Dieses Thema wollte er möglichst schnell abhaken.
Aber sie fuhr fort: »Während ich aufwuchs – und in all den Stunden, in denen ich das Atelier seit meiner Rückkehr durchsuchte –, niemals sah ich, was der Teppich wirklich ist. Erst an diesem Abend.«
Nun war es an der Zeit, den letzten Nagel in seinen Sarg zu schlagen. Er stand auf. Auch sie erhob sich. Das Haar fiel ihr ins Gesicht. Mit zitternden Fingern strich sie es beiseite.
»Kein Wunder, dass mein Vater immer lachte, wenn wir über das Bild sprachen. Tallulah hat’s ganz raffiniert versteckt. Deutlich sichtbar.«
Die oberen Knöpfe ihrer Bluse hatten sich geöffnet und enthüllten den Rand des BHs. Blütenweiß, wie ihre Seele. »Nun bist du am Ziel deiner Wünsche, die dich nach Parrish zurückgeführt haben.«
»Ja – das letzte Ash-Gemälde, das so groß ist wie dieses, hat bei einer Versteigerung viereinhalb Millionen Dollar eingebracht.«
»Also bist du eine reiche Frau. Unabhängig.«
»So viel werde ich nicht bekommen.«
»Nein?«
»Mein Bild soll nicht in einer Privatsammlung verschwinden, sondern in einem Museum hängen. Dadurch werden sich die Interessenten nur bis zu einer gewissen Grenze überbieten. Aber ich brauche nur genug Geld, um für Delilah zu sorgen.«
»Sicher kriegst du viel mehr.«
»Das nehme ich an.«
»Unsere edle, selbstlose Heldin …« Obwohl seine Stimme nicht sarkastisch klang, versteifte sich Sugar Beth. Reumütig verfluchte er seine Angst vor Sentimentalitäten, die ihn so unverdrossen zum Zynismus trieb – sogar gegen seinen Willen. Und dann zwang er sich, die gefürchtete Frage zu stellen. »Wann reist du ab?«
»Sobald das Bild verkauft ist.«
»Das wird nicht lange dauern.«
»Vielleicht eine Woche.«
Colin berührte ihr Haar. »Weißt du, dass ich dich liebe?«
An ihren Wimpern hing eine Träne, ihre Lippen bebten. »Darüber wirst du hinwegkommen. Glaub einer Frau, die sich in solchen Dingen auskennt. Liebe ist kein Gefühl, das ewig währt.«
»Hast du Emmetts Tod verwunden?«
»Offensichtlich. Sonst hätte ich mich nicht so schnell in dich verliebt.«
Dieses freimütige Geständnis hätte ihn beglücken müssen. Stattdessen vertiefte es seinen Schmerz. »Traust du dir selbst so wenig?«
»Um Vertrauen geht’s nicht. Ich bin realistisch.«
»Wenn das stimmt, würdest du nicht fortgehen. In Parrish findest du alles, was du brauchst.«
»Da irrst du dich.«
»Und die Kinderbuchhandlung? Jetzt ist sie kein Traum mehr. In dieser Stadt bist du zu Hause, Sugar Beth, hierher gehörst du.«
»Nein, jetzt ist es deine Stadt.«
»Nicht groß genug für uns beide?«
»Es würde nicht klappen, das weißt du.«
»Jedenfalls solltest du in Parrish bleiben. Hier hast du eine Familie.« Er holte tief Luft. »Und mich.«
»Deshalb muss ich woanders leben.« Ein Schatten verdunkelte ihre Augen. Den Blick gesenkt, wandte sie sich ab. »Tut mir Leid, es ist unmöglich.«
»Ich habe das Bild schon letzte Woche gefunden.«
Verblüfft drehte sie sich wieder zu ihm um.
»Als wir zusammen das Studio durchsucht haben. Vorher war ich mindestens ein Dutzend Mal drin … Aber … An jenem Tag war ich schlecht gelaunt. Ich wusste, ich würde dich verlieren. Und du hast neben dem Gemälde gestanden. Ich wandte mich zu dir, um dich zu beschimpfen. Da drohten mich die Farben anzuspringen – grell und aggressiv.«
Verständnisvoll nickte sie. Er selbst konnte die turbulenten Gefühle, die ihn damals erfasst hatten, noch nicht analysieren.
»Wann wolltest du’s mir sagen?«, fragte sie.
»Jeden Tag in dieser vergangenen Woche.«
Er hatte erwartet, sie würde in Wut geraten und ihm
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