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Frühstück um sechs

Frühstück um sechs

Titel: Frühstück um sechs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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so eines >Rehabilitationsfritzen< sank.
    Hier aber griff das Schicksal
ein, unterstützt durch Mick O’Connor, dessen häufige Besuche bei seinem in
bequemer Nähe geparkten Lastwagen zur Folge hatten, daß sein Gang mit dem
fortschreitenden Abend immer unsicherer wurde.
     
     

12
     
    In die Sphären hoher Moral
gehoben, klatschte das Publikum mächtig Beifall, als es Larry zum Schluß in den
Armen ihres Mannes sah, doch von den hinteren Plätzen ertönten Protestrufe
gegen die mangelnde Innigkeit der Umarmung und Ratschläge, wie es gemacht
werden müßte: »Halt sie fest, Menschenskind, die geht dir sonst durch die
Lappen!« — »Herrjeh, kannst du kein Mädel küssen? Die beißt doch nicht.«
    Paul lächelte liebenswürdig und
umarmte Larry fester, während seine weniger feinfühligen Anhänger im
Hintergrund jetzt allerlei derbe Anspielungen machten. Dann löste sich holpernd
der Vorhang unter Micks unsicherer Lenkung und sank wackelig bis auf den Boden.
Das Spiel war aus — jedenfalls dachten wir das.
    Wir hatten uns nämlich
geeinigt, uns nicht hervorrufen zu lassen. Paul hatte sich dabei ordentlich
ereifert: »Ich nehme es noch hin, mich lächerlich zu machen«, sagte er,
»allerdings nur dies eine Mal, vergeßt das nicht« — wobei er Larry und mich
ganz feindselig anblickte, als hätten wir etwas verbrochen —, »aber ich will
verflucht sein, wenn ich mich Hand in Hand mit der Heldin vorn an die Bühne
stelle und albern grinse!«
    »Bilde dir nur nicht ein, daß
es mir Spaß machen würde, mich vor den hiesigen Bauernlackeln in Positur zu
werfen, während du neben mir grinst wie ein Irrer«, hatte Larry ganz beleidigt
erwidert. »Bin also vollkommen einverstanden — keine Vorhänge.«
    Sam sagte beschwichtigend: »Die
Leutchen sind ja so schon ganz kribbelig, sie wollen möglichst rasch essen, um
sich in den Tanz zu stürzen. Aber trotzdem müssen wir Mick gründlich
eintrichtern, daß er den Vorhang unten läßt, denn der Knabe hat bestimmt eine
Menge Schnaps draußen im Auto und wird im Laufe des Abends entsprechend über
die Stränge hauen.«
    Also machten wir allesamt dem
guten Mann eindringlich klar, daß der Vorhang, sobald er am Schluß gefallen
war, keinesfalls wieder hochgezogen werden dürfe. Die Männer sollten dann die
Möbel wegräumen und die Bühne wieder in Ordnung bringen, während wir Frauen uns
abschminken und unauffällig in den Saal schlüpfen wollten, bereit, allerseits
die Glückwünsche entgegenzunehmen. Mick schien das vollkommen zu verstehen,
ging aber nachher so häufig an seine >Bar< im Lastwagen, daß er beim
Senken des Vorhangs am Schluß nur knapp eine Katastrophe vermied.
    Kaum war der Vorhang unten, da
brach wie ein Gewitter der Beifall los, und es ertönten allerlei lustige, zum
Teil so plump vertrauliche Rufe, daß der Colonel sich gewiß innerlich krümmte.
Doch das war uns egal, das Stück war aus und hatte ganz schön geklappt, also
durften wir uns jetzt auch unser Vergnügen gönnen. Larry und ich stürmten in
die Garderobe und wollten uns gerade die Schminke abwischen, als so plötzlich
eine Stille eintrat, daß wir uns unwillkürlich umdrehten. Die Bühne war leer —
bis auf Anne und Tim, die sich fest umschlungen hielten. Waren die plötzlich
verrückt geworden?
    Unser Schreck stieg ins
Maßlose, als wir jetzt den Vorhang hochgehen sahen. Mick riß hastig an den
Seilen, wobei er strahlend nach allen Seiten lächelte. Im Saal herrschte
vollkommene Stille, die Zuschauer saßen entzückt.
    Natürlich dauerte das Ganze nur
eine Sekunde, und in dieser einen Sekunde packte Larry Paul am Arm und murmelte
ergrimmt: »Los, lächle und mach Witze, schnell, es muß sein!« Damit schritt sie
ruhig zur Mitte der Bühne. »Sie sehen ja, wie es geht, meine Herrschaften«,
sagte sie so laut und deutlich, daß die begeisterten Zwischenrufe, die aus dem
Hintergrund zu tönen begannen, sofort verstummten, »es ist schrecklich
ansteckend! Diese beiden hier haben sich entschlossen, unserem Beispiel zu
folgen und fortan miteinander glücklich zu sein. Finden Sie das nicht sehr
vernünftig von ihnen? Trotzdem glaube ich keinen Moment, daß sie das so
erfolgreich darstellen können wie Sie oder ich. Was meinst du dazu, mein lieber
John?«
    Der >liebe John< brachte
mit aller Gewalt ein gefrorenes Lächeln zustande. Ich konnte sehen, daß sein
Adamsapfel, der sich sonst kaum bemerkbar macht, beträchtlich zuckte. Ob er der
Situation gewachsen war? Eine furchtbare Sekunde lang dachte

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