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Frühstückspension: Kriminalroman

Frühstückspension: Kriminalroman

Titel: Frühstückspension: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrid Hunold-Reime
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tropfen, und sie hätten auch keine Bedenken, dass aus der Plastikkonstruktion Blut tropfen könnte. Ihre Szene hätte Leichtigkeit und wäre vollkommen sauber.
    Zum Glück verbindet eine großzügig geschnittene Tür die Garage mit dem Haus. Ich schiebe und Tomke läuft nebenher und balanciert seinen Körper aus.
    »Wo soll er denn hin?«, frage ich keuchend, als wir auf dem Flur stehen.
    »Ins Fernsehzimmer!«
    Ausgerechnet. Ich muss an Gerold Heinrich denken. Oder wen habe ich gestern hier sitzen sehen?
    Der Fernseher läuft und im Sessel sitzt wieder …
    Ich bleibe stocksteif stehen.
    Tomke winkt ab und eilt nach vorn. Sie greift zu und hält einen mannsgroßen Teddy in ihren Armen. Er landet unsanft in der Zimmerecke. Wortlos weist sie auf das Sofa.
    »Können wir ihn nicht in der Schubkarre lassen?«
    Die Vorstellung, noch einmal an ihm herumzuzerren, entzieht mir für einen Augenblick alle Energie.
    »Nein, können wir nicht. Wenn erst die Leichenstarre einsetzt«, Tomke zögert, »dann passt er so verbogen in keinen Sarg.«
    Ich sehe sie entsetzt an: »So schnell geht das?«
    Tomke zuckt mit den Achseln. »Keine Ahnung. Aber so können wir ihn auf keinen Fall liegen lassen.«
    Ich widerspreche nicht mehr und packe einfach mit an. Wir hieven ihn mithilfe der Mülltüte als Trage von der Schubkarre auf das Sofa. Das klappt leichter als erwartet.
    Geschafft, denke ich. Was auch immer. Tomke wischt sich mit dem Arm über die Stirn, und ihr roter Pony steht hoch, als wäre er mit Haarspray fixiert. Bevor so etwas wie Feierabendstimmung aufkommen kann, verkündet sie: »Ich hole einen Eimer und Verbandzeug.«
    Eimer und Verbandzeug, klingt es in meinem Kopf nach. Verzweifelt versuche ich, mich auf die Bilder im Fernsehen zu konzentrieren, um mir nicht vorstellen zu müssen, was sie damit vorhat.
    Es läuft gerade eine von diesen Kochsendungen. Ein junger Mann, umgeben von einem ganzen Meer aus Kräutern, richtet eine Vorspeise an. Ich beobachte gebannt, mit welcher Geschwindigkeit er Mozzarella in Scheiben schneidet. Dann pflückt er aus seinem Küchengarten Basilikumblätter und legt sie geziert auf den Käse. Den Clou dieses Rezeptes bildet abschließend je eine Erdbeere. Der Fernsehkoch will gerade verkünden, was zum krönenden Schluss fehlt, da ist Tomke wieder da und schaltet den Fernseher aus.
    »Komm«, sagt sie nur.
    »Wir müssen ihn ein bisschen fertig machen. Vor allem muss die Tüte von seinem Kopf.«
    Ich weigere mich zu begreifen, was sie sagt, und starre weiter auf den schwarzen Bildschirm.
    »So nimmt uns das kein Arzt ab«, sagt sie eindringlich.
    »Arzt?« Ich wache endlich auf.
    »Ja, Arzt. Ohne Arzt gibt es keinen Totenschein.«
    Ich sehe sie an, als spräche sie plötzlich in einer fremden Sprache, und genauso fühlt es sich auch an.
    »Pass auf, Teresa. Ich erzähle dir gleich meine Geschichte, aber erst müssen wir ihn fertig machen. Vertrau mir einfach.«
    Ich sehe ihr ins Gesicht. Es ist kalkweiß.
    Entschlossen nehme ich ihr den kleinen Eimer aus der Hand und wende mich Reinhard zu: »Gut, aber das mache ich.«
     

10
    Tomke reicht mir ein Duschgel und sagt: »Riecht ein bisschen intensiv, aber …«
    Ich habe verstanden und es sofort mit nach oben genommen. Nun hängt im Badezimmer ein aufdringlicher, undefinierbarer Blütenduft, aber dafür bin ich dankbar. Er legt sich wohltuend über die Geruchserinnerung der letzten Stunden.
    Wir haben ihm zusammen erst die Plastiktüte und dann die Regenjacke vom Kopf gezogen. Beide angespannt, darauf eingerichtet, etwas Schreckliches sehen zu müssen. Aber unsere Fantasie war viel grausamer als die Realität. Die erschien dagegen beinahe harmlos. Sein Gesicht war kaum wiederzuerkennen. Die Augen geschlossen. Das hat es mir leichter gemacht. Das Blut war in einer dicken Schicht bis auf seine Brust gelaufen und noch feucht. Es glänzte wie frisch gestrichener Lack. Sein Kopf war eigentümlich verformt und die breite Platzwunde klaffte unverändert. Er ist zu schnell nach der Verletzung gestorben, es konnte sich kein Schorf mehr bilden. Wir haben sie mit einer Kompresse und Pflaster versorgt.
    Dann habe ich das Blut vorsichtig abgewaschen. Das Schlimmste dabei war der Geruch. Den werde ich nie vergessen. Die freigelegte Haut schimmerte blau unterlaufen. Besonders um die Augenpartie. Es sah aus wie eine überdimensionale dunkellila Brille.
    Am liebsten würde ich unter dem dampfenden Wasser stehen bleiben und mich immer wieder neu mit der

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