Fuchsjagd
das weiß ich. Wer kann's also sonst gewesen sein?«
Prue kehrte ihm den Rücken, um das Kissen aufzuschütteln. »Du kriegst noch mal einen Herzinfarkt, wenn du nicht was gegen deinen hohen Blutdruck tust«, sagte sie tadelnd. »Du schaust aus, als würdest du seit Jahren an der Flasche hängen.«
Dick kannte ihre Taktik, unbequeme Fragen abzuwehren, indem sie attackierte. »Dann warst du es also wirklich«, fuhr er sie an. »Bist du eigentlich von allen guten Geistern verlassen? Der Anwalt sagte, du hättest gekeucht.«
»Das ist ja lächerlich.« Sie drehte sich herum und griff nach dem nächsten Kissenbezug, ehe sie ihm einen trotzigen Blick zuwarf. »Deswegen brauchst du dich nicht so aufregen. Dieser brutale Kerl hat's doch nicht anders verdient. Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie arg es mir ist, dass ich nichts getan habe, um Ailsa aus seinen Klauen zu retten? Ich hätte ihr helfen sollen anstatt einfach abzuhauen! Sie wäre noch am Leben, wenn ich ein bisschen mutiger gewesen wäre.«
Dick setzte sich auf eine Truhe neben der Tür. »Und wenn du dich nun täuschst? Wenn du jemand ganz anderen gehört hast?«
»Bestimmt nicht.«
»Wie kannst du das mit solcher Sicherheit behaupten? Ich habe den Anwalt für James gehalten, bis er mich aufklärte. Seine Stimme klang genau wie die von James, als er ›Shenstead Manor‹ sagte.«
»Nur weil du erwartet hast, dass James sich meldet.«
»Das Gleiche gilt doch für dich. Du hast erwartet, Ailsa würde mit
James
streiten. Du wolltest doch dauernd, dass ich rauskriege, was bei denen nicht stimmt.«
»Also wirklich!«, entgegnete sie erbost. »Wie oft muss ich es dir noch sagen? Sie hat ihn James genannt. Sie sagte, ›Nein, James, das werde ich mir nicht länger bieten lassen‹. Weshalb hätte sie das sagen sollen, wenn sie mit jemand anderem gesprochen hat?«
Dick rieb sich die Augen. Er hatte sie das immer wieder vorbringen hören, aber die Bemerkung des Anwalts über aus dem Zusammenhang gerissene Worte hatte ihn nachdenklich gemacht. »Du hast selbst am nächsten Tag zu mir gesagt, du hättest von dem, was James gesprochen hat, nichts verstanden. Vielleicht hast du ja auch Ailsa gar nicht so gut verstanden. Ich meine, es ist schließlich ein Riesenunterschied, ob sie
über
ihn oder
mit
ihm gesprochen hat. Vielleicht war das ›Ich‹ gar nicht da – vielleicht hat sie gesagt, ›James wird sich das nicht länger bieten lassen‹.«
»Ich weiß, was ich gehört habe«, beharrte Prue eigensinnig.
»Ja, das sagst du.«
»Es ist wahr.«
»Na schön… Was ist mit der Ohrfeige, die er ihr nach deiner Behauptung verpasst hat? Warum haben sie bei der Obduktion keine Blutergüsse gefunden?«
»Woher soll ich das wissen? Vielleicht ist sie gestorben, bevor sich welche bilden konnten.« Gereizt breitete sie die Decken über die Betten und strich sie glatt. »Warum hast du James überhaupt angerufen? Ich dachte, wir hätten ausgemacht, dass wir Ailsas Partei ergreifen.«
Dick starrte zu Boden. »Seit wann?«
»
Du
hast doch gesagt, ich soll zur Polizei gehen.«
»Ich habe gesagt, dir würde nichts andres übrig bleiben. Das ist doch keine Abmachung, irgendjemandes Partei zu ergreifen.« Wieder rieb er sich heftig die Augen. »Der Anwalt sagte, man könne dich wegen übler Nachrede belangen. Angeblich hast du andere angestiftet, James einen Mörder zu nennen.«
Prue rührte das nicht. »Warum klagt er dann nicht? Eleanor Bartlett sagt, dass das der beste Beweis dafür ist, dass er schuldig ist. Du solltest mal hören, was
die
über ihn sagt!« Ihre Augen blitzten auf, als ihr etwas einfiel, das sie belustigte. »Wenn hier jemand ihn mit anonymen Anrufen traktiert, dann sie. Ich war mal dabei, als sie bei ihm angerufen hat. Ihn ›ausräuchern‹ nennt sie das.«
Zum ersten Mal seit Jahren sah Dick seine Frau richtig an. Sie war molliger als das Mädchen, das er geheiratet hatte, und weit mehr von sich überzeugt. Mit zwanzig war sie eine schüchterne Maus gewesen. Jetzt, mit vierundfünfzig, war sie ein Drachen. Sie war die Frau, die sein Bett teilte, aber er kannte sie kaum noch. Miteinander geschlafen oder wirklich miteinander gesprochen hatten sie schon seit Jahren nicht mehr. Er war den ganzen Tag draußen auf dem Hof oder auf den Feldern, und sie spielte entweder Golf oder Bridge mit Eleanor Bartlett und ihren snobistischen Freundinnen. Die Abende verbrachten sie stumm vor dem Fernsehapparat, und er war immer schon eingeschlafen, wenn sie nach
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