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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Trost ein Küsschen von seiner Herzensdame…«
    Wutschäumend suchte Eleanor unter »versendete Post« nach Julians Briefen an GS.
    »Thelma fährt am Freitag mit Louise zum Shopping. Gleicher Ort, gleiche Zeit?…«
    »T und L spielen Golf – 19. Sept…«
    »T fährt nächste Woche nach London – Di. bis Fr. Drei volle Tage Freiheit. Wie sieht's aus?…«
    »T ist strohdumm. Man kann ihr alles weismachen…«
    »Hältst Du es für möglich, dass T einen Liebhaber hat? Ich erwische sie dauernd am Telefon. Dann legt sie sofort auf…«
    »T hat eindeutig etwas in petto. Tuschelt ständig in der Küche mit L…«
    »Wie stehen die Chancen, dass Dick und ich gleichzeitig abserviert werden? Wäre es möglich, dass ein Wunder geschehen ist und sie beide was fürs Bett gefunden haben…?«
    Beim plötzlichen Klingeln des Telefons auf dem Schreibtisch fuhr Eleanor schuldbewusst zusammen. Der schrille Lärm, Erinnerung daran, dass jenseits der schmutzigen Geheimnisse auf dem Bildschirm das tägliche Leben seinen Fortgang nahm, ging ihr in der Stille des Zimmers durch Mark und Bein. Mit wild hämmerndem Herzen drückte sie sich in ihren Sessel, schwach vor Wut und Schrecken. Wer war das? Wer wusste davon? Alle würden über sie lachen. Sich über sie lustig machen. Sagen, sie hätte es nicht anders verdient.
    Nach vier Sekunden schaltete sich der Anrufbeantworter ein, und Prues ärgerliche Stimme erklang über den Lautsprecher. »Bist du da, Ellie? Du hast doch versprochen, du rufst mich an, wenn du mit dem Anwalt gesprochen hast. Ich versteh nicht, was da so lang dauert – und Dick geht auch nicht an sein Handy. Ich weiß nicht mal, wo er ist und ob er zum Mittagessen kommt.« Sie seufzte gereizt. »So was Kindisches. Ich hätte gut ein bisschen Hilfe gebrauchen können, bevor heute Abend Jack und Belinda kommen – und jetzt wird er uns nur mit seiner miesen Laune den Abend verderben. Ruf mich an. Ich möchte wissen, was los ist, bevor er heimkommt, sonst gibt's den nächsten Streit wegen James' blödem Anwalt.«
    Eleanor wartete, bis Prue aufgelegt hatte, dann löschte sie die Nachricht. Sie zog den Zettel mit der Handynummer aus ihrer Blusentasche, starrte ihn einen Moment lang an, hob dann den Hörer ab und wählte. Sie handelte ohne jede vernünftige Überlegung. Vielleicht hatten die Gewohnheit, James mit Anrufen zu terrorisieren, und seine zaghafte Reaktion darauf sie davon überzeugt, dass dies die richtige Methode war, mit Leuten zu verfahren, die einem in die Quere kamen. Trotzdem brauchte sie zwei Versuche, um die Verbindung herzustellen, weil ihre Finger so heftig zitterten, dass sie die Tasten nicht richtig trafen. Niemand meldete sich, und nach einigen Sekunden der Stille wurde der Anruf zur Mailbox weitergeleitet. Sie lauschte stumm der Aufforderung, eine Nachricht zu hinterlassen, und legte dann mit der verspäteten Überlegung auf, dass dies vielleicht gar nicht GS' Anschluss war.
    Und was hätte sie überhaupt getan, wenn sich jemand gemeldet hätte? Geschrien und gebrüllt, dass sie ihren Mann zurückhaben wolle? Die andere eine Hure geschimpft? Vor ihr öffnete sich der furchtbare Abgrund der Scheidung. Sie konnte doch mit sechzig nicht wieder allein dastehen! Alle würden sie meiden, genau wie damals, als ihr erster Mann sie wegen der Frau verlassen hatte, die ein Kind von ihm erwartete. Sie hatte ihre Verzweiflung damals offen zur Schau getragen, aber sie war wenigstens noch jünger gewesen und hatte keine Angst haben müssen, dass sie keine Arbeit finden würde. Julian war ihr letzter verzweifelter Versuch gewesen, ein Verhältnis mit dem Chef, das schließlich zur Heirat geführt hatte. Ein zweites Mal konnte sie das nicht durchstehen. Sie würde das Haus verlieren, ihre gesellschaftliche Stellung, sie würde anderswo ganz von vorn anfangen müssen…
    Sorgfältig, so dass Julian nicht merken würde, dass sie die E-Mails entdeckt hatte, schloss sie alle Fenster und fuhr den Computer herunter, bevor sie die Schreibtischschubladen zustieß und den Sessel wieder richtig hinstellte.
Schon viel besser
.
Jetzt begann sie doch, vernünftig zu denken
. Wie einst Scarlett O'Hara gesagt hatte, »morgen ist auch noch ein Tag«.
    Solange GS ein Geheimnis blieb, war nichts verloren. Julian hasste es, sich festzulegen. Eleanor hatte ihn vor zwanzig Jahren nur zwingen können, sich zu ihr zu bekennen, indem sie dafür gesorgt hatte, dass seine Frau von ihrer Existenz erfuhr.
    Sie würde bestimmt nicht zulassen,

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