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Fuchsjagd

Titel: Fuchsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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kennen gelernt hatte, und sie war nicht die Einzige in der Gruppe, die den Eindruck hatte, dass es ihm bei dieser Landbesetzung in Wirklichkeit um etwas anderes ging, als er vorgegeben hatte. Damals war das Wohl der Kinder das Thema gewesen.
    »Unsere Chancen stehen weit besser als auf einen Sechser im Lotto, und rechtlich ist es genauso einwandfrei«, hatte Fox ihnen erzählt. »Im ungünstigsten Fall harrt ihr so lange aus, bis man etwas Konkretes gegen euch vorbringen und etwaige Schritte einleiten kann – genug Zeit, um eure Kinder bei einem Arzt vor Ort registrieren zu lassen und sie auf eine ordentliche Schule zu schicken. Über sechs Monate kann sich das hinziehen – vielleicht auch länger. Im günstigsten Fall habt ihr am Ende ein Haus. Ich würde sagen, das Risiko lohnt sich.«
    Keiner glaubte wirklich, dass es so kommen würde. Bella ganz gewiss nicht. Das Höchste, was sie sich erhoffen konnte, war eine Sozialwohnung in irgendeiner heruntergekommenen Siedlung, und diese Aussicht war für sie weniger verlockend, als weiterhin durch die Lande zu ziehen. Sie wollte Sicherheit und Freiheit für ihre Kinder, nicht den verderblichen Einfluss verwahrloster Jugendlicher in einer Brutstätte von Armut und Verbrechen. Doch Fox schaffte es, einige von ihnen zu bereden. »Was habt ihr denn schon zu verlieren?«, hatte er gefragt.
    Bella hatte ihn zwischen Barton Edge und dem vergangenen Abend, als der Konvoi sich gebildet hatte, nur noch einmal gesehen. Alle Vorbereitungen waren über Telefon oder Funk getroffen worden. Keiner erfuhr, wo das herrenlose Stück Land lag – außer dass es irgendwo im Südwesten war –, und das einzige andere Zusammentreffen hatte stattgefunden, um endgültig zu entscheiden, wer mit von der Partie sein würde. Zu dem Zeitpunkt hatte sich das Projekt schon herumgesprochen, und die Konkurrenz um die Plätze war heftig. Höchstens sechs Busse, hatte Fox erklärt, und er allein würde entscheiden, wer mitkommen würde. Nur Familien mit Kindern kämen in Betracht. Bella hatte ihn gefragt, woher er das Recht nähme, sich wie Gott aufzuspielen, und er hatte geantwortet: »Ich bin der Einzige, der weiß, wohin es geht.«
    Das Entscheidende bei der Auswahl war für ihn, dass es innerhalb der Gruppe keine bestehenden Bündnisse gab, die seine Alleinführerschaft in Frage gestellt hätten. Bella hatte diesem Konzept energisch widersprochen. Ihrer Meinung nach würde eine geschlossene Gruppe von Freunden eine weit wirkungsvollere Einheit bilden als ein willkürlich zusammengewürfelter Haufen Fremder. Aber vor ein schroffes Ultimatum gestellt – nimm es, wie es ist, oder lass es bleiben –, hatte sie klein beigegeben. Jeder Traum – und wenn nur ein Hirngespinst – war besser als keiner.
    »Ist Fox dein Dad?«, fragte sie Wolfie.
    »Ich glaub schon. Mam hat gesagt, dass er's ist.«
    Bella hatte da ihre Zweifel. Sie erinnerte sich an die Bemerkung von Wolfies Mutter, der Junge schlage seinem Vater nach, aber sie konnte zwischen diesem Kind und Fox keinerlei Ähnlichkeit erkennen.
    »Lebt ihr immer schon mit ihm zusammen?«
    »Ich glaub schon, außer wie er weg war.«
    »Wo war er denn?«
    »Weiß nich.«
    Im Gefängnis, vermutete Bella. »Und wie lange war er weg?«
    »Weiß nich.«
    Sie wischte die Soße in seinem Teller mit einem Stück Brot auf und gab es ihm. »Lebt ihr immer schon im Wohnwagen?«
    Er schob sich das Brot in den Mund. »Weiß nich genau.«
    Sie nahm den Topf vom Kocher, stellte ihn vor ihn hin und legte Brot dazu. »Den kannst du auch auswischen, Schatz. Ich seh doch, was du für einen Hunger hast.« Sie sah ihm zu, wie er loslegte, und fragte sich, wann er das letzte Mal eine richtige Mahlzeit bekommen hatte. »Und wie lang ist es jetzt her, dass deine Mam weg ist?«
    Sie erwartete eine weitere einsilbige Antwort und wurde von einem Wortschwall überschwemmt. »Ich weiß nich. Ich hab nämlich keine Uhr, weißt du, und Fox sagt mir nie, was für ein Tag ist. Ihm isses egal, aber mir nich. Sie und Welpie waren an einem Morgen auf einmal weg. Ich glaub, es sind schon Wochen her. Fox wird sauer, wenn ich frag. Er sagt, sie wollte nichts mehr von mir wissen, drum ist sie gegangen. Aber das glaub ich nicht, weil ich hab doch immer auf sie aufgepasst. Ich glaub eher, dass sie wegen ihm fort ist. Sie hat echt Angst vor ihm gehabt. Ihm passt's nich, wenn man mit ihm streitet. Man soll nich immer
nich
sagen, sondern
nicht
, und manche Wörter machen ihn auch fuchsteufelswild«,

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