Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
ein.Mama hat sich heute das Jesuskindchen sowie alle anderen Holzfiguren geschnappt, sie in einer Kiste verstaut und in den Keller gebracht.
Ich bin wieder Einzelkind.
Endlich.
Papa scheint ebenfalls begeistert und erzählt mir, dass es abends eine große Party gebe. Finde das ein wenig übertrieben, lächele aber dennoch still vor mich hin.
Weil morgen ein neues Jahr anfange, ergänzt er fröhlich.
Das wiederum macht mir Angst.
Befürchte spontan, dass alles wieder auf Null gestellt wird und ich mich nochmal aus Mamas Bauch quetschen muss, und dass es dann wieder von vorne losgeht mit erstem Mekonium-Häufchen, Abendschreien und PEKiP-Kurs. Das will ich nicht nochmal erleben und schreie los, doch keiner kümmert sich um mich, denn es klingelt an der Tür.
Herein stürmen Wiebke, Lutz, Bettina und Marlon und packen Wein, Käse und Sören-Wotan aus.
Flugs teile ich meinem Freund meine Befürchtung mit, doch er beschwichtigt mich: »Papa sagt, Silvester gibt es jedes Jahr, und am Leben ändert sich dadurch überhaupt nichts. Das ist wohl nur ein Anlass, zu feiern und sich einen hinter die Binde kippen zu dürfen.«
Ich lächele meinen rothaarigen Freund dankbar an und spucke meinen Nucki in seine Richtung, um mich erkenntlich zu zeigen. Er freut sich sichtlich, und ich begebe mich auf die Suche nach Marlons Binde, stelle aber nach kurzer Zeit fest, dass er sie scheinbar vergessen hat, und bin gespannt, wie er das Problem meistern wird.
Die Erwachsenen setzen sich an den Tisch und beginnen, mit aufgespießten Brotstücken in einem heißen Topf mit zerflossenem Käse herumzustochern.
Eine seltsame Art zu feiern, denke ich, außerdem riecht esabscheulich hier, und ich versuche, durch Drehbewegungen Sören-Wotan in mein Kinderzimmer zu lotsen, damit wir uns ungestört näherkommen können.
Entgegen meiner Erwartungen entschließt er sich aber erst mal zu einem kleinen Nickerchen; vermutlich, um danach bei unserem Stelldichein mit voller Energie und Aufmerksamkeit meine Annäherungsversuche gebührend erwidern zu können, denn endlich sind wir mal zu zweit und ohne Levke-Fee.
Guter Sören-Wotan. Der ist der Richtige, da bin ich sicher.
Ich jedoch bin viel zu aufgeregt zum Schlafen, zupfe an Teddys Fell herum und höre den Erwachsenen zu, man weiß ja schließlich nie, was man sich bei denen alles abgucken kann.
Papa öffnet gerade eine Flasche mit roter Flüssigkeit und teilt sie unter ihnen auf. Alle stoßen ihre Gläser aneinander und trinken sie leer. Das übelriechende Essen macht scheinbar extrem durstig, vielleicht wollen sie aber auch zum Jahreswechsel ihre roten Blutkörpcherchen auf Vordermann bringen, denn sie öffnen die zweite Flasche, und das gleiche Spiel geht von vorne los.
Ich bekomme nichts ab und bin enttäuscht.
Teddy beruhigt mich: »Warte mal ab, beim nächsten Stillen wirst du schon merken, was da drin ist, hehe!«, doch ich weiß nicht, was er meint, und überlege mir schon mal, wie ich Sören-Wotan gegenüber vorgehen werde, wenn er wieder aufwacht.
Bettina fragt Wiebke nun mit etwas geschmeidigerer Stimme als sonst: »Wo ist denn Levke-Fee jetzt? Ach ja, sicher bei ihrer richtigen Mutter, an Silvester hat die ja scheinbar endlich mal Zeit für Levke, was?!«
Sie lacht scheppernd. »Warum hast du denn eigentlich keineeigenen Kinder, das würde doch gut zu dir passen!«
Wiebke bekommt feuchte Augen und erwidert tonlos: »Ich habe doch Horst-Michael, aber der ist ja schon achtzehn, und ich würde schon gerne nochmal ein kleines Kind haben, na ja, wir arbeiten dran, aber das ist nicht so einfach.«
Bettina gießt ihr abermals von der roten Flüssigkeit ein und sagt gelöst: »Ach, ist doch heute kein Problem mehr, wenn es nicht klappt. Das ist ja oft psychisch bedingt, für so was gibt es doch Seminare, da lernt man durch Reiki und bewusstes Atmen die Gedanken positiv zu beeinflussen und den Stress rauszunehmen, das hilft bei allem.«
»Mach doch mal nach dem Poppen ’nen Kopfstand«, dröhnt Marlon lachend, »das hat Bettina auch ....«
»Scht!«, ruft Bettina scharf, »wir sind hier nicht zu Hause, Marlon«, und sie trinkt ihr Glas ärgerlich in einem Zug leer.
Aufgeregt flüstere ich Sören-Wotan zu, dass ich wisse, wie schwer es sei, einen Kopfstand zu machen, und dass ich die Bemerkung ebenfalls für deplatziert halte, doch er schläft immer noch.
»Und das klappt?«, hakt Wiebke ungläubig nach. In ihren Augen erglimmt ein Hoffnungsschimmer.
»Na ja«, antwortet Bettina,
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