Fuck the Möhrchen: Ein Baby packt aus Roman (German Edition)
habe! Meine Karriere hat total unter der Auszeit gelitten. Höchstwahrscheinlich werde ich nie mehr einen Kurator finden, der mit mir zusammenarbeiten will, dabei hatte ich gerade eine wunderbare Reihe über die Verschmelzung des Mona-Lisa-Motivs mit Mias Ultraschallbildern fertig, so was hat vor mir noch keiner gemacht!«
Teddy kichert.
Auch ich bin mir nicht sicher, ob dieses Thema ein Publikum findet, beschließe aber aus familiärer Solidarität, so schnell wie möglich zu wachsen, um Mamas Kuratorin zu werden.
»Die Reihe war wirklich sehr ausgefallen«, greift Papa vorsichtig das Thema auf, »dein Zyklus ›Dickes Blut‹ in Divergenz zur EinKind-Politik Chinas hat meiner Meinung nach jedoch mehr Potential.«
Er macht eine Pause und kratzt sich am Kopf.
»Aber der letzte Kurator war ja nun wirklich ein ganz schönes Wind-Ei, dem würde ich keine Träne nachweinen«, brummt er schließlich.
»Wind-Ei oder nicht, so eine Chance kriege ich nie wieder.«
Beide schweigen.
Nach einer kurzen Pause sagt Mama leise: »Und wir wollten doch eigentlich noch ein zweites.«
Was soll das denn bedeuten. Ein zweites Essen?
Ich finde, Essen ist auch nicht die Lösung.
Und zur Not sind sicher noch ein paar Pastinake-Gläschen im Schrank, die müssen eh weg.
Oder will sie noch ein zweites Mal heiraten?
Und wenn ja, dann nochmal Papa oder jemand anderen? Heißt das jetzt Trennung?
Langsam kriege ich Panik.
Doch meine Reaktion ist offensichtlich unbegründet, denn Papa scheint sich seiner Sache sicher zu sein, nimmt Mama nun in den Arm und erwidert: »Dabei bleiben wir auch, oder? Das kann doch ein Job nicht wert sein, da hat doch die Familie Vorrang, oder nicht, mein Liebling?«
Obacht, Papa, der Liebling bin ich.
Mit einem Ruck setzt sich Mama auf.
»In Ordnung. Wenn du beim nächsten Mal ein Jahr in Elternzeit gehst, bin ich einverstanden.«
Was meinen die mit »beim nächsten Mal?« Soll ich wieder zurück in Mamas Bauch oder was? Ich hab es doch geahnt! Entsetzt strample ich so heftig, dass meine Wippe fast umkippt, doch keiner beachtet mich.
»Was?«, Papa schaut Mama geschockt an, aber ihr scheint es bitterernst zu sein, denn sie guckt wie eine Mischung aus Victoria Beckham, dem Papst und Gudrun-Rudolf-Steiner Wiebkötter.
»Heike, das geht doch nicht, ich bin doch selbständig.«
»Ich auch«, sagt Mama bockig, und ich denke, wo sie recht hat, hat sie recht.
»Aber mein Tonstudio! Es hat doch Jahre gedauert, bis ich das aufgebaut hatte.«
»Du nimmst meine Kunst nicht ernst«, antwortet Mama traurig, »wie schade.«
»Doch, Heike, natürlich, ich liebe deine Kunst, aber ...«
»Was, aber?«
»Das kannst du doch nebenbei machen!«
»Wie bitte?«
»Ein Kind zu versorgen, das kann doch nicht so viel Arbeit sein, das schaffst du doch mit links, da bleibt doch genug Zeit zum Malen!«
Jetzt guckt Mama geschockt.
»Ach ja?«, schreit sie, »dann hau ich jetzt mal für eine Woche ab und fahre in einen schönen Wellness-Urlaub nach Bad Ischl oder wie das heißt, denn wenn man ein Kind so einfach händeln kann, schaffst du das ja spielend neben deinem Job!«
»Wellness ist doch gar nicht dein Ding, Heike.«
Papa versucht angestrengt, der Situation die Brisanz zu nehmen.
»Na und? Jedenfalls fahre ich jetzt weg.«
»Heike, das war doch nicht so gemeint.«
»Ach, wie war es denn dann gemeint? Ich werde das jedenfalls so nicht nochmal mitmachen, da kannst du dich auf den Kopf stellen.«
»Na gut«, lenkt Papa ein, »ich denke drüber nach.«
»Und die Nächte übernimmst du jetzt auch.«
»Heike!«
»Keine Widerrede!«
»Okay, wenn du ab jetzt immer die Spülmaschine ausräumst.«
»Mach ich doch sowieso dauernd! Und du sprichst bitte mit deinen Kollegen!«
»Ja-ha! Ich bin sicher, dass wir eine Lösung finden werden, notfalls übernimmt Mia den Laden.«
Ich hör wohl nicht recht. Kinderarbeit oder was. Blicke mich um und suche die Knüpfstühle, sehe aber nur Plastikelemente, die ich dauernd zu Türmen stapeln soll. Warum, hat sich mir bis jetzt noch nicht erschlossen, aber ich werde noch rauskriegen, wozu das gut sein soll.
Jedenfalls gebe ich mich für ihre Belange nicht her, da sollen sie doch lieber ihre Knete selber machen.
Aber statt sich endlich an die Arbeit zu machen, fängt Mama an zu prusten, und Papa stimmt mit ein. Ungeduldig warte ich darauf, dass ich wieder herumgedreht werde, doch nun küssen sie sich seeeehr lange, sie hören überhaupt nicht mehr auf, sich zu küssen.
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