Fucking Munich
konnte. Früher hatte sie schließlich mit Peter zusammengearbeitet, aber der hatte mittwochs plötzlich nicht mehr gekonnt.
Irgendwie hoffte Julia trotzdem, Patrick hätte ihr eine Nachricht geschickt. Eine Entschuldigung. Die Bitte um ein Treffen, eine Aussprache. Aber weder auf dem Handy noch per Mail hatte er sich gemeldet.
Er hatte sie schon abgehakt. Dann waren seine Gefühle ja nicht besonders stark gewesen. Die Enttäuschung schmerzte so sehr, dass die Tränen plötzlich wie Sturzbäche über ihre Wangen liefen. Erst als es plötzlich «pling» machte, wischte sie sich die Feuchtigkeit aus dem Gesicht. Eine neue E-Mail! Von Patrick?
Nein. Der Absender war eine Wachgesellschaft.
Ihre Finger auf der Maus zitterten, als sie die Mitteilung überflog. Sie war froh zu sitzen, so sehr bebten ihre Knie. Ein Mitarbeiter der Bayerischen Schlösserverwaltung zitierte sie für heute Abend um sieben in sein Büro, das auf dem Schlossgelände lag. Ihr wurde vorgeworfen, in die Magdalenenklause eingebrochen zu sein.
Julia wurde abwechselnd heiß und kalt. Wie war sie aufgeflogen? Und woher kannte der Wachmann ihre Mailadresse?
Moment – ob Patrick sie verpfiffen hatte?
Oh, dieser Feigling!
Oder … Nein, das traute er sich nicht. War das vielleicht eine Einladung zum nächsten Spiel? War er wirklich derart abgebrüht?
Julia war so wütend, dass sie am liebsten den Monitor gepackt und zu Boden geschleudert hätte. Sie wollte schreien, irgendetwas zerstören – aber das half ja auch nichts. Nein, sie musste dorthin gehen, um die Sache zu klären. Falls Patrick irgendwie dahintersteckte, würde sie diesem miesen Chauvi gehörig den Kopf waschen. Und wenn es das Letzte war, was sie tat.
Pünktlich um neunzehn Uhr klingelte sie beim Büro der Wachgesellschaft. Julia betrachtete das Schild genauer und biss sich auf die Unterlippe. Es sah ziemlich echt aus.
Nachdem sich der Nachmittag wie Kaugummi gezogen und sie sich hundert Mal überlegt hatte, Patrick anzurufen und ihm die Meinung zu sagen, war Julia in die U-Bahn gestiegen und zum Marienplatz gefahren. Dort hatte sie in einem Café etwas gegessen – oder es zumindest versucht, doch mehr als zwei Bissen des Bagels hatte sie nicht herunterbekommen. Anschließend war sie ziellos durch einige Kaufhäuser gestreift, weil es dort kühler war als draußen, und später zum Nymphenburger Schloss weitergefahren. Sie war nicht so feige wie er. Sie würde ihm ins Gesicht sagen, was sie von ihm hielt.
Der Türöffner summte, und sie trat ein. Ein Mann mit wasserstoffblondem Haar – Julia schätzte ihn auf Mitte dreißig – kam ihr entgegen. «Sie müssen Julia Krämer sein.»
Mechanisch nickte sie. Diese Stimme kannte sie doch! «Sie sind Wilhelm!»
Was wusste der Mann alles von ihr? Er trug keine Uniform, sondern war normal gekleidet, in Jeans und Hemd. Das nahm ihr ein wenig die Furcht. Kein Wachmann. Auch sah er nicht unfreundlich aus, sondern lächelte sie an. «Eigentlich heiße ich Wolfgang. Wolfgang Hartmann.»
Als er ihr die Hand hinstreckte, zögerte Julia kurz, schüttelte sie dann aber trotzdem.
Herr Hartmann bat sie, ihm zu folgen. Mit zitternden Knien ging sie hinter ihm her. Ob die anderen Teilnehmer der nächtlichen Orgie wohl auch herzitiert worden waren? Aber außer ihr schien niemand hier zu sein.
Im Vorbeilaufen erhaschte Julia einen Blick auf eine winzige Teeküche, eine Tür mit der Aufschrift « WC » und einen weiteren Raum, in dem sich Kartons stapelten.
Herr Hartmann führte sie in ein Zimmer voller Monitore. Auf jedem war ein anderer Ausschnitt des Parks und der Räume im Schloss zu sehen.
«Sie sind tatsächlich Wachmann», stammelte Julia. Aber dann spürte sie erneut diese Wut in sich aufsteigen. «Sie missbrauchen Ihre Stellung!» Jetzt war ihr klar, von wem Patrick den Schlüssel hatte. «Was soll das hier werden?! Und vor allem: Was soll diese blöde Mail?»
«Beruhigen Sie sich bitte.»
Während Herr Hartmann gefasst blieb, klang ihre Stimme immer schriller. «Woher haben Sie meine Adresse?»
«Nachdem Patrick mir Ihren Namen verraten hat, habe ich gegoogelt und Ihre E-Mail auf Ihrem Facebook-Profil gefunden», sagte er hastig. «Patrick weiß nichts davon.»
Sie schluckte. Panik befiel sie. Was wollte der Kerl von ihr?
Er kratzte sich an der Schläfe und deutete auf einen von zwei freien Stühlen, die vor dem einzigen Schreibtisch standen. «Bitte setzen Sie sich, und ich erkläre Ihnen alles.»
Sie nahm Platz, wobei
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