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Fuego, Andréa de

Fuego, Andréa de

Titel: Fuego, Andréa de Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geschwister des Wassers
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Seite des Tals?«
    »Bist du verrückt geworden?«
    Antônio stützte sich auf den Spaten, sein Ellbogen lag auf dem Stiel.
    »Deine Augen, Nico, deine Augen sind schwarz, beide.«
    Nicos Augen, vormals blau wie die der Mutter, waren schwarz wie Ebenholz, so dunkel, dass der Umriss der Pupille, die Grenze zur Iris, nicht mehr zu erkennen war. Antônio stellte sich auf Zehenspitzen, den Blick auf Nicos Gesicht gerichtet, und schulterte dann den Spaten.
    »Der Kaffee hat seine Augen verfärbt.«
    Die drei in der Küche, Antônio nahm den Filter, wollte ihn spülen.
    »Geh duschen, Nico, wasch das Pulver ab.«
    Maria verspürte einen stechenden Schmerz im Unterleib, er stieg über den Magen höher. Sie krümmte sich wie ein Wurm auf dem Boden. Nico nahm sie auf den Arm und legte sie ins Bett, neben ihr schliefen die Kinder.
    »Geh raus«, bat sie.
    Er gehorchte. Maria erlitt einen Abort, irgendetwas zwischen Geburt und Menstruation, weder das eine noch das andere, beides. Es war klein, ein Gecko. Sie kauerte in der Ecke und wickelte den geronnenen dicken Blutklumpen in eine weiße, sonnengebleichte Windel. Kalter Schweiß stand auf ihrer Stirn, Antônio brachte ihr eine Tasse Boldo-Tee, er hielt es für eine Magenverstimmung.
    »Mir ging es nicht gut, Antônio, es ist abgegangen, ich hab das Kind verloren.«
    »Ich bete ein Vaterunser.«
    Nico kam zurück ins Schlafzimmer, er war schläfrig und setzte sich auf die Bettkante. Antônio ging zum Gatter und erklomm es, er wollte die weite Landschaft sehen. Er betete.
    Maria nahm das Bündel, ging an Antônio vorbei und weiter den Berg hinab, auf schwachen Beinen, die Windel in einem Stoffbeutel, auf dem sich die Blutflecke immer mehr ausbreiteten. Sie gelangte an die ehemalige Schotterpiste, nur wenige Meter vom Staudamm entfernt. Sie trat ans Ufer, bückte sich vornüber, bis das Bündel das Wasser berührte, und ließ los. Der Beutel löste sich und trieb umher, bis er zu schwer wurde. Ein Ziehen aus dem Wasser beschleunigte seinen Untergang.

38. Kapitel
    DER OMNIBUS NÄHERTE sich dem Wirtshaus, an dem Júlia aussteigen sollte. Der Fahrer fuhr langsamer, wartete auf den sich abzeichnenden Schatten, die zum Aussteigen bereite Passagierin. Da er niemanden sah, nahm er an, sie sei eingeschlafen oder habe vergessen auszusteigen, aber er würde nicht extra anhalten, zu den Passagieren hingehen und sie wecken, also fuhr er weiter. Júlia wachte in der Stadt am Ende der Strecke auf und fand heraus aus ihrer zähen Schläfrigkeit, sie befand sich auf einem kleinen Busbahnhof.
    »Du hast deine Haltestelle verpasst, Mädchen, jetzt musst du dir wohl eine Rückfahrkarte kaufen.«
    Sie aß einen Kuchen, setzte sich auf ihren Beutel und wartete. Das Geld reichte nur für eine halbe Fahrkarte.
    »Lassen Sie mich an dem Wirtshaus auf halber Strecke raus, ich zahle die Hälfte.«
    Sie setzte sich erneut auf ihren noch lauwarmen Platz und versuchte einzuschlummern, um die Haltestelle erneut zu verschlafen. So brauchte sie ihm wenigstens nichts vorzumachen, denn inzwischen war sie fest entschlossen zurückzukehren. Die Serra Morena war eine verschlossene Kurve, ein Ellenbogen, ein Abzweig, der nicht mehr gangbar war. Nico und Antônio, inzwischen erwachsen, würden sie nicht mehr wiedererkennen wie in Kinderzeiten.
    Diesmal hielt der Busfahrer an und wartete darauf, dass Júlia mit ihrem Beutel an ihm vorbeiginge, aber nichts. Er machte die Tür wieder zu und gelobte sich Strenge bei der Ankunft, sie würde ihm die restliche Strecke bezahlen müssen. Doch an der Ankunftsplattform stieg sie so verschüchtert aus, dass der Busfahrer doch nichts verlangte. Júlia ging zu Dinorás Toilette, sie saß da wie beim ersten Mal, häkelnd, die Maschen betrachtend, die sie mit feinem Garn füllte.
    »Hallo.«
    »Bist du nicht in deine Stadt gefahren?«
    »Es hat nicht geklappt.«
    Dinorá wandte sich wieder ihrer Häkelei zu, beobachtete die Münzen, die in die Pappschachtel fielen, der Eintritt für die Toilette. Das Drehkreuz quietschte bei jedem Rein- und Rauskommen. Júlia setzte sich auf einen Wartesessel, unter die große Uhr, ohne auf die Stundenzeiger zu achten, die von links nach rechts ihre Kreise zogen.
    Sie verharrte still, als sie unter den vielen Menschen die Frau in Violett entdeckte, diesmal in Grün. Sie ging auf eine kniende junge Frau zu, die gerade einem Jungen die Hose wechselte, während ihr Baby im Kinderwagen schlief. Die Frau begann eine freundliche Unterhaltung, die beiden

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