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Fuego, Andréa de

Fuego, Andréa de

Titel: Fuego, Andréa de Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Geschwister des Wassers
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beten konnte. Nico gab ihr recht. Es konnte nur das sein, wenn Geraldo einen Arbeiter wie Timóteo freistellte und auf die andere Seite des Tals schickte.
    »Bist du dort gewesen, Nico?«
    »Ich hab doch nur im Schweinestall geschlafen, Mann.«
    »Hast du Eneido gesehen?«
    »Da war niemand.«
    Tizica wollte Nico weiter über sein Verschwinden ausfragen, sie war die Einzige, der er das zugestand. Und auch nur bedingt, einen Spalt breit, den er gleich wieder verschloss, damit die Spannung nicht nachließ.
    Nico war gerade auf dem Heimweg von der Fazenda Rio Claro, die nun zwei Stunden weiter entfernt lag. Antônio holte Onofre und Anésia aus dem Schlafzimmer, die beiden liefen seit ein paar Tagen, auf wackeligen Beinen, die Füße platt auf der Erde. Gebadet waren sie schon, der Kragen des einen Overalls gelb, des anderen weiß. Er legte sich aufs Wohnzimmersofa, je einen Zwilling neben sich, und wartete auf Nico. Maria holte ein paar frittierte, im eigenen Fett konservierte Schweinefleischstückchen aus der Büchse. Das Schweineschmalz zerfloss in der heißen Pfanne und erhitzte das weiche Fleisch. Zwei Bananentorten kühlten am Fenster ab, ihr lauwarmer Duft stieg hoch bis zu den Vögeln. Als Nico ankam, sah er an der seitlichen Hauswand eine Hüfte, die sich bewegte, größer als die von Maria, viel größer als die von Antônio. Schlimmer noch: Es waren zwei, und sie trugen Röcke.
    Identische Zwillinge, zwei gleich aussehende alte Damen, stahlen gerade die Torten. Mitsamt der Platte steckten sie sie in einen Futtersack. Sie bemerkten Nico nicht und verschwanden im Maisfeld, keine Hüfte ward mehr gesehen.
    Nico trat ein, legte den Hut auf das Sofa, auf dem Antônio und die Kinder lagen, und lief zum Maisfeld. Maria hörte was und ging ans Fenster. Sie sah Nico zwischen den reifen Pflanzen verschwinden.
    »Antônio! Antônio, lauf hinter Nico her, er verschwindet wieder.«
    Die alten Zwillinge rannten auf einem imaginären, nicht auf dem Boden vorgezeichneten Pfad und zerpflückten dabei die noch warmen Torten, indem sie in den Sack griffen und Frucht- und Teigstückchen abrissen. Nico versuchte, dem Bananengeruch zu folgen, doch der Mais war unerbittlich, und so verlor er die geruchliche Spur. Er blieb stehen und wischte sich den Schweiß ab. Auf einem Blatt direkt vor seinen Augen ein Haar, das nicht vom Mais stammte, sondern von einem Menschen, weiß und lang. Blätter raschelten in dem Dickicht, es war nicht der leise Wind, sondern Antônio mit einem Buschmesser, riesenhafter Krieger für die Ameisen, die er auf dem Weg zertrampelte.
    »Hast du mich erschreckt, Nico! Maria ruft dich.«
    Sie kehrten zurück. Maria bemerkte das Fehlen der Torten.
    »Die Alten haben sie mitgenommen, als ich kam, waren zwei unterm Fenster, sie sind mit den Torten abgehauen«, sagte Nico.
    »Diese Woche kommt ein Arzt aus der Stadt, du könntest mal mit ihm reden«, sagte Maria.
    »Sind es zwei? Die habe ich auch gesehen, dort unten am Staudamm, sie haben an der Brücke Wäsche gewaschen. Anscheinend haben sie früher mal für Geraldo gearbeitet, als seine Mutter noch am Leben war«, sagte Antônio.
    Maria atmete erleichtert auf, Nico ebenfalls. Er hatte Angst vor dem, was er sah, war traumatisiert von dem langen Schlaf oder der kurzen Amnesie, und er wusste nicht, was schlimmer war, vergessen oder erinnern.

45. Kapitel
    »KOMM ZUM HINTEREINGANG rein.«
    Ludéria lief durch den Seitenflur des Ladens, vorbei an Türen, hinter denen Besen, Schrubber, Schüsseln, Waschpulver und Getreide gelagert waren. Am Ende angelangt, klopfte sie an eine Tür, über deren Schwelle ein geblümter Teppich lag.
    »Júlia?«
    »Komm rein.«
    Sie setzten sich aufs Bett, über ihnen ein braunes Fenster. Júlia erzählte vom Busbahnhof, von Dinorá, Tadeu, der Frau in Violett, der Pension, der Serra Morena, in die sie nie gelangt war.
    »Bist du den ganzen Tag hier drin?«
    »Ich geh in die Sechsuhrmesse, in die du nicht gehst.«
    Am selben Nachmittag noch erzählte Ludéria alles Leila.
    »Ich nehme sie nie wieder auf, sag ihr das.«
    Júlia fragte Ludéria, die inzwischen mit ihr den Nachmittagsgottesdienst besuchte, nach einem Job. Durch ihre Arbeit auf der Toilette des Busbahnhofs hatte sie besser reden gelernt, sie hatte Deodorants verkauft, Erfahrungen gesammelt. Ludéria fand es schwierig, sie hatte keinen Freundeskreis, aber Messias würde doch bestimmt jemanden kennen.
    »Ich muss arbeiten, Messias, du kennst so viele Leute, braucht da nicht

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