Fuego, Andréa de
jemand eine Putzfrau?«
»So was Hübsches wie du soll putzen gehen, ich geb dir doch alles.«
»Ich brauch das, Messias.«
»Um Geld zu sparen und an diesen Ort zurückzufahren, den es nicht gibt?«
»Ich fahr nie mehr dorthin zurück, das versprech ich dir.«
Messias erinnerte sich an einen Mann seines Alters, Jorge, der immer zu einer Versammlung ging, an einen Ort des Glaubens und der guten Menschen. Jorge hatte schon mal vorgefühlt, ob Messias sich nicht darüber unterhalten wolle. Jorge war ein guter Kunde, er kaufte Riesenstücke vom Stockfisch. Messias sprach offen mit ihm über seine Geschäfte und sogar über Júlia. Er verriet auch, dass er eine Stelle suchte, wo Júlia sicher arbeiten konnte, ohne dass er sie aus den Augen verlor. Jorge war seit über zwölf Jahren Kunde, seit dem Tag, an dem Messias seinen Laden eröffnet hatte. So erschien der stets zuvorkommende Messias, nachdem er ausgefragt hatte und ausgefragt worden war, auf einer der Versammlungen. Er besuchte sie heimlich, jeden Montagabend verließ er den Laden unter dem Vorwand, er hätte Wichtiges zu erledigen.
»Júlia, es gibt da eine gute Stelle zum Putzen für dich, es sind zwei Räume, wenig Arbeit, einmal die Woche, und sie zahlen gut, wäre das was?«
»Und ob.«
Júlia ging morgens hin und blieb drei Stunden, polierte Holzbänke, Marmortische, hinterließ die Spüle, in der kein Geschirr gewaschen wurde, sauber. Sie staubte ein paar Umhänge auf Kleiderhaken ab und wachste den schwarzweißen Boden des ersten Saals. Im zweiten lenkten die an die Decke gemalten Sonnen und Sterne sie ab, wenn sie den Putzlappen auswrang.
»Es nennt sich Freimaurerloge.«
»Kenn ich nicht«, sagte Ludéria.
»Es muss eine Religion sein, denn auf einem der Tische liegt eine Bibel, es gibt Holzbänke wie in der Kirche und Gemälde an den Wänden.«
»Frag Messias, was er dort macht, Júlia.«
»Er hat gesagt, ich kann dort bleiben, wenn ich keine Fragen stelle, er ist mein Chef.«
»Was für ein Glück, Mädchen! Er kümmert sich wie ein Vater um dich, und dann hast du nicht mal eine Chefin. Deine Stunde ist gekommen …«
»Was für eine Stunde?«
»Die des Aufstiegs.«
46. Kapitel
CECILLE UND MARIE litten sehr unter ihrer Niederlage. Sie hatten Antônio nicht zurück in die Klosterschule bringen können. Sie waren im gleichen Alter und hatten dieselben Probleme mit der Leber und der Galle. Viel Likör, wenig Wasser. Kinder, die niemand adoptiert hatte, wurden in der Schule angestellt oder zogen in die Kleinstadt, die seit der Errichtung des Wasserkraftwerks und der Ankunft der neuen Bewohner gewachsen war. Weniger Kinder verwaisten, und die Klosterschule widmete sich wieder ihrer ursprünglichen Aufgabe, der Alphabetisierung und Indoktrination. Da sie beide alt waren, richtete eine Waise bereits das Zimmer für die neue Nonne her, die aus der Ferne kommen und die Verwaltung, die jesuitische Beratung und den Erhalt der moralischen Werte übernehmen sollte. Es roch nach abgestandenem Blumenwasser, bleiernen Briefbeschwerern, schmutzigen Kräutersäckchen in den Schubladen.
Die neue Nonne überquerte auf einem Dampfer das Meer, fuhr auf der Straße weiter bis in die kleine Stadt. Zur Begrüßung gab es Tee und ein Abendessen mit dem Pfarrer. In ihrem Gepäck brachte Françoise Marmelade, Wildpastete und Likörwein mit, sie ging auf die fünfzig zu. Mit ihr kamen zwei Mädchen, die kein Wort der Landessprache verstanden, sie sollten Zweigstellen in benachbarten Städten errichten, so die Direktive, die ihnen bei der Abreise mitgegeben worden war.
»Es gibt viel zu tun«, seufzte Marie.
»Also, wer Sie hört, könnte meinen, dass die Stadt verloren ist, dass die Neuen keine Orientierung erhalten und die Alten die Werte nicht wahren«, warf Françoise ein.
»Man kann nicht alles unter Kontrolle haben«, sagte Cecille zum Schluss.
Die beiden zogen sich gleichzeitig zurück, der Pfarrer blieb noch eine Viertelstunde, erläuterte Françoise ihren neuen Lebensweg. Ein paar Tage später kam der Pfarrer erneut, diesmal um Marie und Cecille das Sakrament für ihren neuen Lebensabschnitt zu erteilen. Sie starben beide am selben Tag, zu unterschiedlichen Uhrzeiten. Zuerst Marie, die unter keinen Umständen Cecilles Leichnam hatte sehen wollen, der in dem mit weißem Leinen gefütterten Sarg jung wirkte.
Geraldo ging zur Totenwache und war einer der Sargträger. Françoise bat ihn um eine private Unterredung in der Klosterschule.
»Ich habe
Weitere Kostenlose Bücher