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Führe mich nicht in Versuchung

Führe mich nicht in Versuchung

Titel: Führe mich nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Byron
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Blick ihrem Bruder zu. »Hast du ihm immer noch nichts erzählt?«
    Bruce zuckte die Schultern. »Da du ja offenbar an Schlüssellöchern lauscht, wirst du mitbekommen haben, dass ich bisher nicht die Gelegenheit dazu hatte. Aber mach nur weiter, kümmere dich nicht um mich. Du schaffst das sehr gut allein.«
    »Erzähl es mir. Sofort«, stieß Max durch zusammengepresste Zähne hervor. Aber er wußte bereits, was er hören würde - kannte die Wahrheit, so gut, wie er Jillian kannte. Schreckensbilder liefen vor seinem inneren Auge ab: Jillian, wie sie zerschunden in der Gosse liegt, Jillian, wie sie von einer Kutsche überrollt wird, Jillian, verloren in der Stadt, und der Gnade derer ausgeliefert, die die Nacht auf der Suche nach Beute durchstreifen. Er presste seine Fingernägel in die Handfläche, um das plötzliche Zittern seiner Hände zu verbergen. »Erzähl es mir«, sagte er im Aufstehen und starrte Bruce über Kathys Kopf hinweg an. Im stillen hoffte er, dass Bruce Kathys Behauptung verneinen würde, denn er konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass Jillian in der Nacht allein durch die Straßen gewandert war.
    Er hätte sie verlieren können.
    Bruce betrachtete ihn nachdenklich. »Jillian hat sich aus dem Haus geschlichen und kam zu Fuß und ohne Begleitung zu mir, um mich um Hilfe zu bitten. Als sie hier ankam, war sie außer sich vor Angst, aber dennoch hat sie darauf bestanden, auf die gleiche Weise wieder nach Hause zurückzukehren, da sie befürchtete, man könne uns sonst entdecken. Sie wollte unbedingt vermeiden, vom falschen Mann - nämlich von meiner Person kompromittiert zu werden. Und bevor du auf die Idee kommst, mir direkt den Kopf abzureißen, darf ich dir versichern, dass ich ihr Smithy nachgeschickt habe, damit sie sicher wieder nach Hause gelangte.«
    »Siehst du nun, wie viel Mut das gekostet haben muss, Max?« fragte Kathy leise.
    Es war purer Irrsinn! Nur im alleräußersten Notfall würde er oder jeder andere vernünftige Mann sich mitten in der Nacht auf die Straße trauen. Im Vergleich mit der Angst, die sich in ihm auszubreiten begann, verblasste all das, was Bruce ihm angetan hatte. Angst um Jillian. Angst, sie zu verlieren. Angst, wirklich allein auf der Welt zu sein. Wenn ihr etwas zugestoßen wäre, hätte ihn dies umgebracht. Und dennoch hatte sie es für ihn getan. Weil sie ihn liebte.
    Oh Gott. Sie liebte ihn mehr als ihr eigenes Leben.
    So, wie er sie liebte.
    So einfach war das - ebenso einfach wie der Satz >Jillie liebt Max<, den sie oben auf ihre Liste gekritzelt hatte.
    Und Max liebte Jillie.
    Er liebte Jillian.
    Der Schock dieser Erkenntnis betäubte ihn schier. Max ließ sich langsam wieder in den Sessel sinken, beugte sich vor und ließ seine Hände zwischen den Knien hinab hängen.
    »Sie hat alles für dich riskiert«, sagte Bruce. »Hat Damiens Zorn in Kauf genommen, ebenso wie deinen Zorn, die Zerstörung ihrer Reputation, sogar ihr Leben hat sie für dich riskiert ... Teufel nochmal, meins auch. Kein Preis war ihr zu hoch.« Er betrachtete seine Nägel. »Obwohl ich überhaupt nicht verstehen kann, warum ein solcher Dummkopf wie du es bist, solch drastische Maßnahmen verdient haben sollte. Ich selbst hätte ihre Zuneigung sehr begrüßt.«
    » Halt die Klappe, Bruce«, erwiderte Max grob.
    »Wende dich nicht von ihr ab, Max«, sagte Kathy. Jue nicht, was dein Vater getan hat. Betrachte ein solches Geschenk nicht als selbstverständlich, so wie er es getan hat.«
    »Wehre dich nicht gegen deine Gefühle, Max«, setzte Bruce mit ernsthaftem Tonfall hinzu.
    »Einen solchen Kampf kannst du niemals gewinnen«, ergänzte Kathy.
    Max sprang auf und eilte zur Tür. Er starrte auf das geschnitzte Holz und nahm wie durch eine Nebelwand wahr, dass Bruce Smithy zurief, den Schlüssel umzudrehen. Sobald sich die Tür vor ihm öffnete, stürzte er blindlings hinaus, verließ das Haus und lief auf seine Kutsche zu.
    Während er auf den Sitz sank, konnte er nur daran denken, wie er in dieser einen Nacht in Jillians Armen Hoffnung geschöpft hatte. Sie hatte ihm zugehört, ihn getröstet, nichts von ihm verlangt, außer seine Gedanken mit ihr zu teilen. Und später, als er mit ihr geschlafen hatte, war ihm bewußt geworden, dass nichts und niemand außer Jillian diese Leere in seiner Seele füllen konnte. Bruce und Kathy hatten recht, er wußte nur, wie man gegen sich selbst kämpft. Und ein solcher Kampf war nicht zu gewinnen.
    Jillian war die einzige, die für ihn kämpfte.

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