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Führe mich nicht in Versuchung

Führe mich nicht in Versuchung

Titel: Führe mich nicht in Versuchung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eve Byron
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einzige Straußenfeder zu Gesicht bekommen.
    Sie hob ihre Röcke vorsichtig in die Höhe, um ja nicht die Fußknöchel zu entblößen und eilte die Vordertreppe ihres Londoner Hauses hinauf. Damien und LadyLou ließ sie an der Kutsche zurück.
    Sie konnte es kaum erwarten, sich umzuziehen. Wenn das Hofprotokoll nicht bis ins kleinste Detail hätte eingehalten werden müssen, wäre sie niemals auf den Gedanken verfallen, einer solch schrecklichen Kostümierung zuzustimmen.
    Das hochtaillierte, weiße Brokatkleid war ein Alptraum aus Pailletten und Reifröcken und Spitze und feinen Rosenknospenzierereien. Ihr einziger Trost war, dass aufgrund der unzähligen Armreifen und Halsketten und Broschen, die sie trug, wohl niemand bemerkt hatte, wie überladen ihr Kleid war. Auch hier war sie gezwungen gewesen, dem Hofprotokoll zu gehorchen und so viel Schmuck zu tragen, wie sie Stellen an ihrem Körper hatte finden können, um ihn festzustecken oder umzuhängen.
    Es war eine seltsame Zeit gewesen. Ihrer aller Leben hatte sich geändert, während alles langsam wieder zum normalen Ablauf zurückgekehrt war. Ihre Väter waren fort, diesmal lediglich für immer. Sie und Damien warteten nicht mehr auf irgendeine Rückkehr ihres Vaters. Max schien den Unterschied überhaupt nicht zu bemerken. Für sie selbst lag der größte Unterschied darin, dass sie scheinbar mühelos davon abgerückt war, an ihre Väter als die Hoheiten zu denken. Seit dem Begräbnis vor einem Jahr waren für sie Max und Damien unwiderruflich mit diesem Titel verbunden. Und zumindest eins war den Vätern gelungen: sie hatten ihre Söhne gut vorbereitet
    »Großer Gott, Pandora, bist du das?«
    Sie blieb erschrocken stehen und erblickte Max, der im Türrahmen des Arbeitszimmers stand. »Ja, ich bin hier drin«, erwiderte sie verdrossen, und aller Mut schien sie plötzlich zu verlassen.
    Das hatte ihr heute noch gefehlt. Wenn sie gewusst hätte, dass Max drei Tage früher aus Bassett House zurückkehren würde, hätte sie den Dienstboteneingang benutzt. Sie bot ein schreckliches Bild. Er hingegen sah in dem feinen, blauen Mantel und den Wildlederhosen, die sich um seinen muskulösen Körper schmiegten, atemberaubend attraktiv aus. Sein Haar schien glänzender, und seine saphirblauen Augen schienen klarer, schärfer, kritischer zu blicken, als noch vor kurzer Zeit.
    Sie fragte sich, ob sie sich auch verändert hatte. Wenn sie in den Spiegel blickte, sah sie nichts weiter als schwarze Haare und grüne Augen. Kaum bemerkenswert - bis auf die Tatsache, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes bis zu den Augenbrauen aufgetakelt bin, dachte sie und war sich Maxens prüfendem Blick sehr bewußt.
    Noch vor einem Jahr hätte es ihr nichts ausgemacht, wenn sie Max in dieser Aufmachung begegnet wäre. Sie hätte sich, ohne etwas um ihr Aussehen zu geben, in seine Arme. geworfen. Aber das war vor einem Jahr gewesen, und inzwischen hatte sich viel verändert.
    Sie war in Max verliebt und haßte sich dafür.
    Im vergangenen Jahr hatte sie endlose Qualen gelitten, weil ihr nicht in den Kopf wollte, wie sie sich plötzlich in einen Menschen verlieben konnte, den sie doch schon immer geliebt hatte.
    Die Gefühle, die seine Berührungen an dem Tag in ihr erweckt hatten, als er ihr Haar flocht, hatten sich in eine große Sehnsucht verwandelt. Sie riefen einen Schmerz in ihrem Herzen wach, der besänftigt wurde, wenn Max sich in ihrer Nähe aufhielt und wieder aufflammte, sobald er fort war.
    »Nun hör schon auf zu starren, Max«, warnte sie ihn. Der amüsierte Ausdruck in seinen Augen, mit dem er ihre Kostümierung betrachtete, verletzte sie tief. Er hatte sie zwei Wochen nicht gesehen, und nun tat er nichts weiter, als sie auszulachen.
    »Das kann er nicht, Jillie«, kicherte Damien, der jetzt mit LadyLou die Eingangshalle betrat. »Deine Zurschaustellung der Westbrook-Juwelen ist einfach zu umwerfend.«
    »Ehrlich gesagt hatte ich die Juwelen überhaupt nicht bemerkt«, erwiderte Max, und seine Mundwinkel zitterten, obwohl er sich alle Mühe gab, ein Lachen zu unterdrücken. »Ich komme einfach nicht über diese blumige, fedrige Ungeheuerlichkeit auf ihrem Kopf hinweg.«
    »Erinnere mich bloß nicht daran«, sagte sie und wünschte sich von ganzem Herzen, dass sie eines der Kleider tragen würde, die der Modist nach ihren Vorgaben angefertigt hatte. Vielleicht hätte Max ihre Erscheinung dann nicht als so lächerlich empfunden. Sie zwang sich zu einem Lächeln, zwang sich, in der

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