Führe mich nicht in Versuchung
Gelegenheit andere Unterhaltung zu suchen. LadyLou wird jeden Augenblick von ihrem Einkauf zurückkommen, und wir erwarten Gäste.«
»Ach, wirklich«, sagte Damien. »Wen denn?«
Jillian rümpfte die Nase. »Lady Arabella Seymour und ihre Tochter, Melissa.«
»Oh, Gott. Warum um Himmels willen hat LadyLou sich hinreißen lassen, sie zu empfangen?« stöhnte Damien.
Jillian zuckte die Schultern. »LadyLou empfängt sie nur, wenn es ihr zu peinlich ist, eine weitere Karte mit einer Absage zu senden.«
»Ach ja, das übliche Ritual«, sagte Damien. »Sie lässt ihre Karte da und LadyLou antwortet mit einer Karte und dann geht es so weiter, bis LadyLou schließlich nachgibt.«
»Genau«, stimmte Jillian ihm zu. »Es ist alles ausgesprochen albern, wenn du mich fragst. Es wäre gar nicht so schlimm, sie zu empfangen, wenn Lady Seymour mir nur einmal die Gelegenheit geben würde, Melissa kennenzulernen.«
»Ach ja, Melissa«, sagte Max.
»Kennst du sie etwa?« erkundigte sich Jillian
»Großer Gott, nein.«
»Arabella hat die gesamte Saison vor dem Tode der Majestäten damit verbracht, uns bei jeder Gelegenheit daran zu erinnern, dass die entzückende Melissa debütieren wird«, erläuterte Damien.
»Du verdrehst mal wieder alles, Damien«, korrigierte Max. »Es muss heißen, die herzallerliebste Melissa.«
Jillian unterdrückte ein Kichern über die Art und Weise, wie sie sich über Lady Seymour lustig machten. Aber ein seltsames, erwartungsvolles Prickeln lief ihr den Rücken hinunter. Natürlich kannten sie die schöne Lady Seymour, aber die jungen Männer waren Melissa bisher noch nicht vorgestellt worden, da deren Debütantinnenball in die Trauerzeit gefallen war.
Sie würden überrascht sein. Melissa war eine echte, klassische Schönheit mit hohen Wangenknochen, strahlendblauen Augen, die von dunklen, fein geschwungenen Augenbrauen umrahmt wurden. Sie hatte langes,
üppiges blondes Haar. Jillian schämte sich, es zuzugeben, aber wenn es nach ihr ginge, müssten sich Max und Melissa gar nicht erst kennenlernen. Und sie würde wohl früher oder später herausfinden müssen, ob Max eine Vorliebe für Blondschöpfe hatte.
»Werdet Ihr uns Gesellschaft leisten?« fragte sie.
»Auf keinen Fall, Pandora«, antwortete Max. »Arabella gehört nicht gerade zu meinen Lieblingszeitgenossen.«
»Tja, mit dieser Meinung stehst du wohl nicht allein da«, erwiderte Jillian, wandte sich um und verließ den Raum. Sie war enttäuscht und erleichtert zugleich, dass Max nicht anwesend sein würde. Lady Seymour besaß ein besonderes Talent, sie schlecht aussehen zu lassen, während sie ihre Tochter ins rechte Licht rückte.
Sie eilte die Treppe hinauf und rief unterwegs nach Clancy. Sie beabsichtigte, eines ihrer neuen Kleider zu tragen. Das mit dem kräftigen Rosa war sehr schön und kam den zur Zeit aktuellen Pastelltönen, die an ihr so schrecklich aussahen, wenigstens nahe. Sie hatte LadyLou versprochen, in Lady Seymours Gegenwart ihre Zunge im Zaum zu halten und auf ihre Manieren zu achten, um dieser Frau so wenig Gelegenheit wie möglich zu geben, sie zu kritisieren.
»Lady Jillian«, sagte Jacobs, ihr Butler im Londoner Haus, als sie in dem neuen Kleid die Eingangshalle durchquerte. »Die Seymours sind eingetroffen und LadyLou ist noch nicht von ihren Einkäufen zurückgekehrt.«
»Oh je«, murmelte sie. Aber plötzlich kam ihr ein Gedanke. Ohne LadyLous Anwesenheit konnte sie Lady Seymours Beleidigungen ohne schlechtes Gewissen parieren. Was LadyLou nicht wusste, konnte ihr auch keine Sorgen bereiten. »Sind die Herzöge immer noch hier?«
»Ja, Mylady, sie befinden sich im Ballsaal.«
»Geleiten Sie Lady Seymour und Lady Melissa in den Salon und richten Sie ihnen aus, dass ich in Kürze eintreffen werde.« Sie schritt am Butler vorbei, blieb aber noch einmal stehen und sagte: »Jacobs, lassen Sie bitte etwa Tee und Kuchen servieren.«
»Jawohl, Mylady«, erwiderte er und runzelte angesicht dieser ungewöhnlichen Bitte die Stirn. Bei solchen Anlässen wurde für gewöhnlich nie etwas serviert. Aber Jillian hoffte, dass Lady Seymour keine Gelegenheit haben würde, so viel zu reden, wenn sie den Mund voll hatte.
Als Jillian im Ballsaal ankam, hatte sie das Gefühl, al wäre sie meilenweit gelaufen. Max und Damien standen in der Mitte der Tanzfläche und unterhielten sich leise, während Max eifrig etwas auf ein Blatt Papier schrieb. Damien nahm ihm das Blatt ab, lächelte breit und nickte während Max eine
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