Führe mich nicht in Versuchung
Jillie?«
Max warf ihm einen düsteren Blick zu. »Kannst du nicht bis morgen warten, um mit ihm zu reden? Es gehört sich nicht, dass ich Jillian beaufsichtige.«
»Ich weiß«, stimmte ihm Damien zu, »aber da ich ganz in der Nähe bin, können wir es wohl ausnahmsweise einmal durchlassen ... insbesondere, wenn du mit ihr tanzen würdest.«
Jillians Zorn wuchs, weil sie sich über ihren Kopf hinweg über sie unterhielten, als sei sie gar nicht anwesend. Wie konnten sie es wagen, die Regeln zu brechen, wenn es ihnen zum Vorteil gereichte und sie herunterzuputzen, sobald sie selbst nur ein wenig davon abwich? Warum schickten sie sie nicht gleich in den Aufenthaltsraum für Damen, wo sie sie nicht weiter stören würde?
»In Ordnung«, sagte Max. »Dieses eine Mal soll es ausnahmsweise so sein.«
Damien nickte und schritt davon. Jillian war fürchterlich erbost darüber, dass sie einfach übergangen wurde. Sie starrte ihm nach. Die hässliche Bemerkung, die sie hatte sagen wollen, lag ihr immer noch auf der Zunge. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie, wie Lady Judith Max zulächelte ... und Max lächelte zurück. Das Orchester hob zu einem Walzer an.
»Lass uns tanzen, Jillian, damit jeder sehen kann, dass ich nicht lahm bin.«
»Warum bittest du nicht Judith?« erkundigte sich Jillian gereizt. Sie war es leid, ihre Gefühle zu verbergen, wenn alle sich das Recht nahmen, die ihren zu zeigen.
»Judith Cecil?« fragte Max und blickte sie mit einem verwirrten Gesichtsausdruck an.
»Ach, schon gut«, erwiderte sie schnell, als sie sah, dass Lady Seymour und Melissa auf sie zukamen - zwei weitere schöne Blondinen. »Tanzen wir nun oder nicht?« fügte sie hinzu.
Max verdrehte die Augen und verbeugte sich. Sein Verhalten war ein wenig zu herablassend für ihren Geschmack, aber Seymour nahte mit alarmierender Geschwindigkeit und veranlasste Jillian, seinen Arm zu ergreifen und sich von ihm zur Tanzfläche geleiten zu lassen.
»Wirst du mir nun erklären, was das eben sollte?« fragte er, während sie sich zu dem Walzer im Kreis wiegten.
Jillian seufzte, und ihr Zorn verrauchte, als sie den besorgten Ausdruck in seinen Augen sah. Das war der Max, den sie kannte. Der Max, der sich um ihre Gefühle sorgte. Sie hatte ihn vermisst. Außerdem hatte er ihr nun eine wunderbare Gelegenheit verschafft, um genau herauszufinden, was er über sie dachte. »Ich tue mir irgendwie selbst leid«, gestand sie offen ein. »Bis zum heutigen Abend war mir nicht bewußt, wie blass ich eigentlich im wörtlichen Sinne - wirken muss.«
»Wovon um Himmels willen sprichst du?« fragte Max, aufrichtig verwirrt.
»Zwischen all diesen blondgelockten Schönheiten komme ich mir wie eine Schornsteinfegerbürste vor.«
»Was für ein Blödsinn!« erwiderte Max und blickte ihr ins Gesicht. »Du bist wunderschön, das weißt du.«
Wie gerne würde sie glauben, dass er es ernst meinte. Aber sie hatten sich schon zu oft auf diese Weise aufgezogen. »Es gibt wirklich keinen Grund für Platitüden, Max«, sagte sie.
»Beschreibe mir doch einmal die beiden schönsten Damen hier, ohne mir ihre Namen zu nennen«, verlangte er. »Sag mir nur, wie sie aussehen.«
Jillian dachte sofort an Lady Judith und Melissa. »Sie haben beide blonde Haare und blaue Augen.«
»Und weiter?« drängte er.
Sie zögerte lange Zeit, während sie in Gedanken die Gesichter der beiden vor Augen hatte und sie nach besonderen Merkmalen durchforschte.
»Es ist wahrscheinlich ganz so, als versuche man einen Teich voller Schwäne zu beschreiben«, kam ihr Max zu Hilfe.
»Ja, das ist es«, stimmte sie zu und blickte zu ihm auf. Er schaute sie aufmerksam an, und studierte ihr Gesicht genau. Sein Blick verharrte an verschiedenen Stellen, als unternehme er einen geruhsamen Spaziergang und erfreue sich an der schönen Umgebung.
»Du hast Glück, dass du ein schwarzer Schwan bist«, sagte er schließlich. Sie hatte das Gefühl, als gleite Seide über ihre Haut.
Ihre Knie wurden weich, und sie schien nicht genug Luft zu bekommen. Er sah sie - er sah sie wirklich. Ihr Blut kam ihr wie warmer Honig vor, und sie schloss die Augen, genoss ihre Freude und das Wunder des Augenblicks, während sie weiter in seinen Armen durch den Saal schwebte, ein eleganter schwarzer Schwan, der in seinen Augen einzigartig war.
»Bin ich das wirklich für dich?« fragte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern.
Die letzten Klänge des Walzers erfüllten die Luft, und Max riss mit verstörtem
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