Fuehrungs-Spiel
eigentlich nicht zur Disposition gestellt werden sollte, muss umgelernt werden.
Vertrauen schenken, Vertrauen empfangen
Vertrauen erfordert von der Führungspersönlichkeit in aller Regel mehr Disziplin als von den ihr anvertrauten Menschen. Vertrauen zu schenken ist ein weit komplexerer Vorgang, als Vertrauen zu empfangen. Vertrauen bedeutet nicht zuletzt, anderen Menschen Sicherheit zu geben, denn in einer Atmosphäre der Bedrohung kann kein Vertrauen entstehen. In jedem Fall aber braucht es Signale des Vertrauens, verbale und auch nonverbale, wie oben geschildert. Diese auszusenden genügt allerdings nicht – sie müssen auch ankommen (vergleiche »Prolog: Kommunizieren – Information entsteht beim Empfänger«). Und genau hier scheitert das Projekt »Ver trauen« häufig, ohne dass die Führungsperson dafür verantwortlich sein muss. Denn ob eine Person fähig ist, Sicherheitssignale zu empfangen, ist abhängig von einer Vielzahl von nicht beeinflussbaren Faktoren. Diese können biografisch bedingt sein (gute/schlechte Erfahrung) oder auch aus aktuellen Entwicklungen abgeleitet werden (zum Beispiel Konkurrenzsituation innerhalb eines Teams). Daraus ergibt sich eine klare Schlussfolgerung: Nicht jedes Teammitglied kann mit Vertrauen zu einer Leistungssteigerung veranlasst werden. Neben der Biografie des Einzelnen muss die Führungsperson auch die Situation innerhalb der Gruppe berücksichtigen.
Das Ziel von Vertrauen muss demzufolge sein, das Gefühl der Bedrohung bei einer Person zu minimieren, besser noch: ganz zu eliminieren. Oft fühlen sich Personen bedroht, obwohl tatsächlich keine Gefährdung besteht. Der Job ist sicher, obwohl ein neuer Kollege eingestellt wird. Die Position in der Mannschaft ist nicht gefährdet, obwohl der Trainer individuelle Sonderschichten verlangt. An dieser Stelle kommt das Drei- Phasen-Modell des Vertrauensaufbaus von Franz Petermann zum Tragen. Es unterteilt sich in die folgenden Phasen:
Phase 1 : Herstellen einer verständnisvollen Kommunikation
Phase 2 : Abbau bedrohlicher Handlungen
Phase 3: Gezielter Aufbau von Vertrauen
In diesem Modell ist die jeweils vorausgehende Phase notwendig für die nachfolgende, nicht jedoch hinreichend. Das bedeutet, dass das Durchlaufen der vorherigen Phase nötig ist für das Durchlaufen der nächsten Phase, nicht aber zwangsläufig zur nächsten Phase führen muss. In der ersten, der »konstituierenden« Phase wird die Basis gelegt für den weiteren Weg. Es kommt zu »vertrauensbildenden Maßnahmen«. In einem Zweiergespräch, mit intensivem Blickkontakt, vorausgesetzt , eine entsprechende Vertrautheit besteht bereits und ist der Situation angemessen. Unterstützt durch punktuellen Körperkontakt (Hand auf die Schulter) kann die persönliche Zuwendung ausgedrückt und das Vertrauen buchstäblich greif- und fühlbar gemacht werden. In einem solchen Gespräch müssen die bedingungslose Unterstützung, das Vertrauen in die Entwicklungsfähigkeit, aber auch das Ziel, die Leistungssteigerung, klar benannt werden. Niemals darf der letztlich professionelle, zielführende Charakter einer solchen Maßnahme aus dem Blickfeld geraten – bei beiden Teilnehmern des Gesprächs. Dies erfordert von der Führungsperson ein hohes Maß an Konzentration und Empathie. Niemals sollten solche Gespräche unter Zeitdruck oder zwischen anderen, emotional beanspruchenden Terminen stattfinden. Nur wer seinem Gegenüber in diesem entscheidenden Augenblick die volle, ungeteilte Aufmerksamkeit widmet, wird den Grundstein für weitergehendes Vertrauen legen können.
Phase zwei dient dann dem Abbau von als bedrohlich empfundenen Handlungen. Natürlich kann eine solche vertrauensbildende Maßnahme einem Teammitglied gegenüber nicht zu einer offensichtlichen Sonderbehandlung führen. Im Kontext der Gruppe muss also auf maximale, nicht auf absolute Gleichbehandlung geachtet werden. Dadurch kann das individuelle Vertrauensverhältnis belastet werden (Näheres dazu im Abschnitt »Differenzieren: Individuell statt gleich«). Die Führungsperson signalisiert in dieser Phase immer wieder, dass der eingeschlagene Weg fortgesetzt wird, erläutert über das normale Maß hinaus die Motive des eigenen Handelns und fordert aber auch ein entsprechendes Feedback ein: Wird noch Bedrohung empfunden? Gibt es noch Verunsicherungspotenzial?
Die dritte und letzte Phase betrifft schließlich den gezielten Vertrauensaufbau. Dazu bedarf es eines ausgeklügelten, auf die Bedürfnisse und
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