Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fuehrungs-Spiel

Fuehrungs-Spiel

Titel: Fuehrungs-Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Peters , Hans-Dieter Hermann , Moritz Mueller-Wirth
Vom Netzwerk:
Möglichkeiten abgestimmten »Leistungskatalogs«. Dieser muss für den Betroffenen transparent, er muss aber vor allen Dingen überprüf- und bewältigbar sein. Nur wer die subjektive Erfahrung einer Leistungssteigerung macht, wird auch das durch einen Vorgesetzten in ihn gesetzte Vertrauen als gerechtfertigt betrachten – und sich auf diese Weise zu weiteren Leistungssteigerungen veranlasst sehen. Vertrauen gründet also in hohem Maße auch auf Selbst vertrauen.
    Vertrauen, das lässt sich zusammenfassend sagen, ist als Führungsmethode fragil. Im Gegensatz zu anderen Themen dieses Buches können hier nur bedingt konkrete Verhaltensvorschläge gemacht werden. Vertrauen versteht sich – auch im Bereich der Führung – als Prozess, der viele Gefahren birgt, nicht zuletzt eine besonders gravierende, nämlich die der Enttäuschung. Besonders für Menschen, die in oder mit Gruppen arbeiten, ist Vertrauen eine enorme Herausforderung – berührt sie doch den sensibelsten Punkt einer solchen Konstellation: die Beziehung zum Einzelnen als Individuum im Kontext, ja in Konkurrenz der Beziehung zur Gruppe als Gemeinschaft.
    Vertrauen, so wie ich es hier beschrieben habe, kennt nur wenige Regeln, es ist individuell, fordert und fördert Gefühle, ist nicht immer gerecht, braucht Nähe und birgt erhebliche Gefahren. Vertrauen ist kein Allheilmittel für die Arbeit mit Teams. Wer jedoch bereit ist, das Wesen des Vertrauens zu nutzen, um sich und andere gezielt herauszufordern, der wird erleben: Vertrauen bedeutet mehr Gewinn.

Entscheiden: Wer auswählt, verletzt
    Ein Beispiel aus der Praxis
    Da saß ich also nun auf meinem Fahrrad und fuhr wie ferngesteuert durch den Stadtwald von Krefeld. Vor ein paar Minuten hatte ich bei mir zu Hause den Telefonhörer aufgelegt. Also, eigentlich hatte nicht ich ihn aufgelegt, der Hörer wurde mir gewissermaßen aufgelegt, von meinem Gesprächspartner nämlich, der unser Telefonat beendet hatte. Es war schon unser zweites Telefonat an jenem Tag gewesen. Schon das erste war hart, vielleicht das härteste, das ich als Trainer jemals geführt hatte, aber ich wusste, es würde noch ein zweites geben. Jetzt aber, als Mike Green den Hörer aufgelegt hatte, wusste ich: Die schwerste Entscheidung meines Trainerlebens war vollzogen.
    Green, ein farbiger Deutsch-Amerikaner, war einer meiner Spieler, die ich am längsten kannte, die ich am meisten mochte und denen die Mannschaft und ich am meisten verdankten. Wir waren zusammen zweimal Weltmeister geworden, mit den Junioren und dann 2002 in Kuala Lumpur. Green war ein Außenverteidiger, wie ich vorher noch keinen gesehen hatte: ein hundert prozentig zuverlässiger Abwehrspieler. Mit verblüffender Intelligenz und Cleverness griff er den besten Stürmern die Bälle ab, mit einem siebten Sinn ahnte er brenzli g e Situationen voraus, besonders in ganz engen Situationen kam keiner an ihm vorbei. Ein »Abwehrbrett«, wie wir sagten. Green war groß gewachsen, sah bestechend gut aus, die Frauen lagen ihm zu Füßen, die Medien liebten ihn. Auch in der Mannschaft war er äußerst beliebt. Zuletzt hatte er das wieder 2003 bewiesen bei der Europameisterschaft, als er unseren Sieg im Finale rettete. Zu diesem Zeitpunkt war er bereits Assistenzarzt am Krankenhaus in Hamburg-Eppendorf. Neben seiner Karriere als Hockeynationalspieler hatte er sein Medizinstudium durchgezogen, auf den Flügen mit der Mannschaft um die Welt hat er sich auf Physiologie- und Anatomieprüfungen vorbereitet, er joggte viele Kilometer von zu Hause ins Klinikum und wieder zurück, um sich fit zu halten, quälte sich mittags dort im Kraftraum. Zuletzt hatte er sich sogar von seinem Chefarzt beurlauben lassen, um sich ganz auf seinen letzten großen Traum vorzubereiten: die Teilnahme an den Olympischen Spielen von Athen. Es sollte sein letztes großes Turnier werden, der große Abschied eines großen Spielers.
    All dies geschah nicht. Gerade eben hatte ich ihm diesen Traum zerstört. In zwei Telefonaten. Ich hatte ihm mitgeteilt, dass ich mich gegen ihn entschieden hatte und stattdessen für Eike Duckwitz, einen jungen, vergleichsweise unerfahrenen, schüchternen, verschlossenen Mann, der weder in der Mannschaft noch bei der Presse noch im Hockey-Verband eine Lobby hatte. Die Maßgaben für meine Entscheidung hatte ich vor den beiden Konkurrenten, auch vor der Mannschaft, transparent gemacht. Beide spielten als linke Verteidiger, beide konnten auf keiner anderen Position spielen, beide

Weitere Kostenlose Bücher