Fuehrungs-Spiel
Ich bin sicher, wir haben als Team das Potenzial, jetzt weiter zuzulegen.« Dabei ist es wichtig, neben dem gesprochenen Wort auch eine eindeutige, beruhigende, selbstsichere Körpersprache zu entwickeln, die Spieler und das gemeinsame Ziel im wahrsten Sinne des Wortes fest im Blick zu haben. Dass ich dabei authentisch und vertrauenswürdig gewirkt habe, das haben mir meine Spieler oft bestätigt.
Im Abschnitt »Trainer brauchen Trainer« schildere ich in diesem Kapitel an anderer Stelle, wie ich mir diese Fähigkeiten, Selbstsicherheit auch in Phasen des (Selbst-)Zweifels auszustrahlen, in Fortbildungsveranstaltungen und im Gespräch mit unseren Teampsychologen aneignete. Parallel dazu gefiel es mir jedoch, meine Wirkung auf andere in den Medien zu testen. In Fernseh- und Rundfunkauftritten, aber auch als Redner auf Podien und Bühnen konnte ich immer wieder zu meinem Profil und meinen Prinzipien als Trainer Stellung beziehen. Ich merkte, dass die Aufmerksamkeit besonders hoch war, wenn ich über die Persönlichkeitsentwicklung meiner Spieler und über unser Vertrauensverhältnis sprach. Durch solche Medienauftritte wurde nicht nur mein Selbstbewusstsein in der Sache gestärkt, sondern auch das als Redner und Präsentator meiner Trainingsmethoden.
Mit noch so vielen Interviews und Coaching-Sitzungen durch unsere Psychologen hätte ich jedoch den entscheidenden Motor für mein Selbstbewusstsein nicht ersetzen können: den Erfolg selbst, insbesondere den überraschenden, von wenigen erwarteten Erfolg. Schon als ich im Jahr 1990 von meinem extrem erfolgreichen Vorgänger Paul Lissek das Juniorenteam übernahm, rechneten die meisten im Verband und in der Öffentlichkeit damit, dass es nicht einfach wäre, weiter so erfolgreich zu sein. Als wir dann, nach kleineren Mühen in den Monaten davor, 1993 Weltmeister wurden, waren die schönsten Komplimente jene, in denen es hieß: »Solch einen Erfolg mit den Junioren hätte ich dir als Trainer nicht zugetraut!« Es führt nichts daran vorbei: Leistungssport ist vor allem Ergebnissport. Allgemein gesprochen: Wer Ziele hat, muss sich an Ergebnissen messen lassen. Jedes gewonnene Finale, jedes erreichte Ziel steigert, jedes verlorene schwächt das Selbstvertrauen des Trainers und jeder Führungspersönlichkeit. So wuchs auch mein Selbstvertrauen gewiss durch die immer größer werdende Zahl an gewonnenen Endspielen.
Womit wir wieder beim Kreislauf des (Selbst-)Vertrauens wären: Diese Erfolge bestärkten mich in meiner Arbeit, aber auch die Spieler in ihrem Glauben, dass mein Weg der richtige sei. Diese Gewissheiten übertrugen sich von den Spielern auf mich und von mir wieder auf die Spieler.
Für mich selber jedoch stand der nächste Schritt an: Ich wollte mir beweisen, dass mein Vertrauen in meine Fähigkeiten als Trainer nicht mehr nur von den Ergebnissen des Teams abhing. Ich wollte also, dass ich selber meiner Arbeit und meinem Führungsspiel, unabhängig von Siegen und Titeln, vertraute. Ich strebte ein von äußeren Faktoren unabhängiges Selbstvertrauen an. So stellte ich als Teilnehmer eines Seminars für mentales Coaching auf Rügen 2001 eine Art Kanon meiner Fähigkeiten als Trainer zusammen, entlang der Anfangsbuchstaben meines Vornamens.
Diese Liste und die beiden Sätze darunter habe ich dann bei Bedarf immer wieder durchgelesen und in meinem Kopf abgespeichert. Besonders in schwierigen Phasen habe ich sie mir immer wieder – buchstäblich – vor Augen geführt. Mit der Zeit wuchs auf diese Weise das Gerüst meines Selbstvertrauens. Es war und ist immer wieder Schwankungen unterworfen und erlebt gelegentlich auch Erschütterungen. Dass dieses Gerüst nicht mehr zusammenbricht, wie manchmal zu Beginn meiner Karriere, liegt an einer wichtigen Erkenntnis: Verantwortlich für mein Selbstbewusstsein bin vor allem – ich selbst.
Work-Life-Balance: Das private Umfeld als Erfolgskriterium
Was gibt es nicht alles für Klischees, wenn es um die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, von Karriere und Familie geht. Bei öffentlichen Karrieren oder – insbesondere männlichen – Erfolgsgeschichten hört sich das dann oft so an: »Ohne meine Frau wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen.« Wenn ich solche Sätze höre, denke ich oft zweierlei: Auf der einen Seite graut es mir oft bei dieser männlichen Selbstherrlichkeit. Auf der anderen Seite kommen mir diese oder ähnliche Sätze auch selbst in den Sinn und gelegentlich höre ich mich sie auch sagen. Mit
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