Fuehrungs-Spiel
meinem Leben und ich wollte selbst entscheiden zu gehen, am liebsten, wenn es am schönsten war.
Dass mir das durch den unglaublichen Sieg im WM-Finale am letzten Tag meiner Arbeit vergönnt war, dafür bin ich ewig dankbar und empfinde es als unbeschreibliches Glück. Im Epilog beschreibe ich ausführlich, wie – schon drei Monate vor Beginn des Turniers – die Verbindung zu 1899 Hoffenheim, ihrem Förderer, dem Unternehmer Dietmar Hopp, und dem Trainer Ralf Rangnick zustande kam und wir uns einig wurden. Hier nur so viel: An diesem ambitionierten Projekt mit hoch kompetenten Mitstreitern als Direktor für Sport und Nachwuchsförderung teilnehmen zu können, war für mich als nächster Schritt in meiner beruflichen Entwicklung absolut ideal, eine glückliche Fügung: Mein jetziger Job ist breiter angelegt als mein vorheriger, und doch kann ich mit meinen Prinzipien, Erfahrungen, Vorstellungen und nicht zuletzt mit meiner Philosophie der emotionalen Führung in diesem Bereich viel bewegen.
Was aber wäre passiert, hätte es dieses konkrete Angebot von Dietmar Hopp nicht gegeben? Und wären die anderen oben skizzierten Alternativen aus diesem oder jenem Grund auch nicht mehr aktuell gewesen? Und was wäre gewesen, was hätte es in mir ausgelöst, wenn wir mit dem Team bei der Hockey-WM den Einzug ins Halbfinale verpasst hätten? Eine ehrliche Antwort? Obwohl ich klar spürte, dass meine Grenzen der Motivation erreicht waren, wäre der Preis, ohne Job dazustehen nach der Weltmeisterschaft, für meine Familie und mich zu hoch gewesen. Ich hatte im Frühjahr großen Respekt vor diesem Szenario, aber ich hätte es mit Disziplin geschafft, mich und das Team auf die Olympischen Spiele von Peking 2008 vorzubereiten und zu motivieren. Es ist für alle gut, dass es anders gekommen ist.
EPILOG
Zu Hause in der Fremde: Wie aus zwei Affären mit dem Fußball eine stabile Beziehung wurde
Hockey war mein Leben. Ich war 20 Jahre Hockeytrainer, wurde fünf Mal Weltmeister, wir spielten in Kuala Lumpur, Athen, Johannesburg, Melbourne und Karachi. Die Gegner hießen Indien, Pakistan, Spanien, Argentinien oder Australien. Seit September 2006 bin ich Angestellter eines Fußballvereins. Er heißt: Turn- und Sportgemeinschaft 1899 Hoffenheim. Hoffenheim ist ein Dorf, es liegt zwischen Heidelberg und Heilbronn. Es hat etwa 3000 Einwohner. Damals, als ich dort anfing, spielte der Verein in der Regionalliga Süd, wir spielten in Wehen, Pfullendorf und gegen die zweite Mannschaft des V f B Stuttgart. Inzwischen sind wir in die Zweite Liga aufgestiegen. Ich arbeite dort nicht als Trainer, sondern als Direktor für Sport- und Nachwuchsförderung. Meine Familie, meine Frau Britta und die Kinder, sind, nachdem wir 24 Jahre in Krefeld gewohnt haben, mit mir nach Heidelberg gezogen. Aber: Ist jetzt Fußball mein Leben?
Über die Beziehung vom Hockey zum Fußball lässt sich viel sagen, auch über meine Beziehung zum Fußball. Wunderbar könnte ich jetzt beschreiben, warum es ganz unweigerlich so kommen musste, dass ich irgendwann die Wutausbrüche auf der Trainerbank, die Kabinenansprachen und die »Schweinelehrgänge« gegen ein schönes Büro eintauschen würde, dazu eine nette Assistentin gegen Jugendförderprogramme und lange Sitzungen, in denen über Trainerausbildungskonzepte geredet wird. Um es kurz zu machen: Ich könnte beschreiben, dass auch für mich, wie für viele Trainer, der Fußball eine Sehnsucht war, das Ziel meiner Träume. So könnte ich das beschreiben, aber es wäre nicht die Wahrheit.
Die Wahrheit ist: Nichts musste so kommen. Und doch war mir schon lange vor dem zweiten Weltmeistertitel mit der Herren n ationalmannschaft klar, dass ich mich in meinem Berufsleben noch einmal umorientieren wollte, hin zu etwas Neuem, hin in eine andere Umgebung, um mich weiterzuentwickeln und: um weiter zu lernen. Dass ich dabei beim Fußball landete, lag nicht wirklich fern. Schließlich gibt es, von der Zahl der Spieler über die Spielfeldgröße bis hin zu Taktik- und Trainingsmethoden, viele Parallelen zwischen beiden Sportarten. Außerdem betrachtete ich den Fußball und seine Trainer immer schon mit einer Mischung aus Begeisterung und Skepsis. Was mir auffiel: Die Ausbildungszeit war extrem kurz, jedenfalls im Vergleich zu allen anderen olympischen Mannschaftssportarten, bei denen Trainer eine zweijährige Ausbildung an der Trainerakademie zu durchlaufen haben. Hier ein paar Blockseminare, dort ein paar Lehrgangswochen, schon
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