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Fünf alte Damen

Fünf alte Damen

Titel: Fünf alte Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Gruhl
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es sich so verhält, Kollega—
dieser Herr ist bei mir gewesen. Am Dienstag. Ich habe ihm die Auskünfte
gegeben, die ich zu geben für notwendig hielt.»
    Mein Hals war etwas trocken bei der
nächsten Frage. Der Umgang mit den vielen alten Leuten machte mich schüchterner
als sonst.
    «Sie haben doch sicher auch die
Möglichkeit eines unnatürlichen Todes verneint— ich meine, für den Fall, daß
der Herr Krompecher auch noch zu mir kommen sollte— »
    «Ich habe sie verneint, Kollega», sagte
Koch gemessen. «Voll und ganz verneint. Ich halte es nicht für meine Aufgabe,
Hirngespinste zu fördern.»
    «Recht herzlichen Dank!» rief ich.
«Vielen Dank für Ihre Auskunft, Herr Doktor. Entschuldigen Sie, wenn ich Sie
damit aufgehalten habe— »
    «Meine Grüße an Fräulein Groß», sagte
er ungerührt. «Auf Wiederhören, Kollega.»
    Das Knacken unterbrach meine
Entgegnung.
    Mit zwei Fingern legte ich den Hörer
auf seinen Platz und kippte mit dem Sessel hintenüber.
    Wieder kein Bundesgenosse.
    ‹Ich habe sie verneint, Kollega. Voll
und ganz verneint.»
    Sah wirklich so aus, als ob ich der
einzige Verrückte wäre.
    Die Tür draußen wurde geöffnet und
knallte zu.
    Mechthild war zurück.
    «Bin wieder da.»
    «Schon gehört. Was sagt der Apotheker?»
    «Viele Grüße.»
    «Ich haue gleich ab, Mechthild.
Besuchstasche klar?»
    «Alles drin. Essen Sie nicht?»
    «Unterwegs», sagte ich.
    Als ich abfuhr, sah ich Mechthild am
Fenster des Wartezimmers. Sie stand da, ganz unabsichtlich, und dann sah sie
mich und winkte mir zu, als wollte sie mir Glück wünschen für das, was ich
vorhatte.
    Ich mußte ins Zentrum. Mein Wagen fiel
dort noch mehr auf als in unserem friedlichen Bezirk. Die Modelle, zwischen
denen ich parkte, waren so stolz wie der Parkwächter.
    Seine Stimme verriet Mißbilligung.
    «Bleiben Sie lange hier?»
    «Wie lange darf ich denn?»
    «Über Nacht kostet’s zwei Mark, Herr.»
    Es machte ihm sichtlich Mühe, mich als
Herrn einzustufen.
    «Hab schon teurere Nächte erlebt», sagte
ich. «Nee, höchstens ‘ne Stunde.»
    «Eine Mark.»

    Ich zahlte, beeindruckt von dem
Preisgefälle, und bekam einen Zettel. Der Wächter klemmte die andere Hälfte
unter den Scheibenwischer meines Untersatzes. Dann ging er und verschwendete
keinen Blick mehr an uns.
    Ich schlängelte mich zwischen den Wagen
durch, bis ich die Straße erreichte. Auf der anderen Seite erhob sich der
Block, in dem Krompechers Büro sein mußte. Eine neuzeitliche Geschäftskaserne
aus Beton und Glas, mit viel Neonschrift und niedlichen Sekretärinnen hinter
den Kippfenstern. Das Erdgeschoß bestand nur aus Läden, die hinter
Säulenarkaden zurückgebaut waren. Neben einer knallbunten Espressostube, in der
die Männer Maßanzüge trugen und die Damen Pudel bei sich hatten, fand ich den
Haupteingang. Zu beiden Seiten des Portals türmten sich glänzende
Messingschilder übereinander. Film, Import-Export, Vereinigte Walzstahl, wieder
Film.
    Und dann Krompecher.
    Kanzlei fünfter Stock.
    Sprechzeit nach Vereinbarung.
    Während mich der Lift lautlos nach oben
hob, rechnete ich mir meine Chancen aus, Krompecher anzutreffen. Neunzig zu
zehn dagegen. Die einzige Hoffnung war das Horoskop, das mich gewarnt hatte, mir
ab Mittag etwas vorzunehmen. Danach bestand eine gewisse Aussicht auf Erfolg.
    Die Kabine hielt mit weichem Ruck. Ein
Messingpfeil zeigte die Richtung. Ich schlenderte durch den Gang und landete
vor einer soliden Tür mit Krompechers Namen und Beruf.
    Es war kein Geräusch einer Klingel zu
hören, als ich den Knopf drückte, aber nach kurzer Zeit schnarrte es im Schloß,
und die Tür gab nach. Ich trat über die Schwelle und sah in die tiefbraunen
Augen einer Titelblattschönheit. Sie sah mich an, als hätte sie den ganzen
Vormittag nur auf mich gewartet und wäre vor Sehnsucht schier vergangen.
    Das Mädchen saß hinter einer flachen
Barriere aus dem gleichen Holz wie die Tür. Sie trug eine Satinbluse mit feinen
schwarzsilbernen Querstreifen. Die Knöpfe waren silberne Viertelmonde. Ihr Haar
war weißblond und wie von einem Windstoß hochgepustet. Sie lächelte recht
entgegenkommend, aber ihr Blick schien einem das Geld in der Brusttasche zählen
zu können. Vor ihr standen zwei Telefone. Zwischen silbernen Fingernägeln hielt
sie einen Kugelschreiber mit lässiger Anmut, auch aus Silber.
    «Guten Tag», sagte sie zwischen
Super-Colgate-Zähnen hindurch. «Wie kann ich Ihnen helfen?»
    Sie hätte mir auf manche Art

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