Fuenf Frauen, der Krieg und die Liebe
nahm mit besitzergreifender Geste ihren Arm.
»Hugo, ich muss sofort mit dir sprechen.«
»Frances, Liebes, kann das nicht warten? Ich bin plötzlich zu einer Besprechung der Bürgerwehrgruppen in dieser Gegend einbestellt worden und kann erst später zu Vater und dir stoßen. Dann können wir ihm sagen …«
»Hugo!« Frances blickte ihm direkt ins Gesicht. »Es kann nicht warten. Ich muss dir sagen, dass ich dich nicht heiraten kann. Es tut mir sehr, sehr leid. Ich mag dich, aber ich glaube nicht, dass ich wirklich – oh, ich weiß nicht – genug in dich verliebt bin, um dir eine gute Ehefrau zu sein. Und solang der Krieg, nun, ich …«
Kann keinen Ehemann brauchen, der wissen will, wohin ich gehe und was ich mache, ergänzte sie stumm.
»Ich verstehe.«
Sie war sich nicht sicher, ob er ärgerlich oder eher gekränkt war. »Unter diesen Umständen sollte ich nicht mit dir und deinem Vater zu Mittag essen. Es tut mir leid, wenn du enttäuscht bist, aber es ist am besten so.«
»Frances, bitte geh zum Mittagessen zu Vater. Ich werde nicht dort sein und er hat sich so darauf gefreut. Ich kann dich hinfahren, ich muss noch einmal nach Hause und ein paar Sachen für die Besprechung abholen«, sagte er steif.
»Du brauchst mich nicht nach Gracecourt zu fahren, ich kann mein Fahrrad nehmen«, sagte Frances. »Ich muss mich sowieso erst umziehen. Oh, Hugo, ich wünschte, wir könnten Freunde bleiben.«
»Tatsächlich?« Er sah sie durchdringend an. »Dann wünsche ich es mir auch. Und ich gebe die Hoffnung nicht auf. Vielleicht bringe ich dich eines Tages doch dazu, dass du es dir anders überlegst.«
In diesem Moment rief Oliver nach ihm. »Komme!«, antwortete er und wandte sich ab, bevor Frances etwas erwidern konnte.
Das Essen würde schrecklich unangenehm werden, so allein mit Leander.
Zurück in Glebe House tauschte Frances ihren Hut gegen ein Kopftuch, zog den alten Regenmantel ihrer Patentante über und radelte im Nieselregen los. Als die Türme von Gracecourt inmitten des riesigen Parks in Sicht kamen, hatte sie schlechte Laune.
Sir Leander war allein. Als Frances ihren nassen Regenmantel ans Kamingitter hängte, goss er für sie beide Sherry ein und meinte: »Wie nett von dir, einem alten Mann Gesellschaft zu leisten, meine Liebe.«
In dem kleinen Wohnzimmer im Erdgeschoss, das man von der Galerie aus betrat und das Leander als Arbeitszimmer nutzte, war es gemütlich. Im Kamin brannten zwei Holzscheite, die auf riesige Feuerböcke aus der Tudorzeit gestützt waren und die Holztäfelung an den Wänden mit einem sanften Schimmer überzog. Jenseits der Fenster erstreckte sich der graue, nasse Park. Durch das Fenster konnte Frances die überwucherten Tennisplätze sehen. Sie waren wahrscheinlich schon lang nicht mehr benutzt worden. Die Buchsbaumstauden entlang des mit Ziegeln gepflasterten Weges mussten dringend gestutzt werden. Die rechteckigen Teiche, auf die Leander so stolz gewesen war, waren nur halb voll. Es fiel schwer, sich an Gracecourt vor dem Krieg zu erinnern. Es war eine heitere Zeit gewesen, mit Tennis, Mittagessen im Freien, Sommercocktails im weitläufigen, mit Papierlaternen dekorierten Garten, Wochenendpartys, zu denen Hugos kosmopolitische Freunde angereist waren, um Fasane zu schießen.
Zwischen Frances und ihrem Gastgeber breitete sich verlegene Stille aus. Sir Leander, der inzwischen an einen Rollstuhl gefesselt war, sah schrecklich aus. Er sah Frances an, die auf dem Sofa saß.»Heutzutage habe ich nicht so oft das Vergnügen, allein mit einem hübschen Mädchen zu speisen.« Er erhob sein Glas. »Auf die Gesundheit von euch tatkräftigen landwirtschaftlichen Helferinnen. Zu meiner Zeit wäre niemand auf den Gedanken gekommen, Frauen so hart ranzunehmen. Es kommt mir einfach nicht richtig vor, dass ihr Gräben reinigen und all die andere schwere Arbeit verrichten müsst, Krieg hin oder her.«
»Die Kühe sind am schlimmsten«, sagte Frances leichthin. Gleichzeitig überlegte sie, wie sie ihm taktvoll mitteilen sollte, dass sie Hugos Heiratsantrag abgelehnt hatte.
Er ersparte ihr die Mühe. »Nun, meine Liebe, ich will gleich zur Sache kommen. Hugo hat für ein paar Minuten hereingeschaut, bevor du kamst, und soweit ich ihn verstanden habe, hast du ihm einen Korb gegeben.« Er hob fragend die Augenbrauen.
Frances nickte.
»Ich hoffe und glaube jedoch, dass du es dir noch anders überlegst.«
»Ich mag Hugo natürlich sehr, doch mit dem Krieg … es ist alles so
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