Fünf Freunde Auf Der Felseninsel
Ob dieser Gang wohl zu den Kerkern führt?
Georg nahm die Decke und die Tasche hoch und stieß sie in das Loch. Sie hörte die Tasche die Stufen hinunterkollern. Die Büchsen darin machten einen furchtbaren Krach.
Dann kletterte sie selbst hinunter. Du lieber Himmel, so viele Treppen! Wo die nur hinführten?
Unten in den Höhlen
Georg ging vorsichtig die Steinstufen hinab. Sie waren tief und schmal. Man könnte meinen, sie führten mitten in die Steinwand hinunter, dachte Georg. Du lieber Gott, hier ist es aber eng! Es war so eng, daß sie seitlich gehen mußte. Ein dicker Mann käme niemals hier durch! Aha, die Stufen sind zu Ende! Sie hatte sich ihre Decke um die Schulter gelegt und die Tasche hochgenommen. In der anderen Hand hielt sie die Taschenlampe. Es war furchtbar dunkel und still hier unten.
Georg hatte keine Angst, weil sie jeden Augenblick Tim zu sehen hoffte. Niemand konnte Angst haben, wenn Tim hinter der nächsten Ecke stand und einen begrüßte! Sie befand sich jetzt unten an den Stufen, und das Licht ihrer Lampe fiel auf einen engen Gang. Er bog scharf nach links ab. Wird er von hier aus auf die Kerker stoßen? fragte sie sich. Die Verliese können nicht weit sein, aber - im Augenblick sieht es nicht so aus.
Georg ging den schmalen Gang hinab. Einmal wurde er so nieder, daß sie beinahe kriechen mußte. Sie beleuchtete ihn mit ihrer Lampe. Sie sah einen schwarzen Felsen, der anscheinend zu hart gewesen war, um von den Tunnel-Erbauern weggeschafft zu werden. Der Tunnel ging weiter und weiter.
Georg war verwirrt. Sie mußte jetzt schon an den Kerkern vorbei sein. Ja - sie bewegte sich auf den Rand der Insel zu!
Wie seltsam! Traf der Tunnel denn nicht auf die Kerker? Wo in aller Welt würde sie landen?
Unten an den Stufen schien der Gang aus starken Felsen herausgehauen zu sein, oder es war ein natürlicher Gang, den keine Menschen gemacht hatten. Georg wußte es nicht. Ihre Lampe beleuchtete schwarze, felsige Wände und Decken, und ihre Füße stolperten über einen unebenen felsigen Pfad. Oh, wie sehnte sie sich nach ihrem Tim!
Ich muß sehr tief unten sein, dachte sie und blieb stehen, um noch einmal mit ihrer Lampe umherzuleuchten. Sehr tief unten und sehr weit vom Schuß entfernt! Du lieber Himmel, was ist denn das für ein furchtbares Getöse?
Sie horchte. Sie hörte ein murmelndes Dröhnen und Ächzen.
Machte ihr Vater eines seiner Experimente? Das Getöse ging immer weiter, ein tiefes, nie endendes Dröhnen.
»Oh, das ist das Meer!« sagte Georg erstaunt. Sie stand still und horchte. »Ja - es ist wirklich das Meer - über mir! Ich bin unter dem steinernen Bett der Felsenbucht!«
Jetzt hatte die arme Georg ein bißchen Angst! Sie dachte an die großen Wellen, die um sie her brandeten, sie dachte an das ruhelose, sich immer bewegende Wasser, das das felsige Bett über ihrem Kopf absuchte, und sie hatte Angst, daß das Meer doch eine Stelle finden würde, durch die es in ihren engen Tunnel eindringen könnte.
»Komm, sei nicht albern!« sagte sie zu sich. »Dieser Tunnel ist schon seit Jahrhunderten unter dem Bett des Meeres warum sollte er ausgerechnet, wenn du kommst, undicht werden, Georg?«
Während sie so sprach, um sich aufzumuntern, lief sie immer weiter. Der Gedanke war doch wirklich seltsam, daß man unter dem Meer geht. Hier also arbeitete ihr Vater! Unter dem Meer.
Und dann erinnerte sich Georg plötzlich an etwas, was er einmal zu ihnen allen gesagt hatte, als sie ihn zum erstenmal auf der Insel besuchten. »Wie war das gleich? O ja! Er sagte, er brauche Wasser über sich und um sich herum. Jetzt weiß ich, was er gemeint hat! Sein Arbeitsplatz ist irgendwo hier unten, so daß das Wasser über ihm ist, und ist um den Turm herum, weil dieser auf einer Insel steht!«
Oben Wasser - und rundherum Wasser -, deswegen hatte ihr Vater die Felseninsel für seine Versuche ausgewählt. Aber wie hatte er nur den Eingang unter dem Meer finden können?
»Sogar ich wußte nichts davon«, sagte Georg. »Nanu, wohin gerate ich denn jetzt?«
Sie blieb stehen. Der Gang hatte sich plötzlich zu einer riesengroßen Höhle erweitert, deren Decke unerwartet hoch und in tiefen Schatten verloren war.
Georg blickte umher. Sie sah viele seltsame Dinge, die sie überhaupt nicht verstand - Drähte, Glaskästen, kleine Maschinen, die lautlos zu arbeiten schienen und deren Inneres durch ein seltsam schimmerndes, zitterndes Licht belebt war.
Hin und wieder sprühten plötzlich Funken,
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