Fünf Freunde Auf Der Felseninsel
und machte sich auf den Weg. Sie wagte nicht, jetzt schon die Taschenlampe anzumachen, falls der unbekannte Feind in der Nähe lauern würde.
Immerhin hatte ihr Vater ihn nachts husten hören!
Georg hatte keine Angst. Sie dachte nicht einmal daran, daß sie Angst haben könnte. Alle ihre Gedanken beschäftigten sich damit, Tim zu finden und sich zu versichern, daß ihm nichts passiert war. Sie kam zu dem kleinen Steinraum.
Es war natürlich stockdunkel darin nicht einmal der kleinste Schimmer des Mondlichtes drang herein. Georg mußte jetzt die Taschenlampe anmachen.
Sie legte ihr Bündel hinten an die Wand, in die Nähe der alten Kaminöffnung. Darüber breitete sie ihre Decke und setzte sich darauf, um ein wenig auszuruhen, und knipste solange die Taschenlampe aus. Nach einer Weile machte sie ihre Lampe wieder an und begann, nach dem Versteck zu suchen. Wo konnte der Eingang nur sein? Sie richtete ihre Lampe auf jeden Stein am Boden. Aber keiner sah aus, als ob er bewegt oder herausgehoben worden sei. Nirgends ein Zeichen, daß es einen unterirdischen Eingang geben könnte. Sie ging die Wände entlang und untersuchte diese ebenfalls im Schein ihrer Taschenlampe. Nein, es gab keinen verborgenen Gang hinter einem dieser Steine. Wenn sie nur wüßte!
Sie wickelte sich in die Decke und begann nachzudenken. Es war jetzt kalt. Sie zitterte, als sie so im Dunkeln dasaß und herauszufinden suchte, wo der Eingang sein könnte.
Und dann hörte sie ein Geräusch. Sie sprang auf und stand ganz still, während sie krampfhaft den Atem anhielt. Was war das? Es war ein merkwürdiges, knarrendes Geräusch. Dann ein leichter Luftzug. Es kam aus der Öffnung, wo Menschen vor langer Zeit ihre großen Holzfeuer brennen hatten. Georg saß vollständig bewegungslos, sie strengte Augen und Ohren an.
Dann sah sie einen Lichtstrahl in der Kaminöffnung und hörte einen Mann husten!
War das ihr Vater? Er hustete manchmal. Sie horchte angestrengt. Der Lichtstrahl wurde heller. Dann hörte sie noch ein Geräusch - es klang, als ob jemand von irgendwo heruntergesprungen wäre. Und dann eine Stimme!
»Vorwärts!«
Es war nicht die Stimme ihres Vaters. Georg lief es kalt den Rücken hinunter vor Angst. Was war mit ihrem Vater geschehen und was mit Tim?
Noch jemand sprang hinunter und brummte. »Dieses Herumkriechen bin ich nicht gewohnt!«
Das war ihr Vater auch nicht! So gab es also zwei unbekannte Feinde. Und sie kannten den geheimen Arbeitsraum ihres Vaters! Georg fühlte sich ganz schwach vor Entsetzen. Was war ihm und Tim geschehen?
Die Männer gingen aus dem kleinen Steinraum und hatten Georg überhaupt nicht bemerkt. Sie vermutete, daß sie zum Turm gingen. Wie lange würden sie wohl bleiben? Hoffentlich lange genug, damit sie die Stelle suchen könnte, woher sie gekommen waren.
Sie strengte noch einmal ihre Ohren an. Sie hörte die Schritte in der Richtung des großen Hofes. Sie schlich auf den Zehenspitzen zum Torweg und sah hinaus. Ja sie sah das Licht in der Nähe des Turmes. Wenn die Männer hinaufgingen, hätte sie genug Zeit, sich umzusehen.
Sie ging in den kleinen Steinraum zurück. Ihre Hände zitterten, und es machte Schwierigkeiten, die Taschenlampe anzuknipsen; dann ging sie zur Kaminöffnung und beleuchtete sie.
Sie unterdrückte einen Schrei! In halber Höhe der Öffnung befand sich hinten ein gähnendes Loch! Sie blendete ihr Licht hinauf. Anscheinend war ein beweglicher Stein angebracht, der zurückschwang und einen Eingang dahinter verbarg. Einen Eingang, wohin? Gab es hier Stufen, wie auf der alten Karte eingezeichnet war? Georg stand atemlos auf den Zehen und leuchtete in die Öffnung hinein. Ja - dort waren Stufen! Sie führten nach hinten in die Wand. Georg erinnerte sich, daß der kleine Steinraum hinten an eine der unheimlich dicken alten Mauern, die noch übrig waren, anstieß.
Da stand sie nun, unschlüssig, was tun.
Sollte sie hinuntergehen und sehen, ob sie ihren Vater und Tim finden könnte? Aber dabei könnte sie eingesperrt werden.
Doch auf der anderen Seite, wenn sie draußen bliebe, und die Männer kämen zurück und schlossen den Eingang, könnte sie ihn nicht mehr öffnen! Sie wäre schlimmer daran als zuvor!
Ich gehe hinunter! entschied sie plötzlich. Aber ich nehme lieber die Tasche und die Decke mit, falls die Männer zurückkommen. Sie könnten die Sachen entdecken. Sie sollen nicht wissen, daß ich auf der Insel bin. Vielleicht kann ich das Bündel unten irgendwo verstecken.
Weitere Kostenlose Bücher