Fünf: Schwarzwald Thriller 1
kleiner Körper lehnte sitzend an einem Laternenmast, der fast genau in der Mitte der Strecke lag, die Julia zu ihrer Freundin hatte gehen müssen.
Der sanfte Schein der Straßenlaterne erleuchtete ihre blonden Haare zu einem engelhaft wirkenden Heiligenschein. Ihre Beine waren ausgestreckt und im Arm hielt sie die Barbiepuppe, die sie am Tag ihres Verschwindens bei sich gehabt hatte.
Wie mussten sich die Göggels gefühlt haben, als sie erfuhren, dass ihre Tochter vielleicht schon Stunden so dagesessen hatte, allein im Dunkeln, bis sie schließlich von einer Zeitungsausträgerin gefunden worden war?
Das Mitgefühl schnürte Katrin die Kehle zu.
Was war das für ein Mensch, der einem Kind so etwas antun konnte? Es selbst noch im Tod dieser fürchterlichen Dunkelheit auszusetzen. Dieser Mensch zeigte keine Reue. Er versuchte weder, seine Taten zu vertuschen noch behandelte er die Leichen seiner Opfer mit Respekt.
Plötzlich wusste sie, dass er mit seinem Verhalten auf etwas aufmerksam machen wollte.
Sie war keine ausgebildete Profilerin, aber instinktiv ahnte sie, dass diese Bestie alle Gefühle und Ängste kannte, mit denen er seine Opfer konfrontierte.
Sie suchten einen Täter, der eine schwere Kindheit gehabt hatte. Wie sehr sie diese Ausrede hasste. In ihrem Magen brannte ein helles Feuer aus Wut und Hass.
Auf dem Weg zurück sah sie Darren wie vereinbart hinter der Absperrung warten. »Ich brauche noch eine Weile«, rief sie ihm zu.
Der Notarzt war mit seiner vorläufigen Untersuchung fertig, und während er seine Instrumente in die Tasche packte, ging Katrin langsam auf ihn zu. »Wie lange ist Julia schon tot?«
Der Arzt sah überrascht auf. »Darf ich fragen, mit wem ich das Vergnügen habe?«
»Kriminalkommissarin Katrin Schwarz, Kripo Freiburg«, antwortete sie, so dienstlich sie konnte.
In diesem Moment kamen auch Rittner und Horn auf den Notarzt zu.
Endlich richtete er sich vollständig auf und erstattete Rittner Bericht. »Ich würde sagen, die Kleine ist gestern am späten Nachmittag, eher sogar am frühen Abend gestorben. Es sieht so aus, als hätte man ihr mit einem schweren Gegenstand den Schädel eingeschlagen. Aber genau wissen wir es erst, wenn wir das Obduktionsergebnis aus Freiburg haben.« Bei dem Wort Freiburg nickte er deutlich in Katrins Richtung. »Sicher ist aber«, fuhr er fort, »dass die Kleine ziemlich schwer misshandelt worden ist. Ich habe überall an ihrem Körper Hämatome, Platzwunden und sogar Knochenbrüche feststellen können.«
Rittner nickte mit bitterer Miene. Dann reichte er Horn seine Hand. »In diesem Fall auf gute Zusammenarbeit, Kollege. Ich bin sicher, dass wir noch häufiger voneinander hören werden in der nächsten Zeit.«
*
Sie sprachen auch auf der Heimfahrt wenig miteinander. Die Eindrücke dessen, was sie gesehen hatten, saßen zu tief. In jedem Einzelnen von ihnen hatte das Bild der entführten Julia andere furchtbare Erinnerungen wachgerufen. Katrin war erst auf der Fahrt klar geworden, dass sie es vermieden hatte, dem toten Mädchen ins Gesicht zu blicken.
Sie fuhren ins Büro. Horn war es, der als Erster zu sprechen anfing. »Der Fahrplan für die nächsten Tage steht. Selbst, wenn es bislang noch Zweifel hätte geben können, dass zumindest der Mörder der kleinen Emma auch der Entführer von Julia gewesen ist, so sind spätestens jetzt alle Zweifel ausgeräumt.«
Darren nickte. »Wenn ich nur hartnäckiger gewesen wäre …«
Horn schüttelte den Kopf. »Es gab damals keine Anhaltspunkte, die die Ermittlungen hätten voranbringen können. Die letzte Entführung vor Emma liegt einige Jahre zurück. 2005?«
»Aber wenn …«, hielt Darren an seinen Selbstvorwürfen fest.
»Es darf in unserem Beruf keine solchen Wenns geben, Darren. Ermittler müssen einen freien Kopf haben. Nur so können wir versuchen, uns mit dem nötigen seelischen Abstand in die Psyche, die Denkweise eines Psychopathen hineinzuversetzen. Wenn wir«, er tippte mit dem Zeigefinger an seine Stirn, »da oben nicht völlig klar sind, dann begeben wir uns ungeschützt in einen Raubtierkäfig.«
Darrens Handy klingelte. »Grass?«, sagte er und seine Stimme zeigte deutlich, wie genervt er von der Störung war. Eine Zeit lang sagte er kein Wort mehr, und als er wieder anfing zu sprechen, klang seine Stimme wieder gewohnt freundlich. »Ich danke dir, Heinz. Ich bin dir was schuldig.« Er schaltete das Handy aus.
»Wir können davon ausgehen, dass der Killer nicht aus
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