Fünf: Schwarzwald Thriller 1
jungen Mutter tatsächlich Stephanie Wagners ganze Stärke darstellte.
Johanna hatte die Fernbedienung in der Hand, und nachdem Stephanie noch einmal kaum merklich genickt hatte, drückte sie die Play-Taste.
Auf dem Bildschirm erschienen zwei kleine Mädchen mit rosafarbenen Fahrrädern.
»Das ist doch das Video von Ostern«, rief Horn überrascht aus. »Als Uli und Melissa Fahrrad fahren gelernt haben.«
Thomas Wagner nickte. »Wir haben uns das Video heute Morgen angesehen. Es ist so still im Haus, seit Melissa nicht mehr da ist, und da tut es uns gut, wenn wir ihre Stimme wenigstens auf Film …«, Thomas Wagners Stimme versagte, während er mit den Tränen kämpfte.
»Dabei ist mir eingefallen«, half Stephanie Wagner ihrem Mann, der sich beschämt umgedreht hatte und aus dem Fenster in den dahinterliegenden Garten starrte, »dass wir versprochen hatten, euch eine Kopie des Films zu geben.«
Horn nickte stumm, als wollte er Stephanies Worte bestätigen.
»Also haben wir eine Kopie gemacht und sie rübergebracht.«
»Uli hat die DVD gleich abspielen lassen«, fuhr Johanna fort. Ihre Stimme schien immer noch keine Kraft zu haben. »Ich war in der Küche, als ich sie auf einmal immer wieder der Prinzessinnen-Mann , der Prinzessinnen-Mann rufen hörte. Als ich zu ihr ins Wohnzimmer kam, stand sie vor dem Fernseher, hüpfte auf und ab und zeigte mit dem Finger auf einen Mann, der halb versteckt im Gebüsch stand.«
»Da«, rief Uli und klang wieder fürchterlich aufgeregt. »Da ist der Prinzessinnen-Mann.«
Unwillkürlich griff Katrin nach Darrens Hand. Sie fühlte sich warm und fest an. Ein Gefühl von Sicherheit und Geborgenheit legte sich wie ein wärmender Mantel um ihr Herz und endlich fand sie die Kraft, auf den Bildschirm zu blicken.
Kapitel 6
Melissa
E r war vorbereitet. Alles war so, wie er es hatte haben wollen. Er hatte den Feind auf seinem eigenen Territorium angegriffen und er wusste, dass die beiden Kommissare nicht ruhen würden, ehe sie ihn gefasst hatten. Und genau das sollten sie auch tun.
Die Kleine, der Köder mit den niedlichen Grübchen und den hübschen blauen Augen, saß sicher in seinem Versteck. Er hatte dafür gesorgt, dass sie genug zu essen und trinken hatte, um die nächsten zwei Wochen zu überleben.
Um die Vorräte nicht vorzeitig zu verbrauchen, versorgte er sie noch mit frischen Lebensmitteln, bis Schwarz und Horn ihn gefasst haben würden.
Er hatte ihnen einen zeitlichen Rahmen von zwei Wochen gesetzt. Zwei Wochen sollten sie nach ihm suchen. Dass sie auf der richtigen Spur waren, hatte er gewusst, als er den jungen Mann überprüft hatte, der in der letzten Zeit immer häufiger bei der jungen Frau aufgetaucht war.
Dennoch hatte er die letzten Mädels schneller sterben lassen, um keinen Zweifel an der Tatsache zu lassen, dass sie es mit einem Serienmörder zu tun hatten, der dringend aufgehalten werden musste. Dann war die Frau des Kommissars krank geworden und er hatte befürchten müssen, dass er sich von dem Fall zurückziehen würde, also hatte er gesucht und gefunden.
Die kleine Melissa war der perfekte Köder. Sie entsprach genau seinem Opfertyp und würde den Kommissar wieder in den aktiven Dienst zurückholen. Der Anreiz musste nur groß genug sein. Es hatte wirklich viel Arbeit bedeutet, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
Vielleicht hatte er sich deshalb mit der Kleinen aus Hinterzarten belohnt? Eigentlich war das nicht Teil seines Planes gewesen, aber da er Melissa nicht anrühren durfte, hatte er das Gefühl, bei all den Mühen und Plagen und Verzögerungen, die sein Plan mit sich geführt hatte, schlecht weggekommen zu sein.
Also hatte er sich dazu hinreißen lassen, die kleine Schwarzwälderin auch noch in seine Gewalt zu bringen, und er musste sich eingestehen, dass er tatsächlich die Beherrschung zu verlieren schien. Noch nie vorher war er auf so brutale Weise mit einem seiner Opfer verfahren.
Sicher, schlussendlich war das Ergebnis immer dasselbe gewesen, aber keines seiner Opfer hatte so leiden müssen wie sie.
Er war nervös. Aber jetzt war es bald so weit. Wenn sie ihn in zwei Wochen noch nicht von sich aus gefunden haben würden, würde er ihnen die nötigen Spuren legen.
Sie sollten ihn fassen – und sie würden ihn fassen.
Am Anfang würde es für die junge Kommissarin noch so aussehen, als hätte sie, als hätte das Gute über das Böse triumphiert, aber dann würde sie umso schmerzlicher erfahren müssen, dass der Weg zum
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