Fünf: Schwarzwald Thriller 1
Wörter auf das weiße Blatt Papier vor sich. Dann grinste er.
*
Katrin fühlte sich, als wäre sie auf dem Weg zu ihrer eigenen Hinrichtung, als sie das Verhörzimmer betrat und darauf wartete, dass Ralf Rainert hineingeführt wurde. Das Zimmer bot ihren Augen und auch ihrem Verstand mit seiner kargen Einrichtung und seinen schlammgrauen Wänden wenig Ablenkung. Es gab keine Fenster und die Luft erschien ihr plötzlich viel zu dick für ihre Lungen.
Ihr war kalt, aber ihre Hände schwitzten und sie fühlte sich klebrig und schmutzig.
Horn hatte sie vorgewarnt. Er hatte sein letztes Verhör mit Rainert in allerschlechtester Erinnerung und hätte ihr, wie er immer und immer wieder betont hatte, diesen Gang gern erspart. Aber solange sie auch nur die kleinste Hoffnung hatten, dass Rainert Katrin gegenüber das Versteck der Kleinen preisgeben würde, bevor sie verhungert, erstickt oder verdurstet wäre, hatte sie keine andere Wahl.
Sie blickte beklommen zu dem großen Spiegel, hinter dem sie ihren Chef und Darren wusste, und zwang sich zu einem Lächeln. Sie war so verkrampft, dass sich ihr Gesicht steif und versteinert anfühlte. Dann wurde an die Tür geklopft und ein Polizist führte Ralf Rainert in das Zimmer, das plötzlich immer weiter um Katrin zu schrumpfen schien. Panik stieg in ihr hoch, die sie jedoch beharrlich niederkämpfte. Während der ganzen Zeit hatte Rainert sie nicht aus den Augen gelassen. Langsam beruhigte sich ihr Puls und sie forderte ihn mit einer Geste auf, sich zu setzen.
»Gut so«, sagte Rainert unvermittelt und grinste sie unverhohlen an. »Ich hätte nicht gedacht, dass du dich so schnell beruhigen würdest.«
»Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben, Herr Rainert«, erwiderte Katrin und nahm die Akte zur Hand, die sie mitgebracht hatte.
Sie enthielt die Bilder der Kinder, deren Ermordung sie Rainert zuordnen konnten.
»Es ist mir egal, was du mir anbietest und was nicht«, gab er mit kalter Stimme zurück. »Am besten, du verstehst gleich, wie das Spiel hier laufen wird. Will ich dich duzen, mache ich das. Will ich dir sagen, wo das Mädchen ist, sage ich es dir. Will ich es nicht – stirbt sie.« Er lehnte sich weit auf seinem Stuhl zurück und sah ihr direkt in die Augen. »Sind die Spielregeln jetzt klar, Katrin?«
Er hatte sich viel Zeit genommen, ihren Namen auszusprechen und sie konnte die Genugtuung in seinen Augen deutlich lesen, als sie langsam nickte.
»Ich möchte ein Kartenspiel haben.«
»Ein was?«
»Und ich werde alles nur einmal sagen. Entweder du hörst zu oder nicht, aber ich werde alles nur einmal sagen.«
»Hören Sie, Rainert, ich weiß nicht, wo Sie Melissa versteckt haben, aber ich kann mir denken, dass es dort, wo sie ist, nicht genügend Luft und Essen und Trinken gibt, also kommen wir am besten gleich zur Sache …«, erklärte Katrin plötzlich ebenso so kalt wie Rainert. Seine Selbstgefälligkeit kotzte sie an. Sie konnte auch anders.
»Dein Temperament gefällt mir. Wir beide scheinen uns gar nicht so unähnlich zu sein.«
»Wir beide, Sie Mistkerl, könnten nicht unterschiedlicher sein.«
»Wir werden sehen, Katrin«, antwortete er und lächelte so kalt, dass Katrin schlecht wurde. »Wir werden sehen.« Plötzlich stand er auf. Sofort war der Polizist an seiner Seite. »Für heute habe ich dir nichts mehr zu sagen.«
»Aber ich bin noch nicht fertig mit Ihnen«, sagte Katrin energisch. »Setzen Sie sich wieder hin.«
Er setzte sich, ohne zu verbergen, dass er sich köstlich über Katrins Versuch amüsierte, die Oberhand zu gewinnen.
Sie öffnete die Aktenmappe und schob die Fotografien der Kinder vor Rainert über den Tisch. »Erkennen Sie eines der Mädchen, Rainert?«
»Eines?« Er studierte die Bilder gründlich, dann lachte er. »Ich kannte sie alle.« Er griff nach einem der Bilder und hob es zum Spiegel. Es war Tammys Bild.
»Die hier habe ich sogar in allerbester Erinnerung.« Er kicherte. »Ich werde heute trotzdem nichts mehr sagen, liebe Katrin.« Dann verschränkte er die Arme vor der Brust. »Aber danke für die schönen Erinnerungen. Ich bin sicher, sie werden mir schöne Stunden bereiten, während ich in meiner Zelle darauf warte, dass du mich wieder besuchen kommst. Morgen. Und vergiss das Spiel nicht.« Er erhob sich erneut und diesmal nickte Katrin dem Beamten zu.
Rainert wurde abgeführt.
Die Tür schloss sich hinter ihm. Katrin fühlte sich, als hätte sie einen Schlag auf den Kopf
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