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Fünf Zaubersteine zu binden fünf verschiedne Welten

Fünf Zaubersteine zu binden fünf verschiedne Welten

Titel: Fünf Zaubersteine zu binden fünf verschiedne Welten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack L. Chalker
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schien in allen Kulturen auf gleiche Weise stat t zufinden. Jill war schmutzig und hatte verfilztes Haar, aber das hinderte Schatten der Stadt nicht daran, eine verbliebene Schlammpfütze zu fi n den und sie noch mehr zu beschmieren.
    »Das läßt sich abwaschen«, beruhigte er sie. »Aber je schlimmer du aussiehst, desto wirksamer ist es.«
    »Ich dachte, Mildtätigkeit sei ein Muß«, sagte sie schna u fend.
    »Stimmt, aber nicht in einem solchen Maß, daß man selbst nichts mehr hat. Man gibt, was man en t behren kann, und auch das gewöhnlich nur einmal am Tag. Weißt du, wie viele Bette l paare es in einer Stadt dieser Größe gibt? Vor allem rund um den He i ligen Tempel?«
    Sie begriff, was er meinte. Wenn sie mittags hie r sein wollte, würde sie bei stärkster Konkurrenz arbeiten. Es würde schwe r fallen, ein Bettlerkind nicht zu beachten, wenn man in Sich t weite des Tempels stand, also mußte der Andrang groß sein.
    Zu ihrer eigenen Überraschung hielt sie sich nach kurzer Einweisung recht gut. Das Betteln war vor allem in dieser Art von Gesellschaft schwierig, wo man keine ordentliche Lüge von sich geben konnte, ohne sofort dabei ertappt zu werden. Selbst eine kleine Lüge führe dazu, daß man sehr lange die re i ne Wahrheit sagen müßte, erklärte ihr der Junge.
    Trotzdem war es nicht schwer. Der Dreck, die Sonne und i h re Haltung machten sie zu einem wah r haft armseligen Anblick. Es wurde noch schlimmer. Sie mußte auf die Toilette und kam dahinter, daß die meisten Gebäude im Hinterhof über kalkg e füllte Gruben verfügten und hier das Toilettenpapier noch nicht erfunden war. Die Berufstätigen und die Reichen besaßen eig e ne Tücher, die man aber mitbrac h te und zum Waschen wieder mitnahm. Die Armen erduldeten einfach den Gestank, bis sie zu einem Fluß oder e i ner anderen Wasserstelle kamen.
    Man suchte sich bei der Arbeit ein Opfer heraus, lief zu ihm, flehte es an, jammerte und klagte. Meistens bekam man als Antwort zu hören: »Es tut mir leid, aber ich kann dir nichts g e ben als meinen S e gen«, also etwa soviel wie: »Ich habe schon geg e ben.« Trotzdem bekam sie Münzen – mehr, als sie erwartet hatte, und offenkundig weit mehr, als der Junge zu erhoffen gewagt hatte.
    Schatten der Stadt blieb im Hintergrund und sah zu. Wenn das Opfer gab, dann warf es eine oder mehrere Münzen auf den Boden – niemals bekam das Mädchen sie in die Hand. Das war der Moment für den Jungen, langsam heranzukommen, die Münzen aufzuheben und sie in sein Gewand zu stecken, so, als käme er nur zufällig vorbei.
    Es war im Grunde Theater, das Ritual einer fremden Gesel l schaft, aber das System funktionierte und wahrte die Würde des Jungen. Frauen wurde, wie sich von selbst verstand, keinerlei Würde zugespr o chen.
    Dann war es Mittag.
    Sie hatte eben eine kleine Münze bekommen, als sie hinter sich Lärm hörte, der wie ein Riesenchor von Nebelhörnern klang. Sie zuckte zusammen, fuhr herum und hob den Kopf. Sie konnte von ihrem Platz aus zwei von den Eingängen hoch oben in der Pyramide sehen. Dort bliesen Männer in Riesenm u scheln, deren Töne über die ganze Stadt hinwegtr u gen.
    Der Junge stand sofort neben ihr.
    »Genug gearbeitet«, sagte er. »Wir haben ohnehin schon mehr als für einen Tag. Jetzt müssen wir b e ten.« Er sah sie mit ernster Miene an. »Beim ersten Hornsignal mußt du aufhören. Sobald das zweite erklingt, wirfst du dich auf den Bauch und preßt das Gesicht auf den Boden. Dann wiederholst du ei n fach, was alle sagen, und tust, was die anderen tun, aber nichts and e res – das Heilige Bündnis verlangt es!«
    Sie wußte, daß die Warnung wahrlich ernst g e meint war.
    Die Hörner ertönten das zweitemal, und sie nahm wahr, wie alle Leute ringsum, auf der Straße und auf dem Platz, sich zu Boden warfen. Schatten der Stadt legte sich vor ihr hin, ihr z u gewandt, so daß sie ihn sehen und hören konnte.
    Eine neue Stimme wurde hörbar, offenkundig mit großer Lautverstärkung. Sie konnte sich aber den Ursprung der Ve r stärkung nicht vorstellen; es klang beinahe elektronisch.
    »Ich preise den Heiligen Geist, der stets mit mir ist«, int o nierte die Stimme, und die Menschenmenge wiederholte die Worte. Sie fiel ein. Der Satz wurde mehrmals wiederholt.
    »Ich bin Eigentum des Heiligen Geistes, der mein Herr und Meister ist, sei ich Herr oder Sklave«, rief die Stimme.
    Wieder wurde die Litanei mehrmals gesprochen.
    »Ich existiere nur, um Seinen Willen zu tun«, ging

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