Fünf Zaubersteine zu binden fünf verschiedne Welten
Kirchendienst. Aber uns Jungen bleibt die Verantwo r tung.«
Inzwischen hatten sie den Tempelvorplatz erreicht. Er war riesenhaft, ein grasbewachsener Park mit vier Fußwegen in Form eines Pluszeichens, im Schnittpunkt der Tempel, eine sehr große Pyramide aus massiven Steinblöcken, deren einzige Ei n gänge über Hunderte von Stufen zu erreichen waren.
Sie blieben stehen.
»Der Große Tempel des Heiligen Geistes«, sagte er gedämpft und ehrfürchtig.
»Der fremdartig aussehende Mann mit dem Juwel arbeitet dort?« fragte sie, selbst ein wenig eh r furchtsvoll.
»Er arbeitet und lebt dort, wie die Kirchenführer und die Frauen des Geistes.«
Sie starrte das Gebäude an.
»Schwer zu glauben, daß dort wirklich jemand wohnt.«
»Es ist nicht so schlimm, wie du meinst«, gab er zurück. »Ich bin nie im Inneren gewesen, aber der ganze Park hier, samt Gras und allem, bildet ein Dach über einem großen Kastell, das vielleicht so weit hinab – wie der Tempel hinaufreicht. Ung e heuer viele Räume und viele gewundene Tunnels. Ich glaube, das gehört alles zu einer großen Höhle. Ich habe jedenfalls g e hört, daß es da unten kühl ist, aber stets Zugluft herrscht, so daß man nicht von Rauch belästigt wird.«
Sie seufzte. Zu allem anderen noch lebte der Mann, den sie suchte, praktisch in einer Festung von unbekannten Ausmaßen, durchzogen von einem L a byrinth von Gängen. Sie hatte das Gefühl, daß sie den Dämon mit dem Juwel niemals auch nur finden würde. Plötzlich fiel ihr etwas ein.
»Du hast davon gesprochen, daß Mädchen sich der Kirche weihen«, sagte sie. »Und daß Frauen des Geistes dort wohnen, wie du sie nennst. Was heißt das?«
»Keine Ahnung«, erwiderte er achselzuckend. »Ich weiß nur, daß jedes Mädchen, das erwachsen, aber nicht beansprucht wird, an einem der vier Eingänge dort erscheinen, sich der Ki r che weihen und aufgenommen werden kann. Was danach g e schieht, weiß niemand, weil ich nicht glaube, daß man sie j e mals wiedersieht.«
Das stimmte sie aus mehreren Gründen nicht frö h lich. Einen kurzen Augenblick lang kam sie auf den Geda n ken, sich selbst freiwillig zu melden – damit würde sie wenigstens hineingela n gen und sich mit der Umgebung vertraut machen können –, aber das erforde r te Pubertät, und dieser Körper hier war noch Monate, ja vielleicht ein ganzes Jahr davon entfernt. Wie la n ge hatte sie Zeit? Ein Tag hier entsprach über einer Stunde zu Hause, behauptete Mogart. Die Zeit reichte also keinesfalls. Es spielte aber auch gar ke i ne Rolle; sie war überzeugt davon, in dieser Gesellschaft kein ganzes Jahr aushalten zu können. Wenn sie das Problem nicht zu lösen vermochte, würde sie n a türlich hier mehr Zeit verbringen, fiel ihr plötzlich ein, und ihre Gedanken wurden gehetzter.
»Kennst du den Mann, den ich suche?« fragte sie beinahe verzweifelt.
Er nickte.
»Es ist der Heilige Älteste selbst, der über den Tempel gebi e tet. Versteht sich. Niemand sonst hat soviel Haare im Gesicht, daß es ins Gewicht fiele, und er hat enorm viele. Er ist kein Mensch – daher wissen wir, daß er der Heilige Älteste ist. Er ist nur halb Mensch und halb etwas anderes.«
Diese Beschreibung paßte auf Mogart sehr gut, und Mogart hatte erklärt, für Menschen sähe seinesgleichen im Grunde vö l lig gleich aus.
»Und woher weißt du das über ihn?« drängte sie. »Hast du ihn gesehen?«
Der Junge nickte.
»O ja. Er tritt mittags zu Gottesdienst und Geb e ten heraus.« Er erkannte plötzlich, worauf sie h i nauswollte. »Eine Woche lang finden keine Gottesdienste statt«, erklärte er. »Gebete we r den natürlich jeden Mittag gesprochen, aber das wird dir nichts nützen.«
»Warum nicht?«
»Weil du ja selber betest«, antwortete er in dem herablasse n den Ton, der ihr verriet, daß sie etwas Dummes gefragt hatte. »Aber er gibt Audienzen«, fügte er hinzu.
»Audienzen?« fragte sie hoffnungsvoll. »Für gewöhnliche Leute?«
Er nickte.
»Ich bin noch nie bei einer gewesen, weil man e i gentlich nur hingehen soll, wenn man mit einem Problem allein nicht fertig wird. Das gilt für fast alle Leute, deshalb gibt es ein Gedränge, und er kommt meistens nur dazu, mit wenigen zu sprechen.«
»Ich möchte trotzdem zum Mittagsgebet hier sein«, teilte sie ihm mit.
»Gut, aber das gibt nur Ärger«, stellte er achse l zuckend fest. »Wir können uns hier aufstellen und betteln, bis es an der Zeit ist, damit wenigstens etwas geschieht.«
Das Betteln
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