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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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Sache – für ihn. Aber Beatrice konnte im Team nicht denken. Das musste sie allein tun, eventuell mit einem Zweiten. Alles, was darüber hinausging, empfand sie als störend.
    Der silbern glänzende Kugelschreiber, den Florin zwischen den Fingern drehte, warf längliche Reflexionen an die Wand. «Ich halte es ja immer noch für möglich, dass einer dieser Fäden als Beschäftigungstherapie angelegt ist. Für uns, damit wir die Meinung des Owners bestätigen, dass die Polizei dumm ist.»
    Beatrice schwieg und begann, die auf dem Schreibtisch verstreuten Unterlagen zu sortieren. Da war das Foto mit der Hand, die aufgeweichte Haut, umschlossen von Plastikfolie. Sie legte sie rechts neben das Bild der Felsspalte, in der sie die Box gefunden hatten. Schräg darüber das Foto des handgeschriebenen Rätsels. Sie ließ alles auf sich wirken. Vertauschte die Reihenfolge, wartete, dass die Bilder ihr eine Geschichte erzählen würden, doch sie blieben stumm.
    «Ich sage Stefan, er soll dich zur Agentur begleiten», hörte sie Florin sagen.
    «Perfekt.» Sie warf einen Blick auf die Uhr und wünschte sich, die Kinder schon jetzt von der Schule abholen und Achim übergeben zu können. Das wäre dann zumindest ein grünes Häkchen auf der heutigen To-do-Liste. «Übrigens», fügte sie etwas lauter hinzu, «die neue Eule war ein Volltreffer. Die Kinder lieben sie.»
    «Gut, also war immerhin eine meiner Missionen erfolgreich.» Er schob den Bürostuhl zurück und stand auf. «Drück mir für die nächste die Daumen, ich muss nämlich zu Hoffmann, die weitere Vorgehensweise besprechen. Bis später.»
     
    Konrad Papenberg erschien kurz vor zehn und wirkte, als hätte er in den letzten zwei Tagen fünf Kilo verloren. Beatrice führte ihn in eines der Besprechungszimmer. Sie entschuldigte sich für die schlechte Luft und kippte das Fenster.
    «Ich war gestern … Nora identifizieren.» Für jedes seiner Worte schien Papenberg neu Anlauf nehmen zu müssen. «Sie war es … und sie war es nicht mehr. Nicht mehr richtig, verstehen Sie das? Kein Mensch. Nur noch – ein Ding.» Ein Beben ging durch seinen Körper, er wandte sich zur Seite, zog ein Papiertaschentuch aus seiner Hosentasche und wischte sich übers Gesicht.
    Beatrice wartete, bis er sich wieder gefangen hatte. «Ich weiß, was Sie meinen.» Das war keine Lüge. Sie hatte noch nie gefunden, dass Tote aussahen, als würden sie schlafen. Sie sahen aus wie eine fremde Spezies. Erschreckend anders, sogar wenn sie friedlich gestorben waren.
    Papenberg zwang sich ein Lächeln ab. «Danke. Mir ist klar, für Sie ist das nichts Neues.»
    «So habe ich es nicht gemeint.» Beatrice suchte nach Worten. «Man kann sich nie daran gewöhnen, wissen Sie? Es bleibt schlimm, jedes einzelne Mal.» Sie stockte. Behelligte sie den Mann mit ihren eigenen Befindlichkeiten? «Es tut mir unendlich leid für Sie, das war es, was ich eigentlich sagen wollte.»
    Er nickte ruckartig, kurz, ohne Beatrice anzusehen. «Die Schriftprobe», murmelte er und hob seine Aktentasche auf den Tisch.
    Ein Schreibblock, vollgekritzelt. Auf gut vierzig Seiten hatte Nora Papenberg mit sich selbst gebrainstormt, hatte Werbeslogans ausprobiert und wieder verworfen, dazwischen Kommentare geschrieben, wie
zu lahm, ausgelutscht, öde
oder
nicht übel, ausbaufähig, das wird gut
.
    Beatrice hätte zwei Monatsgehälter darauf verwettet, dass die Schrift dieselbe war wie auf der Nachricht im Cachebehälter, aber so zu denken war unprofessionell. Bevor sie nicht das graphologische Gutachten in Händen hielten, durften sie nichts als erwiesen betrachten.
    «Danke.» Sie legte beide Hände auf den Schreibblock. «Selbstverständlich bekommen Sie das wieder zurück, wenn wir es nicht mehr brauchen.»
    Der Blick ihres Gegenübers ging ins Leere. «Ihr Kollege hat mich gestern befragt. Wollte ein Alibi von mir, für die Nacht, in der …» Er knetete mit seiner rechten Hand die Finger der Linken. «Ich habe keines.» Jetzt sah er Beatrice direkt an. «Gibt es viele Leute, die für Tatzeiten zwischen zwei und vier Uhr nachts Alibis vorweisen können?»
    «Nein.»
    «Ich habe sie nicht –»
    «Wir müssen das fragen, es gehört zur Ermittlungsroutine.» Beatrice gab sich Mühe, Wärme in ihr Lächeln zu legen. «Ich würde gerne noch etwas anderes wissen – keine Sorge, hat nichts direkt mit Ihnen zu tun.» Sie strich mit den Fingerspitzen über den Notizblock, fühlte die schwungvoll eingeprägten Linien, die Nora

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