Fuer Akkie
Das hier ist immerhin mein Brief!)
Durch diese merkwürdigen Spaßpillen (so nenne ich sie meistens) kann ich wieder essen, aber ich bekomme einen dicken Kopf davon. Das ist ziemlich schräg, denn obwohl man krank ist, sieht man aus wie ein Zehntonner.
Es ist wirklich ein Zirkus mit dieser langen Leitung und den Pillen, aber ich mache brav, was Doktor Schnauzer sagt, denn davon werde ich gesund.
Die Leute hier sind sehr nett. Veerle ist die Liebste von allen. Das liegt bestimmt daran, dass sie auch so ein Törtchen ist wie Elise. In einer Woche darf ich vielleicht nach Hause und gaaaanz vielleicht auch für halbe Tage in die Schule.
Hier im Krankenhaus gibt es auch eine Schule. Die Lehrerin heißt Rianne. Sie kommt jetzt jeden Tag ein Stündchen in meine Box und arbeitet mit mir. Morgen darf ich zum ersten Mal nach unten, denn dort hat Rianne ein richtiges Klassenzimmer. Da werde ich dann gemeinsam mit anderen Kindern unterrichtet.
Ina hat meinem Vater eine alte Prüfung mitgegeben, damit ich üben kann. Darüber war ich sehr froh. Ihr findet es vielleicht komisch, dass ich mich über Hausaufgaben freue, aber als ich das mit der Leukämie gehört habe, bin ich irre erschrocken.
Ich dachte, jetzt könnte ich die sechste Klasse vergessen und dann auch die Übergangsklasse an der Theo Thijssen. Aber seit ich wieder was für die Schule machen kann, denke ich, dass alles gut wird.
In ein paar Wochen muss ich für die nächste Chemotherapie wieder ins Krankenhaus. Auch so ein Erwachsenen-Wort, aber das heißt nur, dass sie mir wieder solche Infusionen eintrichtern und dass ich mich wieder ein paar Tage lang total beschissen fühle (soll ich auch nicht schreiben, sagt mein Vater).
Meine Eltern machen sich große Sorgen und übertreiben manchmal ganz schön, aber sie sind auch wirklich unglaublich lieb! Ich bin total froh, dass sie im Krankenhaus übernachten dürfen und immer bei mir sind.Wir spielen oft was zusammen, schauen uns gemeinsam DVD s an, und sie lesen mir auch viel vor. Vor allem, wenn ich gerade eine Infusion bekomme und einfach daliegen muss, ist das sehr angenehm.
Jetzt höre ich auf. Ich bin von dem ganzen Geschreibsel ziemlich müde geworden.
Tschüss zusammen, bis bald in der Schule
Viele Grüße von Akkie
Ina faltete die Blätter zusammen.
»Was für ein witziger Brief«, meinte Brammie.
Die anderen nickten zustimmend, und Annemieke sagte: »Ein echter Akkie-Brief.«
»Aber das Stück über den Schlauch war echt supereklig!«, rief Christel, die schon während des Vorlesens ein paarmal »Iiiih« oder »Igittigitt« geflüstert hatte.
Alle redeten wild durcheinander. Geschichten von Spritzen und unheimlichen Ärzte flogen hin und her. Joep schaffte es, Christel und Tamara zum Kreischen zu bringen, indem er von einem Arzt erzählte, der bei ihm bestimmt zehn Mal daneben gestochen hatte. »Und als er es endlich geschafft hatte, war es der falsche Arm!«
»Iiieh!«, rief Christel wieder.
Annemieke gestand Nilgun, dass sie eine Todesangst vor Spritzen hatte. »Darum finde ich es so cool von Akkie, dass sie sogar noch was Witziges darüber schreiben kann.«
Ina ließ ihre Schüler eine Zeit lang einfach reden. Sie schienen erleichtert über Akkies Brief. Als wäre auf einmal alles weniger schlimm.
Ina musste unwillkürlich an ihren Mann denken. Der war auch so tapfer gewesen, aber letzten Endes hatte es nichts geholfen. Nein, so durfte sie nicht denken, ermahnte sie sich selbst. Akkie hatte schließlich gute Chancen, wieder gesund zu werden!
Sie klatschte resolut in die Hände. »Ich werde den Brief an die Pinnwand hängen, dann könnt ihr ihn alle noch mal lesen. Und außerdem gehe ich morgen Nachmittag ins Krankenhaus, und zwei von euch dürfen mit. Wer möchte denn gern?«
Sofort schossen mehrere Finger in die Höhe.
»Wenn ich ehrlich bin, denke ich, dass Elise auf jeden Fall mitgehen sollte.«
Die meisten murmelten zustimmend.
»Aber wen ich sonst wählen soll, weiß ich wirklich nicht.«
Bevor Christel wieder anmerken konnte, wie gut sie sich im Krankenhaus auskannte, brüllte Arno: »Wir losen es aus, Ina!«
Ina schrieb eine Zahl auf die Rückseite der Tafel, die Nilgun und Laurens errieten. Zwischen ihnen musste erneut ausgelost werden, und Nilgun gewann.
»Pech gehabt, Schnuckelchen«, sagte Joep hämisch.
Laurens zuckte betont gleichgültig mit den Schultern und gab sich Mühe, seine Enttäuschung zu verbergen. Er nahm sich vor, Akkie einen ganz lieben Brief zu schreiben
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