Fuer den Rest des Lebens
Mal, wenn ich nach Hause gekommen bin, habe ich gesehen, dass Mama mit ihrem düsteren Gesicht auf mich wartet, deshalb habe ich es vorgezogen, bei Freundinnen zu schlafen, und wenn ich bei ihr sein und ihr etwas erzählen wollte, habe ich nicht die richtigen Worte herausgebracht, plötzlich war ich sauer auf sie und habe ihr eine hässliche Antwort gegeben, und dann war ich sauer auf mich und habe es ihr übel genommen, ist es etwa meine Schuld, dass ich groß werde? Nur tote Kinder werden nicht groß!
Hör auf, Nizani, es ist wunderbar, dass du groß wirst, flüstert sie ihr ins Ohr, und es ist natürlich, dass du dich von deiner Mutter distanzierst, es ist gut, dass du ihr auch unangenehme Dinge sagen und böse auf sie sein kannst, ich wünschte, ich hätte böse auf meine Eltern sein können, als ich in deinem Alter war, aber ihre Enkelin sträubt sich, was ist daran gut? Was habe ich jetzt davon, dass ich sauer war? Ich habe sie verletzt, und deshalb holt sie sich ein kleines Kind, das sie nicht verletzt, und was wird sein, wenn es groß wird? Wen wird sie dann adoptieren? Und Chemda streichelt den zerbrechlichen Rücken, so hat sich Dina auch auf ihr Bett fallen lassen, mit Vorwürfen, aber wie leicht ist es, zu beruhigen, wenn die Vorwürfe nicht einem selbst gelten, denn jetzt tauchen in ihrem Bewusstsein die Worte auf, die sie damals nicht für ihre Tochter gefunden hat, wie die Gegenstände, die sich auf dem Boden des Sees gezeigt haben, nachdem er trockengelegt war, die Deichsel eines Pflugs, der Mast eines Boots, verloren gegangene Netze. Schau, Dini, wie man sich täuschen lässt, möchte sie sagen, schau, Dini, wie Geschichten, die es nie gegeben hat, sich in die Erinnerung eingraben können, wie Liebe, die nie zur Geltung kam, von einer Generation in die nächste wandert, wie eine Stimme, die nie gehört wurde, zu einem Echo wird, die Stimme einer Frau, die sich nach einem Kind sehnte, ging jeden Tag in den See, bis er ihr sagte, ich werde dein Sohn sein, und er tränkte sie mit seinem Wasser, das ihre Gebärmutter füllte und ihren Bauch anschwellen ließ, bis sie einen Wasserjungen gebar. Hörst du, Nizani, als ich ein Kind war, wusste ich viele Geschichten zu erzählen, aber in meinen Geschichten gab es nicht genug Liebe, ich habe zu spät verstanden, dass es, je mehr man liebt, umso mehr Liebe für alle gibt, das ist eine Art Wunder, wie das Wunder mit dem Ölkrug, als ich so alt war wie deine Mutter, wollte ich in Ruhe gelassen werden, deine Mutter will gebraucht werden, und du willst ebenfalls dieses und jenes, und alles ist möglich.
Das stimmt nicht, nichts ist möglich, sagt das Mädchen verbohrt, wenn sie verzichtet, wird es schlimm sein, und wenn sie nicht verzichtet, wird es schlimm sein, und Chemda schüttelt den Kopf, du irrst dich, du bist sehr weit weg von der Wahrheit, und es kommt ihr vor, als sähe sie die Wahrheit an einem Ufer und das Mädchen am anderen und sie müsse sie mit ihren Händen zusammenschieben, sie legt die Hände auf die Augen wie damals, unter dem Pfefferbaum, wie schön war das Spiel mit den Händen doch gewesen. Sie hat so viel zu sagen, worüber denkt sie denn die ganze Zeit nach, wenn nicht über das, Mutter und Vater, Mutter und Tochter, Mutter und Sohn, aber ohne Worte ist es einfacher, einander näherzukommen, gib mir deine Hand, Nizani, schau, wie alles zusammenkommt und sich wieder entfernt, in unserer Familie geschehen die Dinge zu spät oder zu früh, das ist nicht deine Schuld.
Das stimmt, seufzt das Mädchen, ich wollte nie einen kleinen Bruder, mir ging es gut, so wie es war, ich habe meine Freundinnen immer bedauert, mit all ihren nervigen Geschwistern, ich habe immer zu meiner Mutter gesagt, sie soll es ja nicht wagen, auch nur daran zu denken, und jetzt muss sie meinetwegen ein beschissenes Kind vom Ende der Welt adoptieren, und Chemda fährt mit dem Finger über die feuchte Wange, ich war auch ein Einzelkind, aber ich habe mir Geschwister gewünscht, sagt sie, bei uns im Kibbuz gab es einen Jungen, dessen Mutter bei seiner Geburt gestorben ist, und ich wollte so sehr, dass meine Mutter ihn adoptiert, ich halte es für ein Wunder, dass man ein Kind nimmt, das schon geboren ist, und ihm ein liebevolles Zuhause gibt.
Was für ein Zuhause und was für eine Liebe mit einer Mutter, die komplett verrückt geworden ist, und einem Vater, der das überhaupt nicht will?, beharrt das Mädchen, er hat gesagt, wenn das passiert, verlässt er das Haus, er
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