Fuer den Rest des Lebens
habe ich von einer Frau in meinem Alter gehört, die sich umgebracht hat, ohne ersichtlichen Grund, und obwohl ich nichts über sie weiß, verstehe ich sie sehr gut, ich glaube, sie hat sich aufgehängt, so wie man ein Hemd nach dem Bügeln in den Schrank hängt, hast du irgendwann einmal daran gedacht, dich aufzuhängen? Und als ihre Mutter ihr mit einem leichten Erzittern antwortet, flüstert sie, es ist in Ordnung, Mutter, du brauchst dich nicht unbehaglich zu fühlen, ich glaube, wir beide haben noch nie ein so gutes Gespräch miteinander geführt, noch nie habe ich so viel von dir bekommen.
Trotz des warmen Winds, der durch das Fenster dringt, schlagen ihre Zähne aufeinander und sie drückt sich an den Körper neben ihr, bis sie eindöst, sie meint ihre Mutter flüstern zu hören, schlaf, schlaf, wie an jenem Nachmittag, als sie sie krank angetroffen hatte. Schlaf, schlaf, hatte sie befohlen, um sie zum Schweigen zu bringen, und Dina hatte neben ihr gelegen und sie betrachtet, während sie schlief, das Gesicht ihrer Mutter war damals rot von der Krankheit, ihre vollen Haare lagen um ihren Kopf, und sie streichelte sie wieder und wieder, bis ihr Vater in der Tür stand, Dinale, komm sofort aus ihrem Bett, sonst steckst du dich noch an, sie hat hohes Fieber, er zog sie unter der Decke heraus und Dina wunderte sich, wenn sie hohes Fieber hat, warum ist sie dann so kalt, und auch jetzt steht er in der Tür, stört sie beim Schlafen, hatte er damals eine geheime Absicht, als er sie aus dem Bett ihrer Mutter zog, als wäre es ein Unglücksort? Hatte es nicht das unausgesprochene Übereinkommen zwischen dem Paar gegeben, Dina gehört dem Vater und Avner der Mutter, ein nach allen Richtungen schlimmes Abkommen, auch jetzt, von den Toten auferstanden, ist er da, um sie voneinander zu trennen, was ist los, Vater? Steckt auch das Alter an, steckt der Tod an?
Ach, da sind Sie also, sagt Röchele, ich habe schon gedacht, Sie wären weggegangen und hätten sie allein gelassen, und als Dina sich im Bett aufsetzt, verwirrt vom Schlaf, prahlt sie mit ihren Einkäufen, ich habe wunderbare Tomaten mitgebracht, ich werde sie für Ihre Mutter reiben, mit ein bisschen Salz und Olivenöl, möchten Sie vielleicht auch etwas? Und Dina sagt, nein, danke, ich muss jetzt gehen, und sie steht langsam auf, ihre Glieder schmerzen, als hätte sie sich jetzt erst an jener Grippe von vor vierzig Jahren angesteckt.
Trinken Sie etwas, Sie sehen nicht gut aus, schlägt Röchele vor, ich mache Ihnen einen Tee mit Zitrone, und Dina wundert sich, wie schafft es diese Frau, die ungefähr in ihrem Alter ist, die Rolle der Mutter zu übernehmen, eine Rolle, die ihre eigene Mutter nie im Leben gehabt hat, Dina reagiert auf die Fürsorge, sie setzt sich in die Küche und beobachtet die flinken Finger, die Tee kochen, eine Zitrone auspressen, die Tomaten reiben, gleich wird sie ihr ein Lätzchen umbinden und sie mit einem Löffelchen füttern, als wäre sie ein kleines Kind, um nicht zu sagen eine alte Frau, deren Geist schwindet. Wer weiß, wie viele kleine Kinder sie schon gefüttert hat, mit diesen geschickten Händen, die über die Küchengeräte gleiten, wie viele Kinder hat sie gewickelt und gewaschen und angezogen und gekämmt und umarmt, und für einen Moment möchte sie das Kind dieser Frau sein, von der sie eigentlich nichts weiß, Schlomit, ihre Schwägerin, war es, die durch eine Freundin von ihr gehört und sie zu ihrer Mutter gebracht hat, als sie aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
Wie viele Kinder haben Sie, Röchele?, fragt sie, auf den Lippen schon das erstaunte Lächeln, mit dem sie auf die zu erwartende Antwort reagieren wird, fünf, sechs, oder noch mehr? Aber Rocheies Hände erstarren einen Moment auf der Reibe, dann bewegen sie sich in einer anderen Geschwindigkeit weiter, reiben eine reife Tomate und greifen sofort nach der nächsten, ich habe keine Kinder, bekennt sie mit starren Lippen, und Dina ist verlegen, es ist in Ordnung, sagt sie, als wäre sie eine Richterin, die dem Verbrecher verzeiht, und sie betet, ihre Frage würde sich in Luft auflösen. Zu ihrem Bedauern dringt plötzlich durch das Küchenfenster das Kindergeschrei der benachbarten Schule, als wären sie alle ihre Kinder, ihrer beider Kinder, die Kinder, die sie hätten haben können und die sich ihnen zu Ehren zu einer Überraschungsparty versammelt haben, und Röchele setzt sich ihr gegenüber und wischt sich die Hände an ihrer Schürze ab, ich hatte ein
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