Fuer den Rest des Lebens
ihn wirklich begehrt oder ob das Teil des Abkommens ist, wie erniedrigend ist das für ihn und auch für sie, schließlich haben sie seit Monaten nicht mehr miteinander geschlafen. Wann war es zum letzten Mal? An ihrem Geburtstag, oder an seinem, beim letzten Geburtstag jedenfalls, und plötzlich erinnert er sich nicht, schon lange hat der Sex an Bedeutung verloren und ist zu einer bürgerlichen Zeremonie geworden, wie eine Flasche Sekt, die man zu speziellen Anlässen öffnet, obwohl keiner den Geschmack von Sekt besonders mag, außer in jenem Jahr, als sie mit Jotam schwanger werden wollte, damals hatte sie morgens die Funktion ihrer Eierstöcke kontrolliert, und fast ein Jahr lang hatte das ihr Sexualleben bestimmt, und obwohl sie beide sachlich und nicht romantisch waren, aufgrund der ganzen Umstände, hatten sie damals das Gefühl der Gelassenheit, doch nachdem ihr Wunsch erfüllt worden war, schien sie jedes Interesse verloren zu haben, und obwohl er dasselbe empfand, fühlte er Wut, und auch jetzt weckt ihr Körper seine Wut, eigentlich genau wie sein eigener Körper, nicht nur wegen seines Gewichts, sondern auch wegen seines Mangels an Würde, deshalb kommen ihm ihre Brüste, die sie gegen seinen Rücken drückt, wie hilflose, unattraktive Abgesandte vor, er sagt, ich bin erschlagen, gute Nacht, und sie zieht sich schweigend zur anderen Seite des Bettes zurück und ist ein paar Minuten später eingeschlafen, wie immer, obwohl sie dauernd behauptet, nachts nicht schlafen zu können, ihre regelmäßigen Atemzüge begleiten ihn schon seit Jahren in den Schlaf, seine Einschlafschwierigkeiten sind eine Art familiärer Fluch, der auf ihm, seiner Mutter und seiner Schwester Dina liegt, fast das Einzige, was sie verbindet.
Es gab Jahre, da empfand er den gesunden Schlaf seiner Frau als gnädigen Ausgleich, und es gab Jahre, in denen er sie beneidete und sie dafür hasste, und je weiter sie sich voneinander entfernten und sie, was ihn betraf, in einer gesichtslosen Masse verschwunden war, umso weniger berührte ihn ihr Schlaf, ein weiterer Mensch, der leicht einschläft, und nur zufällig ereignet sich dieses Wunder in seinem eigenen Bett, und er verlässt seufzend das Bett und geht zum Zimmer der Jungen, hat er die Kraft, sie zu verlassen, oder hat er vielleicht den richtigen Zeitpunkt verpasst?
Die Nachtlampe mit den Mickymausohren und dem dümmlichen Lächeln beleuchtet Jotam, der mit offenem Mund und zusammengezogenen Augenbrauen schläft, während Tomers Gesicht, das der Lichtschein nicht erreicht, im Dunkeln liegt, als trennte eine ganze Welt die beiden Betten. Hat er sich wirklich einen anderen Sohn erhofft, ist es seine Ähnlichkeit mit Schlomit, die ihn, je schlechter ihre Beziehung wurde, von ihm entfernte, oder war es die Ähnlichkeit mit ihm selbst? Wieder hat sie nicht recht, die Menschen möchten aus irgendwelchen Gründen, dass ihre Kinder ihnen ähnlich sind, doch für ihn ist die Ähnlichkeit bedrückend, aber vielleicht hat er nicht recht, denn noch bevor der Junge da war, gab es schon die quälende Last, denn seine Geburt war für ihn ein weiteres Schloss an seinem Gefängnis, noch ein Netz, in dem er gefangen war, er empfand keine große Freude über das Kind, er freute sich nicht genug über ihn, während Schlomit ihn sofort liebevoll in Besitz nahm.
Mit schwerem Herzen verlässt er das Zimmer und knipst in der Küche das Licht an, eigentlich ist er hungrig, sein Bauch ist groß und hohl, außer einem armseligen Brötchen in der Gerichtskantine hat er nichts gegessen, aber er wird sich beherrschen, er wird diesem Bauch nicht nachgeben, er wird ihn bestrafen und ihn hungern lassen, er wird ihn mit harter Hand behandeln, und er bückt sich und trinkt lauwarmes Wasser aus dem Hahn, trinkt und trinkt, bis die Höhlung gefüllt ist, dann schleppt er seine müden Beine wieder ins Schlafzimmer. Durch die Ritzen des Rollladens dringt das Licht der Straßenlaterne und wirft schmale Streifen auf Schlomits Nacken, sie betonen den Unterschied zwischen ihrer weichen, hellen Haut und ihren schwarzen, gekräuselten Haaren, er berührt gedankenlos ihren Nacken, greift nach seinem Glied, das erwacht, es ist, als wäre der Hunger von seinem Bauch in seinen Penis gewandert, die Lust, sich in rohes, fettes Fleisch zu bohren, angezogen von einem behaarten hässlichen Nacken, denn eine unbekannte animalische Gier bringt ihn dazu, sich plötzlich auf ihren Hals zu stürzen und hineinzubeißen, wütend, verzweifelt,
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