Fuer dich mein Glueck
andere Kinder hatten. Selbst über einen Teilzeitvater hätte sie sich riesig gefreut. Auch ihre Eifersucht auf seine anderen Töchter Layla und Kara würde sie ebenso verschweigen wie ihre Zweifel über die wahren Beweggründe für seine Ehe mit Angela. Ja, ihr Vater hatte die perfekte Frau geheiratet, um seine Karriere voranzutreiben. Sonnet wollte glauben, dass es aus Liebe geschehen war, doch manchmal fragte sie sich, ob Laurence Jeffries seine Hochzeit mit der Tochter eines berühmten Menschenrechtlers nicht doch geplant hatte. Darüber würde Sonnet natürlich kein einziges Wort verlieren, denn sie gab diese Zweifel ja nicht einmal vor sich selber zu. Liebe hatte auf der Prioritätenliste ihres Vaters nie sonderlich weit oben gestanden. Er mied sie vielleicht, weil sie, anders als eine Kompanie Soldaten, oder eine Abteilung beim Militär, nicht zu kontrollieren war.
„Ich bin ein großes Mädchen“, versicherte sie. „Ich kann schon auf mich aufpassen.“
„Daran habe ich nie gezweifelt“, sagte ihr Vater. „Aber trotzdem tut es mir leid.“
Sonnet fühlte sich auf einmal unwohl. „Haben sie meine Mutter belästigt?“
„Ich hoffe nicht, aber unglücklicherweise haben wir es mit Johnny Delvecchio zu tun.“
„Wenn er Kontakt zu ihr sucht, wird sie kein schlechtes Wort über dich verlieren.“ Dessen war sich Sonnet ganz sicher. Nina hatte immer betont, dass es ihre Entscheidung gewesen war, und nie auch nur ein böses Wort über Laurence verloren. Zumindest nicht gegenüber Sonnet.
Die Unterhaltung wandte sich anderen Kampagnenthemen zu. Sonnets großer Erfolg rutschte immer mehr in den Hintergrund. Sie versuchte, sich nicht zurückgesetzt zu fühlen. Sie wollte doch ihr Stipendium feiern. Natürlich war sie es gewohnt, dass sich in Gegenwart ihres Vaters alles immer nur um ihn drehte. Er machte eine überwältigende Karriere und führte ein überwältigendes Leben, und seine Kandidatur für den Kongress machte beides nur noch größer.
Wie alle anderen in seinem Umkreis bewunderte und respektierte sie ihn für seinen Drang, Erfolg zu haben. Wenn man bedachte, was er erreicht hatte, machte er offenbar alles richtig. Laurence Jeffries führte ein wohlüberlegtes und durchorganisiertes Leben.
Den einzigen Fehler, den er sich je erlaubt hatte, war Sonnet. Sie war das Ergebnis einer jugendlichen Indiskretion, die ihm die Welt bereits vergeben hatte. Einige Menschen hatten einfach Glück. Sie kamen mit Dingen durch, die anderen das Genick brachen.
Ansonsten war sein Lebenslauf makellos. Mit reiner Willenskraft hatte er es vom Sohn einer alleinerziehenden Mutter, die von staatlicher Unterstützung lebte, zu einem geschätzten Militärexperten und angesehenen Politiker gebracht. In der Schule hatte er in allen Fächern und auch im Sport Bestleistungen erbracht und einen der begehrten Plätze in West Point ergattert. Von da an war es für ihn in den militärischen Rängen stetig bergauf gegangen. Er war eine für seine Karriere förderliche Ehe eingegangen, und soweit man wusste, war es eine liebevolle Partnerschaft. Seine beiden bezaubernden Töchter gingen auf Privatschulen und pflegten einen internationalen Lebensstil. Sonnet war der einzige Fleck in seinem makellosen Leben.
Sie hasste es, ein Fleck zu sein.
„Wie wird das nur werden?“, fragte Sonnet später am Abend, als sie und Orlando sich fürs Bett fertig machten. Er hatte sich wegen des verlorenen Schlüssels beruhigt, und sie fand es aufregend, bei ihm zu sein und ihre Habseligkeiten sorgfältig in einer kleinen Ecke seines begehbaren Kleiderschranks zu verstauen. „Ich meine, wenn du hier bist und ich nach Übersee gehe.“
„Ich schätze, wir werden ordentlich Meilen sammeln.“
„Ich meinte nicht die Flüge, sondern wie es zwischen uns funktionieren soll.“
„Du meinst, wie wir diese Beziehung aufrechterhalten können?“
Orlando nannte es eine Beziehung. Vorhin hatte er sie schon mit seinem Heiratsantrag aufgezogen, meinte er es etwa wirklich ernst mit ihr? Ihr Umgang miteinander wurde immer vertrauter, das spürte Sonnet ganz deutlich. Sie steuerten auf ein Ziel zu, das war doch gut, oder?
Orlando war der vorsichtigste Mann, den sie je kennengelernt hatte. Er wählte seine Worte so sorgfältig, als sollten sie in Stein gemeißelt werden. So etwas wie „Beziehung“ zu sagen war für jemanden wie Orlando eine ernste Sache. Sonnet war wesentlich impulsiver, und er glich diese Seite an ihr aus.
„Danke“, sagte sie.
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