Fuer dich mein Glueck
veränderte einen Menschen. Sonnet sah es jeden Tag. Obwohl Nina sich bemühte, optimistisch zu bleiben, sah sie doch immer schwächer und erschöpfter aus. „Der Kampf ermüdet mich“, gab sie eines Tages zu, „dabei hat er doch gerade erst angefangen.“
„Denk an das, was sie uns in der Selbsthilfegruppe erzählt haben. Es ist kein Sprint, es ist ein Marathon.“
„Soll ich mich deshalb besser fühlen?“
„Ich schätze nicht, aber ich habe eine Idee. Warum nutzen wir meinen freien Tag nicht zum Shoppen? Zuzu’s Petals hat in dieser Woche großen Schlussverkauf.“ Sie liebte die abgedrehte Indie-Boutique in der Stadt. Suzanne, die Besitzerin, trieb immer die schönsten und buntesten Klamotten von unbekannten Designern auf.
„Ich bin noch im Bademantel.“ Nina verschränkte die Hände vor sich auf dem Tisch.
„Das ist es doch. Du brauchst was Tolles zum Anziehen.“
„Mir ist nicht nach Shoppen.“
„Mir aber. Komm schon, Mom. Wir müssen beide mal raus. Es tut uns nicht gut, nur hier drinnen zu hocken und zu grübeln. Verflixt, ich klinge langsam schon wie meine Mutter.“
„Ich bin gut, oder?“
„Ja! Los, wir brauchen beide eine Einkaufstherapie.“
„Ich sehe schon, jeder Widerstand ist zwecklos. Also gut“, seufzte Nina.
Avalon war an diesem Samstagmorgen quirlig. Viele Leute gingen shoppen oder bummelten an den Schaufenstern vorbei. Touristen mit Fotokameras in der Hand und Wochenendausflügler bewunderten die alten Häuser oder tranken ihren Kaffee in der Sonne. Es versprach ein wunderbarer Tag zu werden. Suzanne schob gerade einen Ständer mit reduzierten Kleidern auf den Gehsteig, auf dem schon ein Tisch mit Kerzen und Seifen stand.
„Hey Nina“, rief sie fröhlich, „Hey Sonnet. Wie schön, euch zu sehen.“
„Meine Tochter meint, wir müssten ein wenig therapeutisch shoppen.“ Nina nahm eine Kerze in die Hand und roch daran.
„Dann seid ihr genau am richtigen Platz.“ Suzanne sah Nina mitfühlend an. „Wie geht es dir?“
„Ich bin schwanger. Ich bin in der Chemo. Also alles ist wie immer.“
„Ich wünschte, ich könnte dir irgendwie helfen. Meine Cousine Sarah hatte auch Brustkrebs, und ich weiß noch, dass ihr ständig kalt war. Ich habe ihr einen pinkfarbenen Pashmina-Schal geschenkt. Sie hat ihn überall mit hingenommen.“ Suzanne zeigte zu einem Ständer mit Schals direkt an der Tür.
„Das ist eine gute Idee“, sagte Nina. „Wie geht es ihr?“
Suzanne wurde blass und begann zu stottern. „Oh, sie ist gestorben. Sie war älter als ich. Sehr viel älter. Und es ist schon sehr lange her. Mein Gott, es tut mir leid, ich hätte nicht davon anfangen sollen.“
Nina zuckte mit den Schultern. „Es ist schwer, das Richtige zu sagen. Vor ein paar Wochen hätte ich auch noch nicht gewusst, wie man mit so einer Situation umgeht.“
Sonnet sehnte sich danach, die Zeit zurückzudrehen. Auf die Zeit vor all dem hier. Sie hakte sich bei Nina unter „Komm, suchen wir uns was Hübsches aus.“
Im Laden roch es nach Seife, Kerzen und duftenden Blütenblättern. Auf einem Tischchen standen ein mit Kräutertee gefüllter Samowar und eine Schale Minzbonbons. „Jeder, den ich treffe, erwähnt einen Freund oder einen Verwandten, der ebenfalls Krebs hatte“, murmelte Nina. „Ich hasse das. Ich weiß, die Leute wollen nur nett sein, aber ich hasse es wirklich.“
„Denk einfach daran, dass die Leute dich gern haben und dir Kraft gegen wollen“, sagte Sonnet.
„Du hast recht, Miss Klugscheißer. Ich ziehe meine Aussage zurück.“
„Ich meine ja nur, wow, sieh dir die mal an.“ Sie zog ihre Mutter zu einer Vitrine mit kunstvoll verzierten Ohrringen.
„Oh, sind die schön!“ Nina hob ihr Haar hoch und hielt einen der Ringe an ihr Ohr. „Du hattest recht, es tut gut, aus dem Haus zu kommen. Ich fühle mich bereits viel besser.“
„Und wenn du dir die Ohrringe kaufst, wirst du dich noch besser fühlen.“ Sonnet fühlte sich zu einer aus Vintagestoff genähten Jacke im viktorianischen Stil hingezogen. Sie probierte sie an und strich sie mit den Händen glatt. Sie fühlte sich wunderschön an. Der Samtstoff umschmeichelte ihre Hüften, und die Taschen waren mit weichem Seidenband eingefasst.
„Die steht dir fantastisch“, sagte Nina. „Du solltest sie nehmen.“
Sonnet betrachtete sich in dem dreiteiligen Spiegel und nahm ihre Haare zusammen, um das Rückenteil besser sehen zu können. Es hatte eine korsettartige Schnürung mit einem Seidenband über
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