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Für ein Lied und hundert Lieder

Für ein Lied und hundert Lieder

Titel: Für ein Lied und hundert Lieder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liao Yiwu
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dachte noch, der Kerl steckt sich eine an, doch dann fing die Erde an zu beben. Und das wiederholte sich mehrmals, das Moskitonetz fing schließlich Feuer, eine Ecke verbrannte völlig.
    Der Kerl erhob sich, sein Kopf und Gesicht waren versengt. Auf dem wertvollen Feuerzeug, das er für drei Fleischrationen eingetauscht hatte, war ein japanisches Girl abgedruckt, in normaler ordentlicher Alltagskleidung, aber wenn man zweimal damit Feuer gab, öffnete die Schöne Kleidung und Gürtel und stellte ihre Brüste und ihr Geschlecht zur Schau. Mit diesem Spielzeug kam man relativ gut in Fahrt, aber bei der kleinsten Unachtsamkeit steckte man sich selbst in Brand.
     
     
    Ich hatte vor den Knastjahren des alten Weißkopfs die größte Hochachtung. Er teilte das nicht und meinte: »Der Hygienemann unten war Reporter bei der Saodang-Zeitung der Guomindang, er hat zweimal gesessen, insgesamt an die vierzig Jahre; Huang Lian, der Hygienemensch von der Produktionsbrigade nebenan, war ständiges Mitglied des Revolutionskomitees der Provinz Sichuan und Kommandeur einer Rebellengruppe, der hat auch achtzehn Jahre gesessen; erinnern Sie sich noch an Liu Jiting und Zhang Xiting, das Pärchen?«
    »Stellvertretende Vorsitzende des Revolutionskomitees der Provinz, als ich klein war, habe ich sie gesehen, sie haben Reden gehalten, auf der Tribüne des Vorsitzenden bei den Massenversammlungen, sie waren sehr angesagt, damals.«
    »Und noch in den Einzelzellen im Gefängnis haben sie die Sonderbehandlung genossen von jemandem, der auf stellvertretender Provinzebene tätig war. Wie man erzählt, hatte Zhang Xiting ihre Zeit als Erste abgesessen, sie ist freiwillig dringeblieben, um bei ihrem Mann zu sein. Natürlich, der berühmteste Gefangene des Gefängnisses Nr. 3 war Hu Feng, sein eigentlicher Name war Zhang Guangren, insgesamt hat der auch über zwanzig Jahre hier gesessen.«
    »Haben Sie Hu Feng gesehen?«, sagte ich erschrocken und kam ganz unbeabsichtigt auf meinen gestrigen Traum zu sprechen, »eine unendliche Reihe von Gräbern, und Hu Feng sagte, er sei jetzt in dem zwanzig Stockwerke tiefen unterirdischen Gefängnis.«
    »Sie werden nochmals davon träumen«, sagte der alte Weißkopf, als sei das für ihn nichts Außergewöhnliches, »damals war der Ort Dazhu noch sehr klein, die Toten der Kreisstadt wurden alle hierhergebracht, das ging sehr lange so, es ist ein richtig großer Friedhof entstanden. Nach der Befreiung hat die Regierung die Grabhügel planiert und das Gefängnis gebaut. Seit zwanzig Jahren träume ich jeden Winter von heimatlosen Seelen, die durch die Fenster hereindrängen und die mich zwingen, von ihrem Gebiet wegzuziehen. Ich habe das immer wieder vorgebracht, aber die Regierung hat mich nicht freilassen wollen, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe, wer würde freiwillig hierbleiben? Daraufhin haben die Gespenster sich auf meine Brust gelegt und geweint, als sei ich ihr alter Großvater, der bald seinen letzten Atemzug tut.«
    Mir lief ein Schauer über den Rücken: »Hu Feng ist sogar in meinen Körper gekommen!«
    »Er hat damals in Ihrem Bett geschlafen.«
    »Auch oben?«
    »Damals stand es auf dem Boden, war ein Bett für viele. Zhang Guangren war Intellektueller, also wurde er als Protokollführer des Lernens zugeteilt, er schlief neben dem Gruppenführer. Das Gebäude hier ist vor zehn Jahren auf dem ursprünglichen Platz gebaut worden, wenn man es genau nimmt, haben Sie gerade die Lücke gefüllt, die er hinterlassen hat.«
    Was der alte Weißkopf mir erzählte, wurde später von vielen bestätigt, die ihre Strafe abgesessen hatten und weiter im Gefängnis ihrer Arbeit nachgingen: »Bevor sie Zhang Guangren in Einzelhaft gesteckt haben und er den Verstand verloren hat, war er die ganze Zeit in der Produktionsbrigade Nummer zwei. Er war hochgewachsen, und wenn er sich nicht satt essen konnte, hat er Kleister gestohlen. Die anderen Gefangenen sind ihm nach und haben ihn geschlagen, er bückte sich wie ein großer Shrimp und hat sich überall herumgedrückt und versteckt – bis er sich eines Tages eine große Schale mit Kleister in den Hals geschüttet und sich auch noch wie ein naschendes Kind die Hände abgeleckt hat, das war schon schlimm.«
    »Nach seinem Tod wurde es noch schlimmer«, sagte ich trübsinnig.
    »Einmal war Zhang Guangren an der Reihe mit dem Essenholen; als er die Steintreppe herunterkam, hat er nicht aufgepasst, ist gestolpert, hat sich überschlagen, und das Essen von gut einem

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