Für ein Lied und hundert Lieder
Herren die Gemächte sauber, wie die Hunde. Erst wenn die Penisse schlaff wurden, brachten sie eine Schale Wasser und wischten mit weißen und reinen Gazetüchern die Körper sauber.
Erst wenn die große Aufgabe bei allen erfüllt war, richteten diese Sexmaschinen sich auf und hockten sich irgendwohin, wie Marionetten warteten sie still auf den Nachgeschmack des Geschehenen. Bis die alten Zhaos winkten, sie sollten sich zurückziehen und in ihren gewohnten Schneidersitz und ihre geistige Bereitschaft zurückkehren.
Aber auch das Unerwartete geschah gelegentlich. Einmal hat ein Neuer beim Samenschlucken nicht aufgepasst, ihm hat sich der Magen umgedreht, und alles kam hoch. Das erregte den Zorn der Oberen, sie bedachten ihn mit einem achtfachen Bärentatzen-Tofu, bis ihm das Blut nur so aus dem Mund lief. Der Kerl hielt sich das Gesicht zu und leckte das Blut und den übrigen Dreck wieder sauber, außerdem steckte er den Kopf in den Latrinenkübel und schaute eine Stunde lang nach den Goldfischen.
Mit der Zeit brach bei mir der Instinkt des räudigen Hundes vollends durch, mit mir war kein Staat mehr zu machen. Ich gab freiwillig mein Privileg beim Essen zurück, ich verdiente mir mein Essen mit meinem alten Bettnachbarn; wenn ich nichts zu tun hatte, mischte ich mich unter den Haufen der Felldiebe, erkundigte mich nach ihren Fällen und förderte die wunderbarsten Gauklergeschichten zutage. Außerdem zettelte ich einen Staatsstreich an, der scheitern sollte, glücklicherweise aber konnte man die drei Hauptverschwörer als anständige Kerle bezeichnen, auch harte Strafen und Folter konnten ihnen kein Geständnis abpressen.
Eine Flut von Neuankömmlingen strömte in das Gefängnis, auf einer Fläche von kaum mehr als 20 Quadratmetern waren mittlerweile über dreißig Menschen eingesperrt – und doch mussten die geräumigen Bettstellen der Oberen gewährleistet bleiben. Als Folge davon saßen die Felldiebe platt aufrecht und schliefen nach einer Seite geneigt, wie in einer Sardinenbüchse; aber die Oberen hatten immer den Verdacht, »die menschlichen Holzpflöcke« seien noch nicht dicht genug eingeschlagen, so dass der alte Nummer sechs, einer der Mörder, der für die Schlafordnung verantwortlich war, über dieses lebende Fleisch hin und her joggte, um die Spalten zu schließen. Unentwegt stiegen menschliche Ausdünstungen auf. In solchen Augenblicken wurden sogar die Latrinendiebe beneidet, die beiden lagen wie Schlangen um das Postament des Kübels herum, mit entspannten Mienen.
Meine Bettstatt war genau auf der Grenzlinie zwischen oben und unten, rechts war der für das abgekochte Wasser zuständige Dieb, ich wurde ständig gestört, weil jemand auf mich drauftrat, der zu ihm wollte. Es war unerträglich, ich richtete mich auf, rollte die Decke zusammen, ging über ein paar Schlafstellen weg und zwängte mich vor zwei Mördern in die Hocke, mit dem Rücken vor einem toten Winkel, genau gegenüber der Tür.
Der Kessel in der Zelle war am Überkochen, der Wachhabende, ein Mann namens Huang, bekam das mit und kam gerannt, ich sprang auf, nahm Haltung an und berichtete. Wahrheitsgemäß. Huang war außer sich, er gab brüllend den Befehl, die ganze Bande solle hochkommen, die Schlafstellen neu ausrichten und oben und unten sollten tauschen. Die Oberen mussten das kommentarlos schlucken und sich in den Haufen der Felldiebe drücken. Zufrieden, wie ich war, witterte ich Morgenluft und besetzte die erste Schlafstelle vor der Tür, wo linker Hand in der Ecke die Bücher gestapelt waren. Huang lobte mich vor der ganzen Bande: »Unser guter Konterrevolution!«
Die Könige des Diebesgesindels knirschten mit den Zähnen, sie hassten mich.
Die Zellen von Gruppe drei und zwei lagen einander gegenüber, und weil sie mit dem Zellenbeauftragten nicht im Reinen waren, beschimpfte sich das Diebesgesindel beider Gruppen oft über den Mittelgang weg. Wenn sie von den Schimpftiraden die Nase voll hatten, nutzten sie den Hofgang für Massenprügeleien. Dabei verloren beide Seiten, denn die Wachhabenden gaben jedem gewohnheitsmäßig 50 Stockhiebe. Wenn am nächsten Tag zufällig unser Wen vorbeikam, gab es kein Vertun, erst wurden allen Unruhestiftern die Fesseln abgenommen und zur Belohnung Getreide gekauft. Wenn allerdings der uns feindlich gesinnte Wärter Guo an der Reihe war, schritt er mit einer Bambusrute tänzelnd und schimpfend durch den äußeren Rundgang. Außerdem spielte er sich als Schiedsrichter auf und
Weitere Kostenlose Bücher