Für eine Nacht
warf.
Zur Antwort beugte er sich vor und strich mit den Lippen ganz sacht über die ihren; eine sanfte, zärtliche Berührung, die das Blut heißer durch ihre Adern rauschen ließ. Doch statt den Kuss zu vertiefen, löste er sich von ihr und sah sie an.
»Wir bringen diese Sache zu Ende, wenn ich geduscht habe.« Sein Mund krümmte sich zu einem wissenden Lächeln, und sie begriff, dass er soeben die Fronten zwischen ihnen geklärt
hatte, ohne ein Wort zu sagen. Sie begehrte ihn. Leugnen fruchtete nichts.
Immer noch lächelnd verschwand er im Schlafzimmer, was ihr eine willkommene Atempause verschaffte. Sie brauchte dringend Zeit zum Nachdenken.
Zwischen ihr und Chase drohte etwas aus dem Ruder zu laufen. Da sie bereits miteinander geschlafen hatten, wusste sie, wie geschickt der Mann seine Hände zu gebrauchen verstand und dass er sie mühelos in einen Zustand höchster Erregung versetzen konnte. Er musste sie nur ansehen, und schon stand sie in Flammen. Wie jetzt.
Aber sie war nicht der Typ für flüchtige Abenteuer und wäre auch nie mit Chase gleich am ersten Abend ins Bett gegangen, wenn ihr der Schock über die Enthüllung ihrer wahren Abstammung nicht so in den Knochen gesessen hätte. Aber sie hatte sich unter anderem auch deshalb mit ihm eingelassen, weil sie vom ersten Moment an Vertrauen zu ihm gefasst hatte. Und seit ihrer gemeinsamen Liebesnacht fühlte sie sich auf eine unerklärliche Weise emotional an ihn gebunden.
Hätte er sich als Mann entpuppt, den sie nicht mögen und respektieren konnte, dann wäre es ihr vielleicht gelungen, Distanz zu wahren. Im Geiste zählte sie auf, was sie inzwischen über ihn wusste. Er versuchte, sich niemals eine Schwäche anmerken zu lassen, was ihm allerdings in Bezug auf seine Mutter nicht gelang; er hatte sein eigenes Leben aufs Spiel gesetzt, um sie, Sloane, zu retten, und er hatte von sich aus an Schutzmaßnahmen gedacht, ehe er mit ihr geschlafen hatte. Wie sollte sie ihn da nicht mögen?
Aber er war Journalist, mahnte Sloane sich. Ein Journalist auf der Suche nach der ganz großen Story, dem Knüller, der ihm den Start in ein neues Leben ermöglichen sollte. So viel hatte sie sich inzwischen selbst zusammengereimt. Und wenn
das noch nicht reichte, sie davon abzuhalten, ihm zu sehr zu vertrauen oder sich noch stärker auf ihn einzulassen, dann war da noch ihre ungewisse Zukunft. Sobald sie ihr Leben wieder geordnet hatte, wollte Sloane heiraten, Kinder haben und an ihrer Karriere als Innenarchitektin basteln, die sie vorübergehend auf Eis gelegt hatte. Und für Chase Chandler war, wie er selbst gesagt hatte, Safer Sex oberstes Gebot. Er wollte auf keinen Fall Kinder.
Sie tat gut daran, das nie zu vergessen.
Irgendwo dort draußen wartete Samson auf sie. Noch einmal rief sie sich alles ins Gedächtnis, was gegen Chase sprach, und als im Bad das Wasser zu laufen begann, huschte sie lautlos zur Tür hinaus.
Chase unterdrückte den Drang, Sloane eigenhändig den Hals umzudrehen, und überlegte, wie er jetzt weiter vorgehen sollte, während er seinen Truck vor dem Crazy Eights abstellte, einer Billardkneipe in einer verrufenen Gegend von Harrington, der Nachbarstadt von Yorkshire Falls. Die grellen Neonlichter und die vor dem Lokal geparkten schweren Motorräder verrieten sofort, von welchem Schlag die Gäste waren, die sich hier herumtrieben. Eine Frau ohne Begleitung hatte hier nichts verloren. Senator Carlisles Tochter schon gar nicht.
Als er aus dem Bad gekommen war und Sloane nicht mehr im Wohnzimmer vorgefunden hatte, hatte er sofort gewusst, dass sie ihm entwischt war, und sich für seine eigene Dummheit verwünscht. Er hatte sie zu sehr bedrängt, und sie hatte die Flucht ergriffen. Aber da ihr Samsons Schicksal sehr am Herzen zu liegen schien, lag der Verdacht nahe, dass sie sich auf eigene Faust auf die Suche nach ihm gemacht hatte. Und
da Chase keine Ahnung hatte, wohin sie gegangen sein konnte, hatte er Izzy und Norman angerufen, die beiden einzigen Menschen, mit denen Sloane seines Wissens nach heute außer ihm selbst, seinem Bruder Rick, seiner Mutter und Eric gesprochen hatte.
Es stellte sich heraus, dass Norman ihr den Namen von Samsons Stammkneipe verraten hatte, einem Schuppen, den Chase bislang noch nie betreten hatte. Und als er den Schankraum betrat, wo ihm der Geruch nach abgestandenem Bier und kaltem Rauch entgegenschlug und er sich an tätowierten Typen in Motorradkluft und ihren Rockerbräuten vorbeizwängen musste, dachte
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