Für eine Nacht
von Chase zu Rick. »Er weiß Bescheid?«, fragte sie ihren zweitältesten Sohn.
Rick nickte nur.
»Ich wollte dich zur Rede stellen, sowie ich aus Washington zurück war, aber dann kam mir die Geschichte mit Sloane dazwischen, und die Sache ist ziemlich aus dem Ruder gelaufen«, entgegnete Chase. »Aber das ist vorbei. Ich weiß jetzt wieder, was mir wichtig ist und was weniger wichtig.« Er sah Rick an. »Welche Diagnose haben die Ärzte gestellt?«
Er war auf das Schlimmste gefasst, ließ sich aber seine Besorgnis nicht anmerken.
»Angina. Wie es aussieht, ist der Blutfluss zum Herzen zu schwach, und wenn sie sich überanstrengt, treten diese Schmerzen auf.«
Chase nickte. Genau dieselben Symptome hatte Raina ihnen beschrieben, nachdem sie angeblich ihren ersten Anfall erlitten hatte. Erst jetzt ging ihm auf, dass er eigentlich schon längst hätte erkennen müssen, dass seine Mutter nur Theater spielte. Raina hatte ihm genug Hinweise geliefert, nur waren er und seine Brüder so besorgt um sie gewesen, dass sie all diese Kleinigkeiten übersehen hatten.
»Chase, wir müssen unbedingt über diese ... Scharade sprechen, die ich aufgeführt habe. Ich weiß, was ich euch damit angetan habe.« Tränen glitzerten in Rainas Augen. »Ich habe einen großen Fehler gemacht.«
Ihr Eingeständnis rührte Chase tief. »Ich schlage vor, wir verschieben die große Aussprache auf später, wenn du wieder gesund bist.« Er küsste sie sacht auf die Wange und erhob sich. »Ich mache mich jetzt auf die Suche nach Eric und lasse mir von ihm haarklein erklären, wie es so weit kommen konnte und wie es jetzt weitergehen soll.«
»Eric wird in ein paar Minuten zurück sein. Ich habe ihm gesagt, dass ich dich jetzt auch erreicht habe, und er meinte, er würde gern mit der ganzen Familie gemeinsam über die Zukunft sprechen.« Rick hob eine Hand und blickte auf seine Uhr. »Roman und Charlotte kommen heute Abend ebenfalls zurück. Eric plant ein regelrechtes Familientreffen.«
»Und ich werde heute Nachmittag schon wieder entlassen«, fügte Raina hinzu.
»Wunderbar.« Wenn die Ärzte sie heute schon nach Hause
schickten, konnte es nicht allzu schlimm um sie stehen, dachte Chase.
»Wo ist denn Sloane?«, erkundigte sich Raina dann.
»Sie kuriert vermutlich zu Hause ihren Kater aus, genau wie Kendall.« In Ricks Stimme schwangen Belustigung und Ärger zugleich mit.
»Ach was. Keine von beiden trinkt«, widersprach Raina prompt.
»Woher willst du das wissen? Du kennst doch Sloanes Gewohnheiten gar nicht«, bemerkte Chase.
Raina legte die Hände auf die schlichte Krankenhausdecke und spreizte die Finger. »Weil ich Augen im Kopf habe. Ich habe von Anfang an einen guten Eindruck von ihr gewonnen, und ich irre mich selten. Sie ist eine nette, liebenswerte Frau, die sich mit Sicherheit nicht regelmäßig betrinkt«, erwiderte sie dann in einem Ton, der keine Widerrede duldete.
»Eine perfekte Schwiegertochter?«, führte Rick ihren offenkundigen Gedankengang fort.
Rainas haselnussbraune Augen funkelten vergnügt. »Nun ja, wo du gerade davon sprichst ...«
»Hat dich nicht genau diese fixe Idee überhaupt erst in die Schwierigkeiten gebracht, in denen du jetzt steckst?« Chase musterte seine Mutter aus schmalen Augen.
Raina hielt seinem Blick unverwandt stand. »Und habe ich nicht bei zweien von euch mein Ziel erreicht? Glaubst du wirklich, ich würde jetzt aufgeben? Ich möchte, dass du heiratest und eine Familie gründest und genauso glücklich wirst wie deine Brüder. Was ist daran verkehrt? Meine Methoden mögen ja etwas ... unkonventionell gewesen sein, aber ich wollte immer nur euer Bestes.«
Chase stöhnte. Hatte er wirklich gehofft, Raina würde sich von ihrer angeschlagenen Gesundheit davon abbringen lassen,
ihn auch noch unter die Haube zu bringen? »Ich weigere mich, diese Diskussion fortzuführen.«
»Weil du jetzt weißt, was in deinem Leben an erster Stelle steht?«, erkundigte sich Raina trocken.
Er nickte knapp. »Ganz genau.«
Raina verzog das Gesicht und stieß ein unwilliges Schnauben aus. »Wenn das stimmt, warum sitzt du dann immer noch hier bei mir, obwohl du jetzt weißt, dass mir nichts Ernstes fehlt?«
Er wusste genau, worauf diese Frage abzielte, aber er sah keine Möglichkeit, seine Mutter vom Thema abzubringen. »Wo sollte ich denn sonst sein?«, fragte er resigniert.
»Bei Sloane natürlich.«
Rick prustete los, ohne sich die Mühe zu machen, ein Hüsteln vorzutäuschen.
»Sloane kommt
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