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Fuer Elise

Fuer Elise

Titel: Fuer Elise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Melchior
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aufgesperrt hat, um aus deiner Hand das Blut deines Bruders aufzunehmen.
     
    Sie legte den Kopf schief und kniff fragend die Augen zusammen.
     
    " Wenn du den Ackerboden bestellst, wird er dir keinen Ertrag mehr bringen. Rastlos und ruhelos wirst du auf der Erde sein."
     
    Elise hielt den Atem an. Sie überflog den Text bis Genesis 4.15:
     
    "Der Herr aber sprach zu ihm: Darum soll jeder, der Kain erschlägt, siebenfacher Rache verfallen. Darauf machte der Herr dem Kain ein Zeichen, damit ihn keiner erschlagen konnte, der ihn finde."
     
    Kain unsterblich? Sie leerte ihr Gehirn, rollte mit dem Hocker zum PC und googelte. Das meiste was sie zu Kain und Abel fand, bezog sich auf religiöse Texte, die allesamt auf die Moral hinter dem Brudermord ausgelegt waren - nie auf die Folgen für Kain.
    Angenommen Kain war der Urvampir, seine Nachfahren die Vampirbrut, was bedeutete das im Bezug auf das Heilmittel? Dass es keine Möglichkeit gab einen Vampir zurück zu verwandeln?
    Erschöpfung übermannte sie. Micha hatte von Anfang an diese Meinung vertreten! Also wusste er Bescheid. Aber wenn Micha dieses Wissen bereits hatte, warum gab er dann vor, ihr zu helfen und wies sie nicht auf die Parallele hin?
    Elise empfand Micha plötzlich als Bedrohung. Im nächsten Moment verknüpfte ihr Gehirn die neuen Erkenntnisse mit ihrem eigenen Schicksal:
    Wenn sie Magnus nicht heilen konnte, würde er sie töten.
    Es gab nur einen Weg. Sie musste mit Magnus über diese Dinge sprechen und zwar bald, bevor Micha zurück war und sie womöglich doch noch zwang, Choisric zu verlassen.
    Hektisch schob sie einen Papierberg hinter dem Laptop weg und fand dahinter den Drucker. Sie druckte die Bibelstelle aus und ließ den Text in ihrer Tasche verschwinden. Es war bereits nach 17.30  Uhr. Abgesehen von der Aufregung über den Fund, überwog Ruhe in ihr. Magnus war nicht in der Nähe.
    Es gab keinen klugen Grund für die Idee, die ihr dann kam. Aber vielleicht war es das Vernünftigste etwas völlig Abwegiges zu tun. Etwas, womit Magnus nicht rechnete…

Erkundung
     
    Sie zog die Höhlentür hinter sich zu und folgte der Treppe in die erste Höhle.
    Die Taschenlampe, mit der sie sich zusätzlich zu einem kleinen Rucksack bewaffnet hatte, brachte nur eine lächerliche Leuchtkraft zu Stande. Doch ihre Augen gewöhnten sich rasch an das Licht und sie bog um die erste Windung. Vor der kleinen Höhle verharrte sie und wie auf Kommando zog sich ein Nerv in ihrer linken Flanke zusammen. Es war genau die Stelle, an der Magnus sie getreten hatte. Entfernt hörte sie ein Tropfen. Sie ließ den Strahl der Taschenlampe auf die gegenüberliegende Seite gleiten. Dort führten die Stufen weiter in die Tiefe. Zu Magnus.
    Alles in ihr kämpfte darum, vernünftig zu sein und hier auf ihn zu warten.
    Doch entgegen diesem Drang folgte sie der Entscheidung, die sie im Hellen noch bewusst getroffen hatte. Sie brauchte sein Vertrauen und seinen Respekt und nur so würde sie beides bekommen.
    Entschlossen tat sie die Schritte durch die Höhle und hielt die Taschenlampe in die zweite Treppenflucht. Das Licht verlor sich nach wenigen Metern, obwohl die Treppe hier keine Biegung mehr machte. Sie führte steil und gerade hinab und war zudem viel schmaler. Das Tropfen klang hier wie durch einen Lautsprecher verstärkt herauf.
    Mit der Rückseite ihrer Hand tastete sie an der Wand entlang. Es gab kaum Möglichkeiten Halt zu finden. Wenn sie stolpern oder rutschen würde, fiel sie geradewegs ins Dunkel und der gesunde Arm, mit dem sie sich abfangen konnte, hielt die Taschenlampe.
    Es war eine bescheuerte Idee, einen Vampir beeindrucken zu wollen.
    Sie klemmte sich die Lampe zwischen die Zähne und legte die flache Hand auf die Mauer. Der Stein war überzogen von einer schmierigen Schicht und der Boden unter ihren Füßen schien aus blank polierten Holzdielen, anstatt aus griffigem Stein.
    Stufe für Stufe, arbeitete sie sich wie ein Kleinkind in die Tiefe vor. Als sie einige Minuten auf diese Weise vorwärts gelangt war, machte die Treppe endlich einen Knick und wandte sich wie eine Schlange weiter abwärts. Elise atmete aus. Doch zu schnell verlor sie in der Windung die Kontrolle über ihren Gleichgewichtssinn. Ein Schwindel wuchs an, während die Stufen vor ihren Augen verschwammen. Zwangsläufig richtete sie den Blick in den Lichtpunkt vor sich. Drumherum nichts als Finsternis. Treppenstufen, Treppenstufen. Immer neue Treppenstufen. War es womöglich immer die gleiche

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