Fuer Elise
sich und bekam den Haltestab einer Wandfackel zu greifen. Sie stieß ihn nach oben aus der Verankerung. Die Lampe kippte zur Seite und zerbrach am Boden, doch der Stab stürzte tatsächlich vorn über und fiel ihr direkt in den Schoß. Sie griff danach und rappelte sich auf. Drohend hielt sie ihm das spitze Ende entgegen und fügte in Gedanken hastig die Tatsachen zusammen: der Stab war aus Holz! Dreschschlegel und Holzpflock waren auf der gleichen Seite im Buch abgebildet gewesen.
Vielleicht hatte sie eine Chance.
Magnus stand unbeeindruckt vorm Kamin. Er schien zu warten bis Elise mit ihrer Vorstellung fertig war. Erst als ihr Atem fast normal ging, kam er langsam näher. Elise hob den Holzpflock höher. Magnus ging unbeeindruckt auf sie zu und blieb erst stehen, als die Spitze des Pfahls seinen Brustkorb berührte.
"Und nun willst du mich also pfählen?" fragte er.
Elises Blick glitt zwischen seinem kantigen Gesicht und ihrer Waffe hin- und her. Er legte etwas Druck auf seinen Brustkorb und die Spitze bohrte eine kleine Vertiefung in sein Hemd. Elises Unterlippe begann zu zittern. Das war nicht ihr Plan. Der Plan war ihn zu beeindrucken. Sie konnte ihn noch immer bitten, sie gehen zu lassen… Doch er griff gerade mit beiden Händen nach dem Pfahl, veränderte dessen Position und setzte ihn an die richtige Stelle über seinem Herzen.
"Du wirst es allein nicht schaffen." flüsterte er fast sinnlich, legte seine Hand zärtlich auf ihre und zog den Pfahl gegen seine Brust.
Undeutlich drang zu ihrem Verstand vor, dass sie mittlerweile dagegen hielt. Ihre Herzfrequenz stieg. Sie wollte nicht, dass er starb!
In Zeitlupe legte er den Kopf schief und kam noch einen winzigen Schritt näher. Der Pfahl bohrte sich tiefer in sein Hemd. Elise schnappte nach Luft.
Die Angst vor ihrem eigenen Tod verwandelte sich in die verzerrte Befürchtung, dass er sich tatsächlich umbrachte.
Mit einem ekelhaften Laut durchstieß der Holzpfahl seine Haut, sein Muskelgewebe, der Stoff seines Hemdes fraß sich in seinen Körper und wurde feucht von Blut.
Elise schrie. Mit aller Kraft versuchte sie die Finger zu öffnen, den Pflock loslassen, doch er packte ihre Hand noch fester, den Mund zu einer Grimasse verzerrt. Mit einer letzten Bewegung stieß er sich den Pfahl durchs Herz und zog Elise dabei eng an seinen Körper. Er hielt sie mit seinem Blick fest, stöhnte und seine Augen verloren an Glanz. Aus seinem Mund lief ein dünnes Rinnsal Blut und tropfte über sein Kinn auf ihr Shirt. Doch bei all dem wirkte er fast … verzückt?
Tränen nahmen ihr die Sicht, als sie spürte, wie Magnus einen Schritt von ihr zurücktrat und endlich ihre Hand freigab. Sie sank mit dem Rücken an der Wand zu Boden.
Er drehte sich von ihr weg. Das Holzstück ragte aus seinem Rücken.
"Lektion 1." sagte er, "Vampire kann man nicht mit einer Waffe töten."
Mit einem Ruck zog er sich den Pfahl aus der Brust und ließ ihn fallen. Blut quoll aus der Wunde und versiegte genauso schnell wieder, wie sich seine Mimik entspannte. Dann wandte er sich Elise zu, kniete sich vor sie und legte seine Hände an ihre Oberarme.
Dafür würde er sie mit Sicherheit umbringen. Elise begann mit heftigen Bewegungen sich zu wehren. Er schlug ihre Hände nach unten.
"Du verletzt dich nur selbst." rief er.
" Du verletzt mich ." schrie sie zurück und konnte die Verzweiflung in ihrer Stimme nicht mehr unterdrücken. Magnus fing ihre Hände ein und drückte sie so lange zu Boden, bis sie dem Schmerz nachgab.
"Ich habe nicht vor dich zu töten und der Sarg... Er ist ein altes Erinnerungsstück, aus einer Zeit, in der es nicht so einfach war, sich vor der Sonne zu schützen."
Plötzlich sah er aus, als suche er in ihrem Gesicht nach Anzeichen von Beruhigung. Dabei waren es weniger die Worte, als sein Ausdruck, der Elise die Fassung zurückbrachte.
"Und das Mädchen?" schluchzte Elise.
Magnus wich zurück.
"Das ist eine andere Geschichte. Dennoch sollte dich eine Leiche nicht derart beunruhigen. Du bist Vampirforscherin?"
Schon wieder diese widerliche Logik!
"Ich würde jetzt gerne gehen." sagte Elise.
"Natürlich." sagte er, "Aber vielleicht möchtest du dich noch einen Moment setzen? Etwas zu trinken?"
Sie nickte. Er deutete zur Couch, deren Vorhandensein Elise erst jetzt bemerkte. Stoisch hielt sie den Blick darauf gerichtet, um die Leiche nicht eingehender betrachten zu müssen, als sie bemerkte, dass sie trotz der Kühle im Raum schwitzte.
Sie streifte ihre
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