Fuer Elise
Jacke ab und bereute es unmittelbar. Ihr Shirt war kurzärmelig und zu weit ausgeschnitten. Die Jacke wieder anzuziehen war jedoch zu offensichtlich, also ließ sie sie liegen.
"Wer ist sie?" fragte Elise, um sich abzulenken und ärgerte sich über das Zittern ihrer Stimme.
Magnus stand hinter der Speisetafel und warf einen nachdenklichen Blick zum Sarg.
"Seit dein Vater tot ist, habe ich ein Problem mit meinesgleichen." erläuterte er, nahm Gläser und eine Flasche aus einem antiken Schrank.
"Einige Vampire sind der Meinung, ich sei nicht mehr ehrbar, nachdem ich mich um meine Aufgabe gedrückt habe, deinen Vater zu töten." Er schenkte ein und ließ den Satz wirken, ehe er weitersprach. "Sie bringen mir … Präsente." Mit dem halb gefüllten Glas wies er hinüber zur Toten.
Er hatte das Mädchen also nicht selbst getötet.
"Du meinst, sie bringen dir Leichen?"
Magnus hatte inzwischen das zweite Glas gefüllt und stellte beide Gläser auf den Tisch, bevor er die Klappe der Minibar schloss.
"Sie sind der Meinung, ich hätte Andere die Drecksarbeit für mich erledigen lassen. Nun soll ich die Drecksarbeit für sie erledigen."
Er prostete ihr zu, führte das Glas an die Lippen und nippte. Es hatte wohl wenig Sinn seine Antwort anzuzweifeln und es war auch irrelevant. Das Mädchen war tot. Viel schrecklicher als das, waren für Elise die neusten Erkenntnisse. Das Botulinum besaß keine Wirkung. Zum Heilmittel fehlte ihr mindestens eine Komponente und ein Holzpfahl durchs Herz brachte einen Vampir nicht um. Hatte das Spinnengift überhaupt eine Wirkung auf ihn gehabt oder gab es einen anderen Grund, warum Magnus sie verschont hatte?
Aufgewühlt versuchte sie sich zu erinnern. An ihren Vater, seine Meinungen.
Doch die Erinnerungsfetzen gingen unter. Sie war zu aufgewühlt, um klar zu denken. Sie war es, die mit einem Vampir von Angesicht zu Angesicht sprach. Sie saß im Kerker unter seiner Burg, darunter ein Friedhof voll von seinen Leichen.
Ihr Vater war tot. Es war an der Zeit, eigene Entscheidungen zu treffen.
Die Aufregung trieb Hitzewallungen durch ihren Körper und ohne darüber nachzudenken, löste sie den Knoten ihres Halstuchs und legte es zusammen mit dem Vermächtnis ihres Vaters neben sich auf das kalte Leder der Couch. Fast direkt danach fing sie Magnus' Blick auf und grif f fest in den dünnen Stoff. Wenn er es bis hierher schaffte, seinen Blutdurst zu kontrollieren, würde ein Stück Haut mehr, daran nichts ändern. Es gab Dinge, die ihr Vater über Vampire nicht gewusst hatte und obwohl sie diese Tatsache im Hinblick auf den Heilungsversuch beunruhigte, eröffnete sie auch neue Möglichkeiten.
Sie schluckte, als Magnus ihr ein Kristallglas hinhielt, in dem eine goldene Flüssigkeit wogte.
Dieser Vampir war nicht das hirnlose Monster ihrer Kindheit. Blutdürstig? Sicher. Zwiegespalten? Auf jeden Fall. Gewissenlos? Vielleicht. Aber kein willenloser Zombie.
Glücklicherweise entfernte sich Magnus einige Schritte und nahm am anderen Ende der Couch Platz. Er streckte sich. Eine Hand ruhte auf der Lehne, die andere hielt sein Glas.
"Wenn ich mich recht erinnere, wolltest du mich heilen."
Elise griff nach ihrem Glas und nahm einen Schluck. Es brannte im Hals.
Brandy, Whiskey? Jedenfalls half es nicht gegen das Grauen in ihrem Magen.
Wie sollte sie ein sachliches Gespräch führen, gefangen in einem Raum mit einer Leiche und einem Vampir?
"Ich habe Hinweise auf ein Gift gefunden, dass dein Herz zum Schlagen bringen könnte. Es ist Bestandteil des Heilmittels."
"Ich hoffe es hat mehr Wirkung als das Botulinum und das Spinnengift."
sagte er und lächelte schief. Elise trafen die Worte wie eine herabsausende Guillotine.
"Aber… Du hast mich nicht gebissen."
Er ließ den Kopf hängen.
"Aber nicht wegen dem Spinnengift in deinem Blut."
Sie hatte plötzlich Angst die Kontrolle zu verlieren und auf der Stelle ohnmächtig zu werden.
"Du bist im Begriff meine Gesichtsfarbe anzunehmen." sagte er und Elise vertiefte ihren Blick ins Glas. Dann nahm sie einen kräftigen Schluck, als wäre es Wasser.
"Natürlich wirkt das Gift nicht allein." stotterte sie, "Wir haben herausgefunden…"
"Deine Putte und du? Versteh' mich nicht falsch, aber es beunruhigt mich etwas, dass er vorgibt mich retten zu wollen. Etwas an der Sache wirkt, sagen wir - leicht gegenläufig."
Sie verstand nicht.
"Weil er Theologie studiert, heißt das nicht, dass er dich umbringen will."
"Mmmhhh…" machte Magnus und ihr
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