Fuer Elise
verhakt.
"Sie hätten dich nicht getötet." sagte er und sah aus, als erforsche er seinen eigenen Willen.
"Aber du könntest es." sprach sie seine Gedanken aus.
Sie musste seiner Nähe entkommen, wenn sie nicht verrückt werden wollte, deshalb stand sie auf. Magnus warf das Laken weg und es segelte zu Boden.
Mit dem Luftzug verschwand der Verwesungsgeruch und Elise konnte wieder atmen. Notdürftig ordnete sie den Knoten, den sie in ihr Haar gebunden hatte und machte probeweise ein paar Schritte auf die Mauer aus Steinen zu.
"Das hier ist kein Ort für dich." hörte sie ihn sagen. Etwas Entschuldigendes schwankte in seiner Mimik, als er ihr die Hand hinhielt.
"Ich würde dich gern in meine Burg einladen, wenn du gestattest."
Er ließ ihr die Wahl?
"Und wenn ich gehen will?"
Sie hob ihr Kinn höher. Er tat es ihr gleich.
"Du wirst den Rückweg niemals allein bewältigen."
Drei Sekunden war es still, dann lächelte er süffisant.
"Ich bringe dich zurück."
Elise wusste nicht, ob er log oder sich nur über ihre Frage amüsierte. Es war sicher ein Fehler, aber si e hatte sich längst entschieden, also presste sie die Lippen aufeinander und ging auf seine Hand zu.
Home, cold Home
In dem sich als Rechteck ausdehnenden Raum, war es nur unwesentlich wärmer als auf dem Friedhof und der Luft schien jeder Sauerstoff entzogen. Beides spielte für Magnus keine Rolle. Da das Zimmer weder Fenster noch Türen besaß, befand es sich vermutlich ebenso wie der Friedhof unter der Erde.
Als es im Raum hell wurde, hörte Elise eine Melodie und die versetzte sie schlagartig zurück in ihre Kindheit. Das Gefühl brannte.
Ihr Vater hatte ihr dieses Stück oft vorgespielt, als Erinnerung an ihre Mutter.
Elises Seele war in Magnus' Nähe zu empfänglich für Empfindungen dieser Art, weshalb sie hypnotisiert in den Klavierklängen von Beethovens 'Für Elise' versank.
"Mein Grablied?" fragte sie und war sich nicht sicher, ob die Ironie in ihrer Stimme ihm galt oder nur dazu diente, den Schmerz zurückzudrängen.
"Ich hielt es für angebracht… als Begrüßung." erklärte er.
Unauffällig sah sie sich um. Hinter ihr, in der linken Ecke des Raumes führte eine schmiedeeiserne Wendeltreppe in die Dunkelheit. Das musste der Weg sein, den sie gekommen waren, dachte Elise. Mit dem Wimpernschlag, in dem sie Magnus' Hand genommen hatte, waren sie auch schon hier gewesen.
"Du wusstest nicht, dass ich komme." wandte sie ein.
"Ich hatte vor, dich heut Nacht herzubringen."
Er lächelte.
"Wo sind wir?"
"In einem alten Kerkerraum unter Cleft Castle. Dem Wohnsitz meiner Familie."
Elise kannte die verfallene Ruine am Rande der Klippen und ein Schauer überlief sie beim Gedanken, welche Wesen sich wohl in den anderen Ruinen versteckten, die sich überall auf Connemaras Hügel n verteilten.
Das nächste Beethovenstück riss sie mit schweren Klavierklängen aus ihren Gedanken. Sie fühlte sich, als wohne sie unfreiwillig ihrem ersten Date mit einem Serienkiller bei.
"Die Mondschein Sonate? Machst du für jedes Opfer so einen dramatischen Aufriss?" fragte sie und Magnus lächelte, griff nach etwas Dunklem und dämpfte die Lautstärke. Als er das Gerät ablegte, erkannte Elise eine Fernbedienung darin. Die Stereoanlage dazu musste im Schrank versteckt sein.
"Im Gegensatz zur Kirche gehen Vampire mit der Zeit." erklärte er.
Passend dazu wurde der Raum von altertümlich aussehenden Wandfackeln erhellt. Sie waren von einem eisernen Ring gehalten, schräg in die puren Mauerwände gehauen und ein langer Stab ragte spitz nach unten. Wie die Laternen auf dem Friedhof, waren auch sie mit herkömmlichen Glühbirnen bestückt. Elise dachte gerade noch darüber nach, woher er den Strom bezog, als in der Musik eine sirenenartige Stimme zu Singen einsetzte. Sie schloss die Augen. Bevor sie sie wieder öffnete, verstummte die Musik.
"Für die Mondschein Sonate kennen wir uns vielleicht noch nicht gut genug."
säuselte er.
Sie ging nicht darauf ein.
"Ich hätte vermutet, du beleuchtest deine Unterkunft eher mit herkömmlichen Mitteln."
Magnus ließ sich auf einem der ausladenden Stühle nieder und das Sitzpolster, in der Farbe von getrocknetem Blut, gab knirschend unter seinem Gewicht nach. Er stellte die Ellbogen auf die Armlehnen und überschlug den Fuß auf den anderen, so dass sein Stiefel auf dem Knie zum Liegen kam.
Elise sah zum Kamin hinüber, über dem zwei eindrucksvolle Schwerter ein hölzernes Gestell umrahmten, auf das sie
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