Fuer Elise
neben der zerfallenen Burgruine Cleft Castles, mitten in der Pampa abstellen. Wobei etwas anderes als 'Auffallen' mit diesem Gefährt sowieso nicht möglich war. Es glänzte, als habe er es mit Öl eingerieben.
"Ich habe die Farbe gewählt, weil mir der Anblick der Sonne so viele Jahre verwehrt ist." erklärte Magnus, noch immer etwas beleidigt durch ihren skeptischen ersten Blick auf den Wagen.
"Wenn du deshalb herumfahren willst wie ein Sightseeing-Bus…" presste sie zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Die Fliehkraft der nächsten Kurve drückte sie in den Sitz.
"Falls du deinen Freundinnen davon erzählen möchtest," sagte Magnus und wirkte besser gelaunt als je zuvor, "Es ist ein Cevy Camaro."
Elise blinzelte zu ihm hinüber und sah gerade noch wie er zwinkerte. Im Gegensatz zu ihr hatte er definitiv Spaß. Es schien noch mehr 'Mann' in diesem Wesen zu stecken, als sie vermutete hatte.
In dunklen Flecken flog die braun grüne Moorebene an ihnen vorbei. Die Fliehkraft der Kurven riss an ihren Halswirbeln. Sie versuchte sich auf ihre Atmung zu konzentrieren. Das Zusammensein mit diesem Vampir musste ein Ende haben - egal wie!
"Falls du es vergessen haben solltest: ich lebe." sagte sie.
"Noch." ergänzte er .
Nach zwei Minuten griff endlich der Gurt und der Wagen kam zum Stehen.
Hilflos zerrte sie an der Halterung, als sie etwas Kaltes an ihrer Hand fühlte.
Magnus hatte sich über sie gebeugt und löste für sie den Gurt. Elise hörte seinen Atem und sog seinen Geruch ein. Instinktiv presste sie den Kopf an die Nackenstütze, um etwas Raum zu gewinnen und die Kontrolle über ihre Gefühle nicht zu verlieren. Als wäre nichts, lächelte er, wich zurück und stieg mit einer schwerkraftlosen Bewegung aus, der Elises Augen wie hypnotisiert folgten.
Sie durfte ihn nicht mögen! Es gab keinerlei Grund dafür. Er war ein Patient, ein Versuchsobjekt und nebenbei hatte er unter Umständen immer noch vor, sie auszusaugen!
"Ich benutze das Auto zu selten." sagte er und schlug die Tür zu. Elise fiel ihrerseits fast aus dem Wagen. Ihre Knie verweigerten jeden Dienst nach diesem Höllenritt. Erst jetzt registrierte sie, dass sie sich tatsächlich am Holzsteg im Moor befanden. Magnus hielt Wort.
Ein kühler Luftzug strich um ihren Hals und sie blickte einen Moment
über die Ebene. Die niederen moos- und grasartigen Gewächse wurden nur unterbrochen von kleinen Wasserplatten und einzelnen kaltgrauen Felsen. Eigentlich kein eindrucksvoller Ort. Das Dramatische versteckte sich unter der Oberfläche. Es war der leblose Torf, der einen an der falschen Stelle betreten, verschlucken konnte, als strecke der Tod seine Arme aus der Tiefe.
Elise fragte sich, ob irgendein Lebewesen fähig war in dieser dichten Materie zu atmen, als Magnus an ihr vorbei trat und in die Finsternis blickte.
Entgegen seiner Aussage, in Gefahr zu schweben, wirkte er äußerst gelöst.
Besitzergreifend fasste er nach ihrer Hand und zog sie hinter sich auf den Steg. Nach einigen Schritten blieb er stehen und wandte sich ihr zu.
"Heute Nacht geschehen Dinge, die nicht für Menschenaug en bestimmt sind." flüsterte er. Elise senkte den Blick.
"Ich weiß schon, im schlimmsten Fall überlebe ich nicht." antwortete sie und spürte wie Magnus seinen Zeigefinger unter ihr Kinn legte, was sich anfühlte, als berühre er sie mit einem Eiswürfel. Zum ersten Mal lag etwas Freundlichkeit in seinen Augen.
"Es wäre schade um dich." sagte er. Doch Elise konnte nicht denken. Hatte Micha vor wenigen Tagen nicht etwas Ähnliches gesagt? Seine Sorge hatte sie weniger beeindruckt.
"Bevor all das geschehen ist, war nicht viel Seele in mir übrig, die hätte sterben können." entgegnete sie wahrheitsgemäß.
Seine Haut schien fürs Mondlicht wie geschaffen. Sie glänzte im milchigen Schein wie flüssiges Wachs, das sich über seine kantigen Gesichtskonturen ergoss. Porenlos, faltenfrei und unstrukturiert. Seine Wimpern warfen geflügelte Schatten auf seine Wangenknochen und verliehen ihm einen Hauch Weiblichkeit. Sie fragte sich, ob er als Mensch nur ansatzweise über die Anziehungskraft verfügen würde, die ihm jetzt wie eine Waffe zur Verfügung stand. Sie musste sich eingestehen, dass sie es bedauern würde, wenn er all das verlor.
Endlich gab sein Blick sie frei und er holte aus der Tasche seiner Lederjacke eine Taschenlampe, worauf sich Elise ein Schmunzeln nicht verkneifen konnte. Das Ding war ein Totschläger im Gegensatz zu der
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