Für Emma & ewig
Denn sie betrachtete er nicht mit dem Blick des großen Bruders.
Er musterte sie von Kopf bis Fuß und achtete dabei auf jedes Detail. Sie trug keinen Ring an ihrer linken Hand, dafür zierte ein feines Armband ihr schlankes Handgelenk. Sie sah ein bisschen gestresst aus, aber trotzdem glücklich, voller Energie.
Ihre enge, ausgebleichte Jeans saß perfekt und betonte die richtigen Stellen – sicher hatte sie das Kleidungsstück mit Bedacht ausgewählt. Dazu trug sie ein rotes, bauchfreies Oberteil, das den Blick auf ihre schlanke, leicht gebräunte Taille freigab. Um die Hüfte hatte sie eine Kellnerschürze gebunden, die an ihr allerdings mehr wie ein modisches Accessoire wirkte. Das sonnengebleichte sandbraune Haar war zu einem losen Pferdeschwanz gebunden, was ihr Countrygirl-Aussehen zusätzlich unterstrich. Ihre Füße steckten in weißen Leinenturnschuhen. Süß.
Damon kannte viele hübsche Frauen, war auch mit vielen hübschen Frauen im Bett gewesen. Aber keine dieser Frauen war ein Landei gewesen. Das wäre doch mal was anderes! Würde eine solche Frau mit ihm ins Heu gehen? Oder ihn am nächsten Morgen mit selbst gebackenen Plätzchen verwöhnen? Er musste grinsen, denn er fand seine klischeehaften Vorstellungen selbst ein bisschen bescheuert.
Jemand am Tisch hinter ihr sagte etwas zu ihr, und sie lachte, während sie sich umdrehte und Damons Blick bemerkte. Kaum kreuzten sich ihre Blicke, wurde sie ganz still. Ihr breites Lächeln verschwand, doch ihre grauen Augen funkelten immer noch. Damon schätzte sie auf Anfang dreißig. Sie sahen sich eine Weile an, bis wieder ein Gast ihre Aufmerksamkeit beanspruchte. Die Kellnerin bedachte Damon mit einem raschen, neugierigen Lächeln und widmete sich wieder ihrer Arbeit.
Es war sehr vernünftig von Miss Ceily, dass sie diese Frau eingestellt hatte, befand Damon. Sie war offensichtlich nicht nur eine äußerst gewissenhafte Arbeitskraft, sie sah auch noch sehr gut aus.
Von Neugierde getrieben, betrat Damon das Diner. Er beobachtete die Kellnerin einen Moment, um zu entscheiden, an welchen Tisch er sich setzen sollte, dann nahm er Platz. Und wartete. Er sah nicht noch einmal zu ihr hinüber, das wäre zu auffällig gewesen. Doch er wusste trotzdem immer genau, wo sie war, so sehr war er sich ihrer Anwesenheit bewusst. Er hörte, wie sie mit anderen Gästen sprach, und fand, dass sie ein nettes Lachen besaß. Außerdem hatte sie denselben ländlichen Tonfall, den er bei Emma registriert hatte, als sie sich kennenlernten.
Zufrieden bemerkte er, wie sie jetzt auf seinen Tisch zusteuerte. Mal sehen, ob diese erste Begegnung funktionieren würde. Und wenn ja, könnte das noch eine ganz spannende Angelegenheit werden.
Sie stellte ein Glas Eiswasser vor ihn auf den Tisch. “Hallo.” Ohne zu blinzeln, lehnte sie sich mit der Hüfte gegen den Tisch und sah ihn direkt an.
Damon gestand sich ein kleines Lächeln zu. Er warf einen Blick auf ihr Namensschild (und ihre Brüste), doch es gab keines. Also konnte er seinen Blick leider nicht so lange auf dieser Stelle ihres Körpers verweilen lassen, wie er vorgehabt hatte. Er sah ihr wieder in die Augen und erwiderte leise die Begrüßung. “Hallo.”
Zu seinem Erstaunen stellte sie fest: “Aha. Zu Besuch hier?”
Schön, dass sie so locker war. “Ertappt. Hört man wohl an meinem fehlenden Akzent.”
“So ist es. Aber keine Sorge. Allzu sehr werden Sie nicht auffallen. Um diese Jahreszeit sind viele Urlauber hier.” Sie musterte ihn, dann fügte sie hinzu: “Wohnen Sie auch draußen am See?”
“Nein.” Damon gab keine weiteren Erklärungen, sondern lächelte sie einfach weiter an. Mal sehen, ob sie ihn weiter ausquetschen würde oder in Ruhe ließ.
Weder noch. “Das habe ich mir schon gedacht. Sie sehen nicht gerade wie ein Angler aus.”
Erstaunt über diese Schlussfolgerung – und auch erleichtert, denn wer wollte schon aussehen wie ein Angler? –, fragte er: “Ach nein?”
Ihre Mundwinkel zuckten. “Nein, Sie sind zu ordentlich.”
“Ach so, hier sehen die Angler unordentlich aus.”
“Nicht unordentlich. Nachlässig.” Sie stellte sich gerade hin. “Fürs Angeln braucht man Geduld und muss jedes Wetter ertragen können. Sie machen auf mich keinen besonders geduldigen Eindruck, und draußen scheinen Sie sich auch nicht allzu oft aufzuhalten.”
Das klang jetzt fast wie eine Beleidigung. Gut, er war das Gegenteil von braun gebrannt. Wusste sie denn nicht, wie gefährlich es war, seine
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