Für Emma & ewig
deutlich, doch bevor er weitersprach, begann er zu schnaufen und zappeln. Casey hörte nur das Rascheln schneller Bewegungen und Emmas beruhigende Stimme, die sagte: “Beruhig dich, Dad. Bitte. Du reißt dir sonst den Infusionsschlauch raus.”
In seinem Ärger lallte Dell noch mehr, nun war er kaum noch zu verstehen. “Hasse diesen … verdammten Arm …”
“Die Krankenschwester hat mir gesagt, dass du bald wieder volle Beweglichkeit in deinem Arm haben wirst. Das ist nur eine vorübergehende Nebenerscheinung des Schlaganfalls. Du hast schon solche Fortschritte gemacht …”
“Ich bin kein Baby!”
Einen Moment lang Schweigen. “Das weiß ich. Es tut mir leid, dass du dich über mich aufregst. Ich möchte einfach nur helfen.”
“Geh weg.”
Das kleine Zimmer war plötzlich so spannungsgeladen, dass Casey kaum zu atmen wagte. Dann flüsterte Emma: “Vielleicht war das doch keine so gute Idee. Ich wäre besser gar nicht nach Hause gekommen.”
Caseys Herz setzte kurz aus. Wäre sie nicht gekommen, hätte er sie womöglich nie mehr wiedergesehen.
Dell gab nicht nach, doch die Erschöpfung ließ ihn leiser sprechen als vorher. “Sie braucht dich.”
Emma ließ sich wieder auf den quietschenden Plastikstuhl sinken und berührte dabei den Vorhang, der raschelte. “Dad, sie mag mich nicht. Sie hat mich nie gemocht. Als sie mich angerufen hat, um mir von deinem Schlaganfall zu erzählen, hat sie mir klargemacht, dass sich zwischen uns nichts geändert hat. Ich habe schon mal versucht, ihr zu helfen, aber das hat alles nur viel schlimmer gemacht.”
“Aber sie kann sich selbst nicht helfen”, sagte Dell.
Casey spürte Emmas Schmerz, noch bevor sie antwortete. Er schwang in ihren Worten mit, sie klangen müde und heiser, regelrecht verzweifelt. “Hör endlich auf, Ausreden für sie zu erfinden – das wäre nicht nur zu ihrem, sondern auch zu deinem eigenen Wohl.”
“Ich liebe sie.”
Emma klang unendlich traurig, als sie murmelte: “Das weiß ich.” Leise fügte sie hinzu: “Mehr als alles andere auf der Welt.”
“Emma …”
Bilder aus der Vergangenheit wirbelten durch Caseys Kopf. Emma verletzt. Emma nachts auf der Straße. Emma ohne Geld für neue Kleider oder Schulbücher.
Emma, liebesbedürftig.
Er ballte die Fäuste, bis seine Fingerknöchel weiß wurden. Das weiß ich, hatte sie gesagt. Mehr als alles andere auf der Welt.
Oder irgendjemand anderen?
Plötzlich wurde Casey klar, dass Emma gar nicht mit ihrem Vater zerstritten war.
Jetzt fiel es ihm wieder ein. Dell Clark war ernstlich besorgt gewesen, als er gehört hatte, Emma sei davongelaufen. Er hatte getobt, gemeckert und ihnen die Schuld daran gegeben. Und doch hatten sich Angst und Sorge in seinen Augen gespiegelt.
Doch ihre Mutter … sie hatte sich kein einziges Mal nach Emma erkundigt oder sich jemals auch nur irgendwie besorgt gezeigt. Casey hatte die Frau schon beinahe vergessen, weil man sie auch kaum in der Stadt sah. Sie blieb eher zu Hause und ging nur selten vor die Tür.
Jetzt war Emma wieder da, aber sie wohnte lieber im Motel als zu Hause. Und obwohl ihr Vater sie anflehte, ihre Mutter zu besuchen, weigerte sie sich.
Casey fiel ein, was er immer zu wissen geglaubt hatte. Offensichtlich hatte er einige falsche Schlüsse gezogen. Dell hatte am Ende seine Tochter auch aus diesem Grund bei ihnen abgeladen.
Weil sie von zu Hause fortmusste.
Gütiger Gott. Casey stemmte die Hände in die Hüften und senkte dabei ratlos den Kopf. Was sollte er tun, was sollte er glauben?
In diesem Moment ging die Tür hinter ihm auf, und Dells Arzt kam herein, begleitet von einer Krankenschwester. Als der Arzt Casey sah, den er durch Sawyer kannte, begrüßte er ihn freundlich. “Casey! Das nenne ich eine Überraschung!”
Gut gelaunt schlug er Casey auf die Schulter. Casey blieb nichts anderes übrig, als ihm die Hand zu geben. “Dr. Wagner. Schön, Sie zu sehen.”
“Was machen Sie denn hier?”, fragte Dr. Wagner ihn leicht besorgt. “Ist mit der Familie etwas nicht in Ordnung?”
In diesem Moment kam Emma hinter dem Vorhang hervor. Mit angewidertem Blick und zusammengekniffenen Lippen schaute sie ihn aus ihren dunklen Augen anklagend an.
Casey konnte einen Blick auf Dell werfen und stellte fest, dass der Mann aussah wie der leibhaftige Tod. Sein Gesicht war fahl, die Augen waren rot gerändert und aufgeschwemmt von den starken Medikamenten, das eine weiter geöffnet als das andere. Sein Mund war ein grimmiger
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