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Für hier oder zum Mitnehmen?

Für hier oder zum Mitnehmen?

Titel: Für hier oder zum Mitnehmen? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ansgar Oberholz
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ist, aber es ist irgendwie passiert und na ja, du weißt ja, wie absolut schnell das geht.«
    Magnus’ Kommunikationsart wechselte von politisch wortkarg – nur das zugebend, was nicht abzustreiten war – über kumpelhaft verständnisvoll zu tiefer Zerknirschtheit. War ich zu streng mit ihm? Er übernahm doch schon einiges für mich und half mir selbstlos an allen Ecken und Enden. Verlangte noch nicht einmal Geld dafür. Brachte seine Erfahrung ein, und von mir kamen nur Vorwürfe, weil er einmal mit der Putzfrau geschlafen hatte.
    »Pass auf, ab sofort zahle ich dir einen Stundenlohn. Aber nur, wenn du von heute an die Finger von den Kolleginnen lässt. Abgemacht?«
    Ich hielt ihm brüderlich die Hand hin. Er lehnte sich zurück, sichtlich gerührt.
    »Nein, das kann ich nicht aufnehmen, für mich ist der Kontakt zu den Kollegen und zu den Gästen absolute Bezahlung genug.«
    Ich legte den Kopf zurück und blickte ihn verständnislos an.
    »Nein, das verstehst du jetzt schon wieder absolut nicht richtig. Ich meine doch nicht Sex, ich meine das alles mit dem Film und so. Das ist perfekt für mich, um in Berlin fertig zu kommen.«
    Ich bestand auf einem Stundenlohn und sagte ihm, dass er alles andere ja auch als zusätzliche Bezahlung ansehen könne. Aber ich betonte noch einmal, dass ich Sex mit den Kollegen nicht als Teil der Bezahlung ansähe. Erklärte ihm, dass das jeder im Team mitbekäme, dass sich so was schneller rumspräche, als man gucken könne, und dass es wegen der Schichtplanfehler da bereits zu konkreten Missverständnissen gekommen sei, die er und ich nicht gutheißen könnten. Schwedische Lebensart hin oder her, hier in Berlin sei das eben alles ein bisschen spießiger. Auch wenn das nicht immer so ausgesehen haben möge: Ich selber hielte mich schließlich auch an diese Regel.
    Magnus versicherte mir, dass er das jetzt verstanden habe und er sich entsprechend verhalten werde.
    Da ich am Ende so ermahnend sein musste, suchte ich nach einem versöhnlichen Gesprächsausklang, schließlich hatte er mich gerade vor einem Nervenzusammenbruch gerettet.
    »Wir haben uns ja neulich über deine Café-Idee unterhalten. Ich hätte da einen Tipp für dich, hier ganz in der Nähe.«
    »Ach, du meinst bestimmt die Kiosk von Mehmet da unter. Ja, damit gehen die Zwillinge mir absolut schon auf die Nerven. Mehmet will auch gar nicht aufhören, hat er mir gesagt. Für mich ist das nix. Da ist ja noch nicht einmal Tageslicht. Und ehrlich gesagt, ich habe keine Bock auf ein eigenes Cafés, dein Café reicht mir. Ich wollte Florian absolut ein bisschen auf andere Gedanken tragen, der war so traurig, da dachte ich, in der Not darf man ein bisschen schummeln. So zumindest ist das bei uns in Schweden.«
    Meine Überraschung darüber, dass Magnus bereits Bescheid wusste, überspielte ich. Meinen Allgemeinzustand verbesserte dieser Fakt nicht. Ich hatte mir schon den Kopf zu diesem Thema zerbrochen, da ich mich den Zwillingen verpflichtet fühlte, und sie fühlten sich frei. Ich fühlte mich benutzt.
    »Ja, das darf man in Deutschland auch. Aber wenn du Florian wirklich auf andere Gedanken bringen willst, solltest du dich mal mit ihm ins Nachtleben stürzen und ihm eine Frau klarmachen. Nur: bitte keine Kollegin!«
    Wir lachten und schüttelten uns die Hände. Und dann ging ich in Absprache mit Magnus heimlich direkt vom Lüftungsraum nach oben, aus dem Notausgang im ersten Stock, um niemandem mehr begegnen zu müssen.
    Während meines Rundgangs durch das Golden Gate bin ich in Gedanken, ich vergesse, dass ich suche. Das Gespräch mit Magnus hatte ich doch gut hinbekommen. Eben zeigte ein Mann auf mich und tippte seinen Nachbarn an die Schulter, aber gemeint war ihre gemeinsame Bekannte neben mir, die ihnen fröhlich zuwinkte. Ich sollte jetzt besser nach Hause gehen.
    Kollegial stelle ich meine leere Bierflasche nicht einfach irgendwo ab, sondern bringe sie brav zum Tresen. Winke dem Barkeeper zum Abschied zu. Er gibt mir fragend Zeichen, ob ich die Flasche gegen eine volle tauschen wolle. Ich zögere kurz und freue mich, dass die Vernunft gewinnt und ich das Angebot mit Kopfschütteln ablehne. Jetzt nur noch den Ausgang finden, dann habe ich den Absprung geschafft. Keine Ahnung, wie viel Uhr es ist, man hofft in solchen Nächten, dass es zumindest noch nicht hell ist, wenn man durch die Tür in die Realität zurückgeht.
    Im Gedränge fasst mich jemand von hinten an die Schulter. In der Annahme, dass es sich um den

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